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Russisches Abendmahl

Russisches Abendmahl

Titel: Russisches Abendmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Ghelfi
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Scherben fliegen wie kleine Messerchen in alle Richtungen. Nigel klammert sich an mich wie an ein Rettungsboot, während ich ihn durch das Chaos zerre.
    Wir haben es drei Meter weit geschafft, als die Schüsse aufhören und nichts als Schmerzens- und Angstschreie, klirrendes Glas und den Gestank von Kordit hinterlassen. Mit Nigel zusammengekauert unter einem Tisch beim Ausgang spähe ich durch den Qualm. Die Männer an unserem ehemaligen Tisch sind blutüberströmt und zerfetzt. Einer spuckt noch Blut und zuckt leicht, aber sie sind beide tot. Auf dem Bürgersteig schlagen die Türen eines grauen Lieferwagens zu, und der Wagen jault unter einer Salve halbherziger Schüsse davon - das hoffnungslos verspätete Gegenfeuer zweier Ersatzbodyguards, die hinter einem schwarzen Escalade kauern.
    Ich schleppe Nigel aus dem Club, durch eine Tür, die in das Gebrüll und den Wahnsinn der Lobby des National Hotels führt. Polizeisirenen heulen in der Ferne. Ich drängle mich durch die Lobby und das angrenzende Atrium Café und schließlich durch den Hinterausgang hinaus auf eine dunkle Seitenstraße, wo der Engländer ohnmächtig zusammenbricht, offensichtlich aufgrund der dämmernden Erkenntnis, eine Zielscheibe gewesen zu sein, wenn auch keine primäre. Obwohl er an die hundert Kilo wiegt und ihn das Fett außerdem unhandlich macht, hieve ich ihn auf die Schulter und trotte mühsam Richtung Hauptstraße.
    Dank der unmittelbaren Nähe zum Kreml sind bereits überall Polizei und Krankenwagen unterwegs. Straßenverkäufer packen hastig ihre Waren ein, huschen ängstlich geduckt davon und stoßen verwirrte Touristen und flüchtende Moskauer beiseite. »Tschetschenische Terroristen«, sagt einer. »Verbrecher«, ein anderer. Kein Zeichen von Valja oder dem zerbeulten Wagen.
    Als ich Nigel an der verrußten Mauer ablade, kommt er wieder zur Besinnung. Ohne seinen Spazierstock mit dem Elfenbeingriff wirkt er kleiner und irgendwie verloren. Er ist ein zitterndes Wrack. »Er wollte mich umbringen!«, schreit er.
    Ich nehme an, er meint Gromow. »Sagen wir, er war bereit, deinen Tod hinzunehmen, um mich loszuwerden.« Das besänftigt Nigel in keiner Weise, also packe ich ihn am breiten Revers seines Blazers und schüttle ihn kräftig durch. »Wie heißt der Mann von der Universität?«
    »Frau«, sagt er mechanisch. Ein feiner Film fremder Blutspritzer trocknet auf seinem Kinn.
    »Dann eben Frau. Wie heißt sie?«
    »Jelena Posnowa.«
    Ich schiebe ihn auf die Straße und in Richtung seiner Wohnung. Er schwankt davon. Für den Abend ist er erledigt, vielleicht sogar für immer. Ich mache mich auf den Weg. Es ist Zeit, Gromow zu treffen, solange die Wut noch frisch ist.

3
    Ich humple drei Blocks durch das Chaos an umherlaufenden Passanten, Dieben, die im Durcheinander ihre Gelegenheit suchen und einem kleinen Mädchen mit Pferdeschwanz vorbei, das sich verlaufen hat. Dann gerate ich in die nächste Schießerei.
    Der Wagen, den Valja gefahren hat, steckt mitten in der Glasfront von Gromows Jaguarniederlassung, einer profitablen Fassade für weitaus schändlichere Aktivitäten. Seine Männer laufen auf der Straße hin und her, offensichtlich wissen sie nicht, was sie tun sollen.
    Ich bahne mir meinen Weg zu einer mit Müll übersäten Seitenstraße. Der Mann am Hinterausgang ist wahrscheinlich damit beauftragt, Wache zu schieben, während seine Vorgesetzten die Lage besprechen. Sie halten mich für tot, sonst wären sie nicht so nachlässig. Ich hole das Messer aus einem versteckten Schlitz in meiner Prothese, nähere mich ihm von hinten, reiße seinen Kopf zurück und steche ihm, statt ihn nur kampfunfähig zu machen, direkt in die Luftröhre. Immerhin gehört er zu denen, die mich umbringen wollten und außerdem habe ich nicht viel Zeit. Dafür wird der General Verständnis zeigen müssen. Ich ziehe die verrostete Feuerleiter herunter, klettere hoch, schlage eine Scheibe ein und klappere die Büros im zweiten Stock ab, während der ehemalige Wachmann immer noch zuckt.
    Ich stoße auf zwei Tote, aus denen Blut sickert, eile weiter den Gang hinunter und um die Ecke. Da ist sie, mein gertenschlanker Engel, eine Erscheinung in einem eichengetäfelten Büro. Drohend ragt sie über dem auf dem Rücken liegenden Gromow, den kurzen, dicken Lauf einer Uzi in seinen Mund gerammt. In der anderen Hand ein langes Messer. Ich bleibe in der Tür stehen und lausche. Sie erklärt ihm, was sie mit ihm zu tun gedenkt, bevor er stirbt; grausame Dinge, die

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