Sachiko - Blutige Tränen (German Edition)
prompt.
Ich werde dort sein …
22)
S achiko lief in ihrem Zimmer auf und ab.
Was in aller Welt hatte sie nur getan? Konnte … ja, durfte sie Aiden überhaupt einer solchen Gefahr aussetzen? Denn eine Gefahr war sie für ihn, so viel stand unumstößlich fest.
Die Worte des Ältesten klangen immer und immer wieder in ihrem Kopf.
Du darfst dich niemals verlieben, Sachiko. Du kannst die Annehmlichkeiten des Lebens genießen, wenn du verstehst, was ich meine … aber niemals … niemals … darf es tiefer gehen … wenn du wahrhaft liebst, wirst du es sehen … und dann, Sachiko, Gnade Gott dem jungen Mann, der diese Gefühle in dir wachgerufen hat …
Und nun hatte sie sich verliebt, einfach so. Und ohne, dass sie auch nur das Geringste dagegen tun konnte.
Die Gefühle für Aiden hatten sie mit der Wucht einer Dampfwalze überrollt und sie war nicht in der Lage, dagegen etwas zu unternehmen.
Oh, natürlich hatte Sachiko dieses zarte Gefühl, als die ersten Schmetterlingsflügel ihre Bauchwand berührten, wunderschön gefunden.
Doch dann schaltete sich ihr Verstand so kompromisslos ein, dass ihr beinahe schlecht geworden war.
Erneut tobte der Gedanke in ihrem Kopf, einfach wegzulaufen. Irgendwo hin, wo sie Aiden nicht würde verletzen können.
Doch die vergangenen Minuten hatten ihr einmal mehr gezeigt, dass es auch um Aiden geschehen war.
Warum sonst hätte er ihr antworten sollen?
Warum sonst sollte er sich Gedanken um sie machen?
Warum sonst sollte er fühlen, wie zerrissen sie sich fühlte?
Und verdammt nochmal, da gab es ja auch noch den Duft, den Sachiko inzwischen permanent verströmte … den Duft, den ihre Eltern früher gerochen hatten, als sie selbst … den Duft, den sogar Aiden wahrnahm und mit seiner eigenen zitronig-frischen Duftnote erwiderte.
Sachiko sah auf die Glückskatzen-Uhr. Noch fünf Minuten.
Ob Aiden schon im Park war?
Noch konnte sie weglaufen!
Nein! Niemals würde sie ihm so wehtun.
Aber würde sie ihm nicht noch viel mehr wehtun, wenn sie sich mit ihm traf?
Beim ersten Mal wird schon nicht gleich etwas passieren!
Wie ein Mantra wiederholte sie die Worte, nur um sich selbst zu beruhigen.
Hah! Als ob das etwas nutzte!
Hatte der Vorfall heute ihr nicht mit aller Deutlichkeit gezeigt, dass sehr wohl beim ersten Mal etwas passiert war?
Und dass noch sehr viel Schlimmeres passieren würde, wenn sie sich nicht von Aiden fernhielt?
Konnte sie das überhaupt noch?
War sie überhaupt jemals in der Lage gewesen, Aiden aus dem Weg zu gehen?
Die Antwort war ebenso klar wie niederschmetternd.
Nein!
Sie liebte ihn bereits viel zu sehr.
Aber sollte genau das denn nicht Grund genug für sie sein, Aiden fern zu bleiben?
Sachiko unterdrückte gewaltsam den Wunsch, ihren Schmerz herauszuschreien.
Vielleicht … ganz vielleicht nur, würde es ihr ja gelingen, diesem bösen Drang zu widerstehen.
Sie musste einfach, egal wie viel Kraft es sie kosten würde.
Niemals würde sie mit der Schuld leben können, Aiden verletzt zu haben oder gar …
Nein! Daran wollte sie nicht einmal denken.
Sachiko gab ihren Gedanken eine andere Richtung vor.
Wie viel ahnte Aiden … was glaubte er, zu wissen?
Zwar wusste er, dass da irgendetwas an ihr anders war. Doch wie würde er reagieren, wenn er erfuhr, was genau eigentlich an ihr anders war?
Vielleicht erledigte sich die ganze Romanze ja von selbst, wenn Sachiko es ihm erzählte. Denn dass sie ihm schonungslos alles offenbaren würde, das war für sie nicht länger eine Frage.
Sollte ihre Beziehung zu Aiden, wenn es eine solche jemals geben konnte, auch nur die geringste Chance haben, dann würde sie sie nicht mit einer Lüge beginnen.
Es wurde nicht besser. Das Tohuwabohu in ihrem Gehirn hatte Sachiko unerträgliche Kopfschmerzen bereitet.
Raus! Sie musste raus hier!
Seufzend griff sie nach einer leichten Sweatjacke, wobei ihre Hände verdächtig zitterten.
Nicht dass Sachiko tatsächlich eine Jacke gebraucht hätte. Doch sie hatte sich dieses ganze menschliche Verhalten so sehr zu eigen gemacht, dass es ihr nicht einmal mehr auffiel.
„ Oka san, ich geh‘ noch einmal raus … ich weiß nicht, wann ich zurückkomme …“
oder ob ich überhaupt wieder zurückkomme ...
Die letzten, nur gedachten, Worte ließen Sachiko tatsächlich frösteln.
„ In Ordnung, Chiko, viel Spaß!“, rief Amaya ihr noch nach und Sachiko musste sehr an sich halten, um nicht zurückzulaufen und ihre Mutter in die Arme zu nehmen, an
Weitere Kostenlose Bücher