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Russische Orchidee

Russische Orchidee

Titel: Russische Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Geschäftstätigkeit hatte Klim fünf Attentate überlebt. Nicht einmal hatte er auch nur einen Kratzer abbekommen. Er war niemals krank gewesen, hatte nie im Gefängnis gesessen und konnte mit zwei Fingern einen Silberdollar biegen, bis er zerbrach. Er begrüßte die höchsten Regierungsbeamten per Handschlag und plauderte ganz ungezwungen mit ihnen, nicht nur mit den russischen, sondern auch mit den deutschen, wurde mit allen Attacken der Mafia spielend fertig, war gut Freund mit der deutschen und der russischen Steuerfahndung und hatte beste Beziehungen zum Zoll. Zwei Häuser in Deutschland, eine Villa auf Zypern, Datschen auf der Krim und bei Moskau, eine Jacht, einen kleinen Pferdehof, einmal im Jahr eine Safari.
    Wenn Sanja seinem Freund von geschäftlichen Problemen berichtete, konnte Wowa gar nicht schnell genug erzählen, wie Klim einmal ganz Ähnliches widerfahren und wie leicht er damit fertig geworden war. Klim könne Sanja helfen, er habe ein gutes Herz, nur habe er immer schrecklich viel zu tun, gerade jetzt sei er nach Hawaii unterwegs, um dort ein kleines Hotel zu kaufen.
    Sanja ließ Wowa gegenüber schon seit längerem durchblicken, es wäre nicht übel, ihn mit diesem Klim endlich bekannt zu machen, ihm den legendären Mann in Fleisch und Blut vorzustellen. Er war aber fest davon überzeugt gewesen, daß es nie dazu kommen würde. Mit derart nützlichen Leuten brachte einen heutzutage niemand einfach nur so aus alter Freundschaft zusammen. Doch jetzt saß Klim tatsächlich im Halbdunkel des Separées vor Sanja.
    Das Gespräch drehte sich sofort ums Geschäft, und das ermutigte Sanja noch mehr. Keine langen Vorreden, sofort zur Sache – so machte man es im Westen. Was genau Klim ihm vorschlug, begriff Sanja zwar noch nicht recht, aber er schrieb diese Begriffsstutzigkeit seiner Aufregung zu.
    Die ganzen letzten Tage hatte Sanja kaum essen können, jeder Bissen war ihm im Halse steckengeblieben. Jetzt aber hatte er plötzlich riesigen Appetit.
    »Liefern muß man nach und nach, in kleinen Partien, im Moment gibt es Probleme mit den Lagerräumen, aber darum kümmern sich meine Leute.« Klim nahm einen Zahnstocher aus der Schale. In dem hellen Licht, das von unten aus dem Aquarium kam, erblickte Sanja an seinem Mittel- und Zeigefinger unter den echten Ringen tätowierte. Solche Tätowierungen, das wußte er, bedeuten, daß derjenige im Gefängnis gesessen hatte. Wer sich auskannte, konnte daran feststellen, in welchem Gefängnis jemand gewesen war.
    Aber Klim war doch niemals im Knast, schoß es Sanja durch den Kopf. Doch da bemerkte er an dessen kräftigem Handgelenk eine Uhr der Schweizer Firma Longines. Sie zerstreute seine plötzlich aufgekommenen Zweifel augenblicklich. Eine echte Longines mit mechanischem Uhrwerk, goldenem Gehäuse, Lederarmband. In solch wesentlichen Details der männlichen Toilette kannte sich Sanja aus.
    Ein Mann, der eine gewöhnliche Rolex trägt, ist nicht so reich, wie er scheinen möchte. Ist die Rolex aus Gold, braucht man zwar am Reichtum des Besitzers nicht zu zweifeln, aber vertrauen sollte man ihm besser nicht. Er ist leicht und zufällig zu seinem vielen Geld gekommen, morgen kann er es wieder verlieren. Aber so eine Longines, die zeugte von Zuverlässigkeit, von stabilem Wohlstand, wie auch der Anzug und die Krawatte von Bosco di Ciliegi.
    Von der Uhr wanderte Sanjas aufmerksamer Blick zu den Manschettenknöpfen: Alles vom Feinsten. Brillanten, Platin. Und ein Feuerzeug von Ronson, auch aus Platin, abgesetzt mit schwarzem Holz.
    »Laßt uns noch einmal auf den Erfolg unseres verrückten Geschäfts trinken.« Klim hob den Kognakschwenker. Er hielt ihn, wie es sich gehörte, wärmte den Kognak mit der Handfläche. Sanja stieß zuerst mit ihm, dann mit Wowa an und trank sein Glas in einem Zug aus. Auf den Erfolg.
     
    Natascha ging im Zimmer auf und ab. Dimytsch weinte und quengelte. Sie wiegte ihn in den Armen, sang ihm etwas vor, doch allmählich stieg Ärger in ihr auf. Sie war zum Umfallen müde, Schultern und Rücken schmerzten.
    »Na, wo steckt er denn, dein toller Papa?« flüsterte sie gereizt. »Wieso ist er noch nicht zurück? Wo treibt er sich nächtelang rum? Und so einer wagt es, von einem zweiten Kind zu quatschen!«
    Sie war knapp zwanzig und fand, sie habe das Kind zu früh bekommen und verderbe sich damit ihre besten Jahre. Sie sehnte sich nach Eleganz und fröhlichem Trubel, nach neuen Bekanntschaften und begehrlichen Männerblicken, sie wollte im

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