Rywig 10 - Machst Du mit Senta
außer sich am Telefon, und ich möchte ihm wirklich gern helfen.“
„So, das möchtest du! Und ich soll dir helfen?“ fragte ich.
„Ach Senta, tu es doch! Du bist doch kein Spielverderber!“ „Gewöhnlich nicht“, stimmte ich zu. „Also gut, ich komme mit. Was soll ich tun?“
„In die Haut deiner Schwester kriechen, das hast du doch öfters gemacht!“
„Und ob!“
„Ja, und wenn er fragt, ob du dies oder jenes auf dich nehmen willst - ich meine, ob Sonja es will - und du nicht so richtig weißt, was du antworten sollst, dann wendest du dich an mich und sagst untertänig, wie es sich für eine gute Ehefrau gehört: ,Ja, was meinst
du, Liebling?’“
„Merk dir das mit untertänig sein“, ermahnte mich Rolf. „Und ich, lieber Schwager, was soll ich tun?“
„Dich fern von Tellus-Touren halten. Geh ins WochenschauKino oder laufe zweimal um die Alster, oder sieh dir das Rathaus an. Aber sei um 12 Uhr am Bahnhof, vor eurem Gepäckfach. Welche Nummer habt ihr? Hundertsieben, gut, ich habe es mir schon gemerkt. Sei pünktlich, sonst fahre ich ohne dich mit zwei Frauen nach Kanada! Hier, bezahle auch für mich, hier ist Geld. Ach, ich lade euch ein, dann spart ihr eure Märkchen - tschüs, Rolf, bis nachher!“
Worauf Heiko und ich loszogen, um Direktor Grünbach zu trösten.
„Sie sind unser Retter in der Not!“ waren die Willkommensworte des Direktors. „Ich bin besonders froh, daß Sie mitgekommen sind, Frau Brunner. Wie nett, Sie wiederzusehen, Sie haben sich überhaupt nicht verändert seit damals, als Sie bei uns Reiseleiter-Assistentin waren. - Sie sehen noch so aus, als wären Sie siebzehn!“
„Sie müssen zehn Jahre dazugeben, Herr Direktor“ sagte ich.
„Tatsächlich? Sind sie wirklich siebenundzwanzig? Aber Sie sehen genauso aus wie damals! Also, nun hören Sie bitte zu: Ich möchte doch so gern, daß diese Reise reibungslos verläuft. Es bedeutet so viel für unser kleines Unternehmen, daß die Kunden zufrieden sind. Und jetzt, Stunden vor der Reise, türmen sich die Probleme! Erstens haben wir einen jungen Reiseleiter, der alles, aber auch alles über Kanadas und Alaskas Geographie und Geschichte weiß. Er ist ein lebendiges Lexikon. Aber nachdem ich vorgestern ein Gespräch mit ihm hatte, mache ich mir Sorgen. Er ist vierundzwanzig Jahre alt und sieht unheimlich jung aus. Als er sich hier vorstellte, trug er einen Vollbart. Nun hat er ihn sich abrasiert und hat ein Gesicht wie ein Babypopo - oh, Verzeihung!
Außerdem ist er still und bescheiden. Ein furchtbar netter Kerl, aber ob er sich als Reiseleiter durchsetzen kann, das bezweifle ich! Aber Sie besitzen Autorität, Herr Doktor Brunner, Sie und Ihre Frau haben es damals bei der Afrikareise glänzend geschafft. Ich bekam lauter Lobesworte nachher von den Teilnehmern zu hören. Wären Sie bereit, unserem jungen und unerfahrenen Reiseleiter beizustehen? Und noch etwas: Sie kennen ja die lästigen Tagesabrechnungen.“
„Und ob ich sie kenne!“ seufzte Heiko. „Meine Frau und ich saßen manchmal bis Mitternacht dabei!“
„Lieber Doktor Brunner, wollen Sie es noch einmal tun? Sie können es, und ich habe den starken Verdacht, daß es unserem kleinen Geographen zuviel wird. Selbstverständlich kriegen Sie dann die Reise umsonst.“
„Aber Herr Direktor, ich muß ja für zwei Tage die Gruppe verlassen, ich muß unbedingt nach Saskatchewan und fliege von dort direkt nach Prince Rupert.“
„Ich weiß, ich weiß! Und jetzt kommen Sie dran, gnädige Frau.“ Donnerwetter, dachte ich. Wenn ich gnädig werde, dann hat er was Besonderes auf dem Herzen!
„Könnten Sie für Ihren Mann einspringen, wenn er in Saskatchewan ist? Mit den Hotelleuten sprechen, bei der Zimmerverteilung behilflich sein, und die Tagesabrechnungen machen?“
Jetzt war der Augenblick da, wo ich Heiko programmgemäß fragend ansah und zögernd sagte: „Ja, was meinst du, Liebling?“
„Ach, das schaffst du doch!“ sagte Heiko. „Denk daran, wie gut es in Afrika ging, und jetzt bist du obendrein sechs Jahre älter!“
„Ja - wenn mein Mann meint.“ sagte ich.
„Gott sei Dank, dann ist mein größtes Problem erledigt“, äußerte Direktor Grünbach erleichtert. „Aber es kommt noch mehr. Unser Vertreter drüben hat mir die traurige Mitteilung gemacht, daß man in zwei der Hotels keine Einzelzimmer verschaffen kann, und wir haben zwei ältere Damen unter den Teilnehmern, die sehr deutlich und sehr lautstark auf Einzelzimmer bestanden
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