Rywig 02 - Hab Mut, Katrin
Mikroskop lege, werde ich daran denken, wieviel davon abhängt, daß ich meine Arbeit richtig mache.“
Bernt nickte nur. Seine Augen hingen an Katrin. Ihr kleines knabenhaftes Gesicht war erwachsen geworden. Es war das Gesicht einer jungen Frau, einer strahlend glücklichen jungen Frau.
„Noch eins, Bernt“, sagte Katrin, und jetzt hatte ihre Stimme einen weichen, warmen Unterton. „Diese Arbeit hängt ja so eng mit
deiner zusammen.“
„Ja, das stimmt. Denk nur, wenn wir in Zukunft zusammenarbeiten könnten, Katrin, Hand in Hand arbeiten könnten, buchstäblich.“
Seine Hand umschloß die ihre. Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander - jung, glücklich, voller Zuversicht der Zukunft gegenüber. So fand sie Dr. Rywig.
„Na, sitzt ihr da und philosophiert?“ Bernt lachte leise. „Du wirst lachen, aber genau das tun wir. Nun, wie war es, Papa? Du bist lange ausgeblieben.“
„Ja, das mag wohl sein. Blutübertragung und eine langwierige Operation. Es war eine trostlose Sache, ein junger Mensch, der mit seinem Motorroller geradewegs in eine Straßenbahn hineingefahren ist. Innere Verletzungen. Dann kam seine Mutter, und ich mußte mich lange mit ihr abgeben, der Ärmsten. Einziger Sohn, den Rest könnt ihr euch wohl vorstellen... Sie hat gefleht und gebettelt, ich möchte das Leben ihres Jungen retten.“
„Kannst du es, Onkel Doktor?“ fragte Katrin leise. Über Dr. Rywigs abgespanntes Gesicht flog ein kleines Lächeln. „Ich glaube es, Katrin. Ich glaube es.“
„Wie muß das herrlich sein“, sagte Katrin, sie sagte es ganz leise. „Wie herrlich, Menschenleben retten zu können.“
„Ja, es ist schön, Katrin. Da hast du ganz recht. Ja, wollen wir dann losfahren?“
Katrin lächelte. Sie ließ den Motor an, löste die Bremse und schaltete den Gang ein.
„Ihr Ärmsten“, sagte Beate. „Wie lange seid ihr ausgeblieben! Bist du sehr kaputt, Gerhard?“
„Aber nein, jetzt geht es wieder. Ich sage es ja immer, die Ruhepause im Auto ist für mich Gold wert. Habt ihr schon alles Eis aufgegessen oder ist noch was übrig?“
„Hältst du uns wirklich für so gemein? Wir haben auf euch gewartet, das versteht sich doch von selbst, Hans Jörgen ist so müde, daß er die Augen kaum offenhalten kann, aber meinst du, wir kriegen ihn ins Bett? Um den Samstagabend will er sich nicht bringen lassen, sagt er.“
„Da ist doch tatsächlich noch einer, der das nicht will“, sagte der Hausherr. „Seht euch mal den Burschen da an.“ Der Bursche war Stephan. Stephan in gepunktetem Pyjama, mit wuscheligen Haaren und schlaftrunkenen Augen. „Ich möchte Eis“, erklärte er.
„Aber Stephan, du hast doch welches bekommen, bevor du ins Bett kamst.“
„Ich will mit euch zusammen Eis essen“, sagte Stephan bestimmt und kletterte zielbewußt auf Katrins Schoß.
Der Vater seufzte. „Nun gut, ausnahmsweise mag die Unvernunft gebieten. Nun, ihr beiden“, er nickte Katrin und Bernt zu, „wie habt ihr euch die Wartezeit vertrieben?“ Bernt lachte. „Die Wartezeit war inhaltsreicher, als du ahnst, Papa.“
„Hurra! Die haben sich verlobt“, rief Senta. „Oh, weit entfernt. Wir denken nicht daran - noch nicht. Aber - darf ich es erzählen, Katrin?“
Katrin nickte. Ihre Augen strahlten, und ihr Arm lag fest und liebevoll um Stephans warmen kleinen Körper.
Bernt erzählte von dem Plan, der in der kurzen Stunde in Katrin zum Reifen gekommen war, erzählte, wie glühend sie sich für diese Arbeit interessierte, wie ihr blitzartig klargeworden war, daß sie dies und nur dies werden wollte.
Beate drückte Katrins Hand. „Wenn du wüßtest, wie ich mich freue, Katrin. Die Sache scheint mir hundertprozentig gut zu sein.“ Herr Rywig nickte. „Da stimme ich ganz mit meiner Frau überein. Wenn du es ein paar Nächte überschlafen hast, Katrin, und der Entschluß reut dich nicht, dann werde ich dir mit der Bewerbung und dergleichen beistehen. Ich kenne außerdem die Gelegenheit, wo du lernen kannst, hier in Oslo gibt es mehrere solche Institute.“
Jetzt ließ Senta ihre Stimme erschallen. „Das ist tatsächlich ‘ne prima Sache“, sagte sie. „Allmählich glaube ich, die ganze Familie landet noch mal im Krankenhaus.“
„Aha? Du auch? Ja richtig, du wolltest mir ja gerade etwas erzählen, als der Anruf kam. Betraf es nicht deine Zukunftspläne? Du willst Kochfrau werden oder - ?“
„Kochfrau? Was denkst du! Das heißt eine Art Kochfrau schon. Jetzt paß mal auf, ich habe neulich in
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