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Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
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diesem Walde, um auszuruhen, und die Königstochter legte sich vor Müdigkeit auf das Gras hin, und schlief fest ein. Fürst Peter aber saß neben ihr und betrachtete ihre Schönheit und ihren weißen Busen. Da bemerkte er einen Knoten an einer goldenen Schnur, und als er ihn löste, fand er die drei Ringe, die er ihr gegeben hatte. Er legte sie auf das Gras, und durch Gottes Willen begab sich‘s, daß ein schwarzer Rabe herbeiflog, die Ringe faßte, und sich auf einen Baum damit flüchtete. Peter kletterte auf den Baum, um ihn zu fangen, aber als er ihn ergreifen wollte, flog der Rabe auf einen andern Baum, und so auf viele Bäume, und dann über den Meerbusen, und die Ringe ließ er in‘s Meer fallen, und er selbst setzte sich auf eine Insel. Fürst Peter lief dem Raben nach bis an‘s Meer und suchte einen Kahn und schwamm zu der Insel auf einem kleinen Fischernachen. Aber er hatte keine Ruder und mußte mit den Händen rudern. Plötzlich erhob sich ein heftiger Wind und trieb ihn in die offene See, und so wurde Eins von dem Andern getrennt. Als Fürst Peter sah, daß er weit vom Ufer abgetrieben war, verzweifelte er schon an seiner Rettung und fing an, zu Gott zu flehen, und sprach mit Herzensseufzern und bittern Thränen: »Ach, ich ärmster und unglücklichster aller Menschen! Warum habe ich die Ringe aus ihrem sichern Gewahrsam genommen! Nun gibt es auf der Welt keinen so Unglücklichen, als ich bin. Ich habe alle meine Freude getödtet: die schöne Prinzeß habe ich entführt, und in einem undurchdringlichen Walde verlassen. Wilde Thiere werden sie zerreißen, oder sie wird sich noch mehr verirren und vor Hunger sterben. Ich großer Mörder, habe unschuldiges Blut vergossen!« Da fing er an unterzusinken.
     
    Und es geschah durch Gottes Willen, daß nahe bei ihm ein Schiff aus dem türkischen Lande segelte, und da die Schiffer einen Menschen im Meere sinken sahen, nahmen sie ihn halbtodt in ihr Schiff. Sie kamen in die Stadt Alexandria und verkauften ihn an den türkischen Pascha. Der Pascha aber machte dem türkischen Sultan mit dem Fürsten Peter ein Geschenk. Als der Sultan die Sittsamkeit und die schöne Gesichtsbildung des Fürsten Peter sah, machte er ihn zu einem großen Senator, und wegen seiner Gerechtigkeit und großen Gnade gewannen ihn alle im Reiche lieb.
     
    Als in dem erwähnten undurchdringlichen Walde die schöne Prinzeß Magilene vom Schlaf erwachte, sah sie sich nach allen Seiten um, und erblickte den Fürsten Peter nicht. Sie weinte vor großem Kummer und fiel zu Boden. Dann stand sie auf, ging in dem Walde herum und rief mit aller Kraft nach ihrem Ritter: »Mein schöner Herr Fürst Peter, wo bist du hingegangen?« — Dann ging sie auf dem Wege lange Zeit fort und traf auf eine Nonne. Diese bat sie um ihre schwarzen Kleider, und gab ihr ihre hellfarbigen dafür. So kam sie an einen Hafen, wo sie ein Schiff aus dem Lande miethete, in welchem Peters Vater wohnte. Dort blieb sie bei einer adlichen Frau namens Susanna, und wählte einen Ort zwischen Bergen zum Schiffshafen, und baute ein Kloster auf die Namen der heiligen Apostel Peter und Paul, und errichtete ein Krankenhaus zur Aufnahme der Fremden. So wurde Magilene berühmt durch ihren gottesfürchtigen Wandel. Da kam der Vater und die Mutter Peter‘s, brachten ihr drei Ringe, und sagten, ihr Koch habe einen Fisch gekauft, in dessen Leib diese drei Ringe gefunden worden; aber da sie dieselben ihrem Sohne Peter gegeben hatten, so vermutheten sie, daß er in der Tiefe des Meeres ertrunken sei, und weinten bitterlich.
    Nachdem Fürst Peter lange Zeit bei dem türkischen Sultan gelebt hatte, äußerte er den Wunsch, in sein Vaterland zu reisen. Der Sultan entließ ihn mit großen Geschenken, und gab ihm viel Gold, Silber und kostbare Perlen. Als Fürst Peter so gnädigen Urlaub vom Sultan erhalten, miethete er ein französisches Schiff, kaufte vierzehn Fässer, schüttete auf den Boden derselben Salz, legte Gold und Silber hinein, that wieder oben Salz darüber, und sagte zu dem Schiffer, es sei nur Salz darin. Mit günstigem Winde segelten sie in ihr Vaterland und hielten an einer Insel, nicht weit vom französischen Lande an, denn Fürst Peter war von der Seereise krank geworden. Er ging an‘s Ufer spazieren und verlief sich tief in die Insel und schlief fest ein. Die Schiffer suchten und ruften ihn lange Zeit. Da sie ihn aber nicht fanden, setzten sie die Reise fort. Sie gelangten an jenes Kloster und gaben dort die Salzfässer ab,

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