Russische Volksmaerchen
gerührt, sagte: »Wolan! ich will dies für dich thun.« – Darauf sprach er leise: »Auf Befehl des Hechtes und auf meine Bitte, wirf, o Meer, uns an's Ufer, wo wir an einer trocknen Stelle sitzen wollen, nur daß wir nahe an unserm Reiche sind, und du, o Faß, zerfalle von selbst an der trockenen Stelle.«
Kaum hatte der Narr diese Worte ausgesprochen, so fing es an zu wogen, und das Faß wurde ausgeworfen an eine trockne Stelle und zerfiel von selbst. Emeljan stand auf, und ging mit der Prinzeß auf dem Orte herum, wohin sie geworfen worden waren. Und der Narr sah, daß sie sich auf einer sehr schönen Insel befanden, auf welcher eine große Menge verschiedener Bäume mit allerlei Früchten war. Als die Prinzeß Alles dies sah, freute sie sich sehr, daß sie auf einer solchen Insel waren. Darauf sagte sie: »Emeljan, wo werden wir wohnen? Hier ist nicht einmal eine Nische.« – Aber der Narr sagte: »Du verlangst auch gar zu viel.« – »Erzeige mir doch die Gnade, laß irgend ein Häuschen herstellen,« sagte die Prinzeß, »damit man zur Zeit des Regens sich verbergen kann.« Denn die Prinzeß wußte, daß er Alles machen konnte, wenn er wollte. Allein der Narr sagte: »Ich bin faul.« – Sie fing an, ihn wieder zu bitten, und Emeljan, gerührt durch ihre Bitten, war genöthigt, es für sie zu thun.
Er ging weg von ihr und sagte: »Auf Befehl des Hechtes und auf meine Bitte, sei mitten auf dieser Insel ein Schloß, besser, als das königliche, und von meinem Schloß führe in das königliche eine krystallene Brücke, und im Hofe sollen Leute verschiedenes Standes sein.« – Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, so erschien in demselben Augenblicke ein sehr schönes Schloß mit einer krystallenen Brücke. Der Narr ging mit der Prinzeß in das Schloß und sah, daß in den Zimmern sehr reiche Verzierung war, und es befanden sich sehr viele Menschen dort, als Lakaien und allerlei Bürgerliche, welche vom Narren Befehle erwarteten. Als der Narr sah, daß alle Menschen wie Menschen waren, und daß er allein nicht schön und noch dumm sei, wünschte er, daß er besser würde. Deßhalb sprach er: »Auf Befehl des Hechtes und auf meine Bitte, frisch auf! ich möge ein solcher Jüngling werden, daß es nichts mir Gleiches gibt, und außerordentlich klug sein!« Kaum hatte er ausgeredet, in derselben Minute wurde er so schön und klug zugleich, daß sich alle verwunderten.
Dann schickte Emeljan einen von seinen Dienern zum König, um ihn mit allen Ministern einzuladen. Der Gesandte Emeljan's kam zum König auf der krystallenen Brücke, welche vom Narren gemacht war, und als er an den Hof kam, stellten ihn die Minister dem Könige vor, und der Gesandte Emeljan's sprach: »Gnädiger Herr, ich bin von meinem Herrn abgeschickt, um euch zu ihm zu Tische zu laden.« – Der König fragte, wer denn dieser sein Herr sei. Aber der Gesandte antwortete: »Gnädiger Herr, ich kann euch über meinen Herrn nichts sagen (denn der Narr hatte ihm verboten, zu sagen, wer er sei), und wenn ihr bei ihm speisen werdet, so wird er zugleich von sich euch melden. Der König, neugierig zu wissen, wer geschickt habe, ihn zum Essen einzuladen, antwortete dem Gesandten, er würde unfehlbar kommen. Der Gesandte kehrte zurück, und als er angelangt war, ging der König sogleich mit seinen Ministern auf die Brücke zum Narren. Und als der König an das Schloß kam, ging Emeljan dem Könige entgegen, nahm ihn bei den weißen Händen, küßte ihn auf den Zuckermund, führte ihn in sein Schloß und ließ ihn sitzen hinter Eichentischen an seinen gewürfelten Tischtüchern zu Zuckerspeisen und Honigtränken. Der König und die Minister aßen und tranken und machten sich lustig. Als sie aufstanden von der Tafel und sich an andere Plätze setzten, sagte der Narr zum König: »Gnädiger Herr, wißt ihr, wer ich bin?« – Da Emeljan zu dieser Zeit mit reicher Kleidung geziert, und zugleich im Gesichte sehr schön war, so war es nicht möglich, ihn zu erkennen. Deßhalb sagte auch der König, daß er ihn nicht kenne. Aber der Narr sprach: »Erinnert ihr euch nicht, gnädiger Herr, wie ein Narr auf einem Ofen zu euch an den Hof kam, und ihr ihn in ein Faß einpichen, und mit eurer Tochter in's Meer treiben ließet? Und so kennt ihr mich jezt, denn ich bin derselbe Emeljan.« – Als der König ihn so vor sich sah, erschrak er sehr und wußte nicht, was er thun sollte. Aber der Narr ging zu der Tochter des Königs und führte sie vor ihn. Als der
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