Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde
nach einem Mantel gucken, Sonja? Das ist augenblicklich das wichtigste! Sie kriegen eine Lungenentzündung, wenn Sie sich nicht wärmer anziehen!“
Ich fand ziemlich schnell, was ich brauchte. Einen warmen, vernünftigen Mantel mit einem molligen Kragen aus Synthetik-Pelz.
Und sogar zu einem ziemlich niedrigen Preis. Genau richtig - ich würde den Mantel ja nur drei Monate brauchen. Im Januar würde ich wieder in einer kurzärmeligen Baumwollbluse und geflickten Shorts durch die Gegend laufen und mich darin pudelwohl fühlen, dies nebenbei gesagt.
Als ich dann auch ein Paar gefütterte Stiefel erstanden hatte, war es mir herrlich warm, und ich war sowohl für den Londoner Nebel als auch für den norwegischen Schnee gerüstet.
„Kleid?“ sagte Lady Robinson. „Ach was, Sie haben doch das Kostüm und die beiden hübschen Pullis. Meinetwegen brauchen Sie sich nicht feinzumachen, nein, auch nicht zum Dinner. Und in Norwegen haben Sie doch bestimmt irgend etwas im Schrank?“
Das hatte ich. Also blieb es bei Mantel und Stiefeln.
Dann fuhren wir zum australischen und amerikanischen Konsulat mit Heikos Paß und den unterschriebenen Anträgen. Er mußte sicherheitshalber auch ein amerikanisches Durchreisevisum haben, es war möglich, daß er über den Pazifik, Nordamerika und den Atlantik zurückkommen würde. Glückspilz - so mir nichts, dir nichts, einmal um die Erde!
Alles mit der Ruhe, Sonja, sagte ich mir selbst. Kommt Zeit, kommt Weltreise!
„Jetzt, wo wir in der Stadt sind“, sagte Lady Robinson -„überlegen Sie sich doch, ob Sie noch etwas zu besorgen haben. Mitbringsel für Ihre Familie vielleicht?“
„Ja, unbedingt!“ rief ich. „Ich muß irgendwo in eine Spielzeugabteilung, ich habe einen Bruder von elf und eine Schwester von sieben. Wenn ich für die beiden Räuber nichts mitbrächte, wären die Folgen nicht auszudenken! Und ich weiß, daß Mutti sich einmal hier in London in eine bestimmte Sorte Strickwolle verliebte. Sie hat oft genug bedauert, daß sie nicht gleich viel mehr davon kaufte!“
„Wissen Sie, dann bringe ich Sie zu einem Warenhaus, wo Sie seelenruhig alle Abteilungen durchpflügen können, und wir treffen uns - sagen wir im Restaurant im gleichen Haus? Da ist ein recht anständiges Dachrestaurant. Wenn Sie ein ganz liebes Mädchen sind, bestellen Sie gleich einen Tisch auf meinen Namen, sagen wir für vierzehn Uhr? Haben Sie dann Zeit genug? Fein, also treffen wir uns dann.“
Wir hielten vor einem Riesenwarenhaus, und ich nahm den Lift zum Restaurant, wo ein freundlicher Ober versprach, einen
Fenstertisch für Lady Robinson für vierzehn Uhr zu reservieren.
Worauf ich mein Geld zählte, die Lage der Spielzeugabteilung ergründete und eine außerordentlich ausgiebige Einkaufsrunde startete.
„Wir hätten natürlich zum Lunch nach Hause fahren können“, sagte Lady Robinson, als wir uns im Restaurant gegenübersaßen. „Aber ich wollte Burns nicht enttäuschen. Seine Tochter ist Verkäuferin in einem Juweliergeschäft hier in der Nähe. Und sie hat eine Stunde Lunchpause, die sie nur zu gern mit dem Vater verbringt. Ach, der liebe Burns, er ist eine gute Seele! Seit mehr als zwanzig Jahren ist er bei mir. Es war mein Mann, der ihn damals engagierte. Seine Frau war dann Wirtschafterin bei uns, sie starb vor acht Jahren - seitdem hängt Burns sehr an seiner Tochter.“
„Und an Ihnen“, meinte ich.
„Nun ja, aber das beruht auf Gegenseitigkeit! Ich fahre ja auch gern selbst meinen kleinen Zweisitzer oder meinen Kombiwagen in Afrika. Aber wenn ich müde bin oder mich nicht ganz wohl fühle, oder, wenn ich wie jetzt, liebe Gäste habe, lasse ich lieber Burns fahren.“
„Meinen Sie wirklich, daß wir liebe Gäste sind, Lady Robinson?“ „Zweifeln Sie daran? So, nun sagen Sie, haben Sie alles gekriegt für die beiden anspruchsvollen Geschwister und Mutti und Vati?“ „Die beiden Geschwister?“ lächelte ich. „Für fünf Geschwister, Lady Robinson - und Eltern, und eine Schwägerin und einen Schwager und; nicht zu vergessen, für die Hauptperson der ganzen Familie, meinen Neffen! Ich freue mich doch so wahnsinnig auf ihn. Er wird getauft, wenn ich nach Hause gekommen bin, und ich soll ihn zur Taufe tragen.“
„Ist er der Sohn Ihrer Zwillingsschwester?“
„Ja! Denken Sie sich, zum ersten Mal sind wir sozusagen auseinandergegangen. Wir heirateten gleichzeitig, aber Senta bekam ein Kind, ohne zu fragen, ob ich einverstanden war!“
Lady Robinson sah mich
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