Russische Volksmaerchen
und als einmal im Kloster Mangel an Salz war, befahl Magilene, die Fässer aufzumachen, und fand zahllose Schätze, und dankte Gott dafür und pries ihn.
Fürst Peter wurde von andern Schiffern auf der Insel gefunden und in dieses Kloster gebracht, wo man ihn im Krankenhause Magilenen‘s abgab, und Fürst Peter war über einen Monat im Krankenhause, aber er konnte Magilenen nicht erkennen, weil ihr Gesicht von einem schwarzen Schleier verhüllt wurde. Und Peter weinte jeden Tag.
Eines Tages kam Magilene in das Krankenhaus, sah Peter‘n weinen, und fragte ihn nach der Ursache seiner Thränen. Er erzählte ihr genau alle seine Begebenheiten. Da erkannte ihn Magilene und ließ seinem Vater Wolchwan und seiner Mutter Petronida sagen, daß ihr Sohn, Fürst Peter, sich wohl befände. Bald darauf kamen Vater und Mutter in das Kloster, und die Königstochter empfing sie geschmückt mit fürstlichen Kleidern. Als Fürst Peter seinen Vater und seine Mutter sah, fiel er ihnen zu Füßen, umfaßte sie und weinte, und sie weinten alle mit ihm. Fürst Peter aber stand auf, nahm sie bei den Händen, umarmte, küßte sie und sprach: »Mein Herr Vater und meine Mutter, diese Jungfrau ist die Tochter des großen Königs von Neapel, wegen welcher ich weit wanderte, und sie hat ihre Jungfrauschaft behalten.« — Dann wurden sie getraut und lebten glücklich.
16. Sila Zarewitsch und Iwaschka mit dem weißen Hemde.
Es war einmal ein Zar, der hieß Chotei. Dieser Zar Chotei hatte drei Söhne, der erste hieß Aspr Zarewitsch, der zweite Adam Zarewitsch, der dritte Sila Zarewitsch, welcher der jüngste Bruder war. Die großen Brüder fingen an, den Zaren Chotei um die Erlaubnis zu bitten, in andere Königreiche zu wandern, um Menschen zu sehen und sich zu zeigen. Da entließ sie der Zar, und gab jedem von ihnen ein Schiff, worin sie in fremde Reiche reisen konnten. Darauf begann auch der jüngste Bruder Sila Zarewitsch den Zaren Chotei zu bitten, daß er ihm die Erlaubnis gäbe, mit seinen Brüdern zu fahren. Zar Chotei aber sprach zu ihm: »Mein lieber Sohn, Sila Zarewitsch, du bist noch jung und an die Beschwerlichkeiten des Reisens nicht gewöhnt; deßwegen rathe ich dir, lieber zu Hause zu bleiben und nicht an das zu denken, was du dir vorgenommen hast.« Aber Sila Zarewitsch hatte große Lust, fremde Königreiche zu sehen, und fing an, seinen Vater auf‘s Inständigste zu bitten, und sein Vater entließ ihn, und gab ihm auch ein Schiff. Sobald diese drei Zarewitsche ein jeder auf sein Schiff sich begeben hatten, befahlen sie abzustoßen. Als sie auf das offene Meer kamen, segelte das Schiff des ältesten Bruders voran, hinter ihm das des mittelsten, und Sila Zarewitsch segelte hinter beiden. —
Den dritten Tag ihrer Seefahrt schwamm bei ihnen ein Sarg mit eisernen Reifen vorüber. Die zwei ältesten Brüder sahen ihn, doch befahlen sie nicht, ihn aufzufangen; aber sobald ihn Sila Zarewitsch erblickte, gebot er sogleich seinen Matrosen, denselben aufzufangen, auf das Schiff zu bringen und an einen schicklichen Ort zu stellen. Den andern Tag erhob sich ein heftiger Sturm, von welchem das Schiff des Sila Zarewitsch vom rechten Wege verschlagen, und in eine unbekannte Gegend an ein steiles Ufer getrieben wurde. Da befahl Sila Zarewitsch seinen Matrosen, den Sarg vom Schiff zu nehmen und an‘s Ufer zu bringen, wohin er auch selbst ihnen folgte. Hier ließ er ihn in die Erde eingraben.
Darauf sagte Silo Zarewitsch zu seinem Schiffshauptmann, er solle auf derselbigen Stelle, wo das Schiff stehe, drei Jahre lang auf ihn warten, und wenn er nach Verlauf dieser Zeit noch nicht zurückgekommen wäre, so möchte er seiner nicht mehr harren, sondern in sein Reich zurückfahren. Darauf nahm er Abschied von ihm und seinen Leuten und ging, wohin gerade seine Augen sahen, und so wanderte er eine lange Zeit allein und sah keinen Menschen, weder vor sich noch hinter sich. Den dritten Tag endlich hörte er einen Menschen hinter sich laufen in weißem Kleide. Sila Zarewitsch sah sich um und sah, daß er ihm schon nachgekommen sei, und er zog sogleich sein Schwert heraus, denn er befürchtete, daß es ein Bösewicht sein möchte. Sobald aber der Mensch ihn eingeholt hatte, warf er sich ihm zu Füßen und dankte ihm für seine Rettung. Sila Zarewitsch fragte ihn, wofür er ihm danke, und für welche Gnade. Da sprang der Unbekannte auf die Füße und begann zu sprechen: »Ach, du junger Fant Sila Zarewitsch, wie sollte ich dir nicht
Weitere Kostenlose Bücher