Rywig 10 - Machst Du mit Senta
haben. Das wird ein Theater geben, wenn sie keines kriegen! Nun fiel mir ein, wir haben auch ein junges norwegisches Ehepaar auf unserer Liste - mal sehen, wie heißen sie nun gleich - ja richtig, Skogstad, Zahnarzt - da fiel mir ein, Sie sind doch gebürtige Norwegerin, gnädige Frau?“ Die Gnädige bestätigte es mit Kopfnicken.
„Nun ist es so, diese Appartements - es handelt sich um Vancouver und Lake Louise - bestehen aus zwei Räumen, einem Schlafzimmer und einem Wohnzimmer, auch mit Schlafgelegenheit. Wenn Sie sich nun mit diesem jungen Ehepaar gut verstehen würden.“ „Das tun wir schon“, lächelte Heiko. „Das ist überhaupt kein Problem! Frau Skogstad ist die Schwester meiner Frau, und wir können selbstverständlich ein gemeinsames Appartement nehmen. Meinst du nicht, Liebling? Nun ja“ - hier guckte der Schalk aus Heikos Augen - „Senta kann ja ein bißchen schwierig sein, sie hat ja so ihre bestimmten Ideen, vielleicht ist es ihr nicht recht.“
„Aber Heiko, wie kannst du so was sagen!“ protestierte ich.
„Senta ist doch ein entzückender Mensch, ja entschuldige, daß ich das so von meiner eigenen Schwester behaupte, aber sie ist es wirklich, und sie macht doch alles mit!“
„Nun ja, eigentlich stimmt es schon“, gab Heiko zu. In lauter Freude und Erleichterung wandte Direktor Grünbach sich wieder zu mir. „Wie reizend, daß Ihre Schwester mitkommt, Frau Brunner! Ist sie auch so charmant wie Sie? Sieht sie Ihnen auch ähnlich?“
„O ja, das kann man vielleicht sagen. Übrigens, Senta ist unbedingt die Charmanteste von uns, und mit Abstand die Intelligenteste!“ Dies verschlug Heiko die Sprache!
„Na na, übertreiben Sie nun nicht, liebe Frau Brunner! Ja, dann hätte ich wohl all meine Sorgen ausgepackt, nur eine Bitte hätte ich noch: Die Gruppe besteht hauptsächlich aus älteren Damen und Herren, Damen natürlich in Majorität, wie immer. Wenn Sie sich ein bißchen um die älteren Damen kümmern würden? Also als eine Art Hosteß mithelfen? Dafür bekommen Sie die Reise zum halben Preis, und - ja richtig, den Ausflug nach Point Barrow, den hatten Sie ja gebucht - ich berechne nichts dafür, wenn Sie da ganz als Reiseleiter fungieren wollen, Doktor Brunner. Denn da fliegt ja nur die Hälfte der Gruppe mit, und Herr Weiden, unser kleiner Geograph, muß sich um die zweite Hälfte kümmern.“
„Gut“, sagte Heiko. „Machen wir!“
„Und ich werde unter die älteren Damen Kopfschmerztabletten und tröstende Worte verteilen“, versprach ich im Namen meiner nichtsahnenden Schwester.
Ich stand wieder auf der Straße. Heiko war bei Direktor Grünbach geblieben, um bei ihm den jungen Geographen zu treffen. Das wollte ich nun vermeiden! Fest stand, daß wir den Direktor haushoch an der Nase herumgeführt hatten. Ganz was anderes wäre es, die Komödie einem Menschen gegenüber zu spielen, mit dem wir jetzt drei Wochen gemeinsam verbringen sollten. Heiko hatte bestimmt dasselbe gedacht, denn er sagte freundlich besorgt, wie es sich für einen guten Ehemann gehört: „Ich nehme an, daß du dich jetzt verabschiedest, Sonja. Du wolltest doch Besorgungen machen?“
Grade das wollte ich. Es war elf Uhr, ich hatte eine Stunde zur Verfügung, bevor ich meinen im Stich gelassenen Ehemann am Bahnhof treffen sollte.
Also, ich stand auf der Straße und guckte rechts und links. Und -o Freude! - da entdeckte ich, was ich dringend brauchte: einen Friseursalon! Nix wie hin!
Eine halbe Stunde später waren meine schulterlangen Haare kurzgeschnitten. Jetzt bedeckten sie gerade noch das Ohrläppchen. Genau wie bei Sonja.
Noch hatte ich eine halbe Stunde Zeit. Ich eilte durch die Mönkebergstraße und meine Augen hingen an den Preisschildern in den Läden. Ja, das war was! Blusen im Restverkauf, schrecklich billig!
Vor dem Geschäft zählte ich meine Kröten. Allzuviel deutsches Geld hatte ich nicht. Aber es reichte für zwei gleiche Blusen zum Billigpreis.
Jetzt war es fünf vor zwölf. Ich raste zum Hauptbahnhof und fand die beiden Männer vor dem Schließfach.
„Du freches Biest“, waren die freundlichen Begrüßungsworte meines Schwagers. „Die entzückende und intelligente Schwester kriegst du gelegentlich heimgezahlt. Übrigens soll ich dir diese Anstecknadel überreichen. Du mußt sie tragen, bis wir in London sind. Dann mußt du mit Sonja zum Klo gehen und ihr die Nadel geben. Am besten auch gleich dein Kopftuch.“
„Paßt vorzüglich zu meinen Plänen!“ sagte ich, und
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