Russische Volksmaerchen
die Stadt verlassen hatte, fing man an, überall zu sprechen, nicht sowol darüber, daß er eine Menge Menschen umgefahren hatte, als vielmehr vor Verwunderung, daß er ohne Pferde im Schlitten gefahren war, und nach und nach kamen diese Reden an den Hof, und selbst vor den König. Und als der König davon hörte, wünschte er außerordentlich ihn zu sehen. Deßhalb schickte er einen Offizier ab und gab ihm einige Soldaten mit, damit sie ihn aufsuchten. Der Gesandte des Königs, der Offizier, ging unverzüglich aus der Stadt und gerieth auf den Weg, welchen der Narr in den Wald gefahren war. Als der Offizier in das Dorf kam, in welchem Emeljan wohnte, ließ er den Starosta zu sich kommen und sagte zu ihm: »Ich bin vom König nach eurem Narren ausgeschickt, um ihn zu ergreifen und zum Könige zu bringen.« Der Starosta zeigte ihm sogleich den Hof, wo Emeljan lebte, und der Offizier begab sich alsbald in die Stube und fragte, wo der Narr sei? Er lag auf dem Ofen und antwortete: »Was willst du von mir?« – »Wie? was ich will? Kleide dich schnell an, ich werde dich zum König bringen.« – Aber Emeljan sagte: »Was soll ich dort machen?« – Der Offizier ward aufgebracht über ihn, daß er unhöflich antwortete, und schlug ihn auf die Backe. Als der Narr sah, daß man ihn schlage, sprach er leise: »Auf Befehl des Hechtes und auf meine Bitte, frisch auf, Knüttel, zerprügele ihnen die Arme und Füße!« Der Knüttel sprang sogleich auf, und fing an zu schlagen, und prügelte alle durch, den Offizier sowohl, als die Soldaten. Der Offizier war genöthigt, sogleich zurückzugehen, und als er in die Stadt kam, und man dem König anzeigte, daß der Narr alle durchgeprügelt habe, wunderte sich der König außerordentlich und glaubte nicht, daß er alle habe durchprügeln können.
Nun wählte der König einen klugen Mann, daß er wo möglich den Narren brächte, wenn auch durch List. Der Gesandte ging von dem König und kam in das Dorf, wo Emeljan wohnte. Da berief er den Starosta zu sich, und sprach zu ihm: »Ich bin vom König abgeschickt nach euerm Narren, um ihn zu ergreifen, und du rufe die herbei, mit denen er zusammen wohnt.« – Der Starosta lief sogleich fort und brachte seine Schwägerinnen. Und der Gesandte des Königs fragte sie, was der Narr gern hätte. Die Schwägerinnen antworteten ihm: »Gnädiger Herr, wenn man unsern Narren inständig um etwas bittet, so schlägt er es gern das erste und zweite Mal ab, aber das dritte Mal schlägt er es nicht ab, sondern thut es; denn er hat es nicht gern, wenn man ihn grob behandelt.« Der Gesandte des Königs entließ sie und verbot ihnen, dem Emeljan zu sagen, daß er sie zu sich habe rufen lassen. Dann kaufte er Rosinen, gebackene Pflaumen und Weintrauben, und ging zu dem Narren. Als er in das Zimmer kam, näherte er sich dem Narren, ging zu dem Ofen und sagte: »Warum, Emeljan, liegst du auf dem Ofen? und gab ihm die Rosinen, die gebackenen Pflaumen und die Weintrauben, und sprach: »Emeljan, wir wollen mit einander zum Könige gehen, ich bringe dich hin.« – Aber der Narr entgegnete: »Ich liege hier warm.« Denn er liebte nichts so sehr, als die Wärme. Und der Gesandte fing an, ihn zu bitten: »Sei so gut, Emeljan, wir wollen gehen; es wird dir dort gefallen.« – »Ja,« sagte der Narr, »ich bin faul.« Aber der Gesandte fing wieder an, ihn zu bitten: »Sei so gut, gehe mit mir, der König wird dir dort einen rothen Rock, eine rothe Mütze und rothe Stiefel machen lassen.« – Als der Narr hörte, daß er einen rothen Rock bekommen sollte, wenn er mitginge, sagte er: »Gehe voraus, ich werde dir folgen.« Der Gesandte fiel ihm nun nicht weiter beschwerlich, ging fort von ihm, und fragte leise die Schwägerinnen: »Wird mich der Narr nicht zum Besten haben?« Aber die Schwägerinnen versicherten, daß er ihn nicht zum Besten haben würde. Der Gesandte kehrte zurück, und der Narr blieb noch auf dem Ofen liegen und sagte: »Wie mir es zuwider ist, zum König zu gehen!« Dann aber sprach er: »Auf Befehl des Hechtes und auf meine Bitte, frisch auf, Ofen, eile grade in die Stadt.« – Sogleich krachte die Stube, und der Ofen ging fort aus der Stube. Und als der Ofen vom Hofe hinunter war, ging er so geschwind, daß es unmöglich war, ihn einzuholen, und er kam noch auf dem Wege dem Gesandten des Königs nach, fuhr hinter ihm und kam mit ihm an das Schloß. Als der König sah, daß der Narr kam, ging er mit allen seinen Ministern, ihn zu sehen, und als er
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