Sachiko - Blutige Tränen (German Edition)
weiter zurückhalten zu können und wenn sie ganz ehrlich zu sich war, musste sie zugeben, dass sie das auch gar nicht mehr wollte. Einmal ganz davon abgesehen, dass ihr die Kraft dazu fehlte.
Ich kann dich nicht nur hören! Da ist noch so viel mehr … ich spüre deinen Kummer, Hanii, ich höre dich und ich möchte bei dir sein … bitte, Kleines, lass mich dir helfen!
Sachiko schloss ihre Augen.
Was da gerade geschah, konnte eigentlich nicht sein. Sie hatte schon früher einmal, bei ihren Freundinnen Lea und Nell versucht, deren Gedanken zu lesen.
Nicht etwa, um sie auszuspionieren, nein!
Sie wollte einfach nur wissen, ob die beiden irgendetwas davon ahnten, dass die Familie Fellow nicht das war, was sie zu sein vorgab.
Mehr als einige unzusammenhängende Fetzen hatte sie allerdings nicht ausmachen können, daher hatte sie sich auch nicht mehr bemüht, dieser Gabe nachzugehen.
Warum sie es gerade bei Aiden gemacht hatte, nun, darüber musste sie nicht wirklich nachdenken.
Er hatte sie zutiefst berührt mit seiner sensiblen Art.
Sie hatte sofort gespürt, dass mehr hinter seinen Berührungen steckte, als der Wunsch, sie zu beruhigen. Sie hatte einfach gewusst, dass er sie mochte – nein, das war definitiv der falsche Ausdruck.
Aiden fühlte genauso wie sie … und er liebte sie ebenso, wie sie ihn.
Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, bedurfte es nicht einmal mehr Aidens Duft.
Der zarte Traumkuss war nur noch der allerletzte Beweis.
Nicht nur für Sachiko, die bisher noch niemals die Lippen eines Jungen auf ihren gespürt hatte, war es ein unvergessliches Erlebnis. Sie fühlte instinktiv, dass Aiden diese zarte Berührung ebenso verwirrt hatte, ja, dass er diesen Kuss ebenso sehr genossen hatte wie sie.
Jedenfalls bis zu dem beinahe verhängnisvollen Vorfall.
Unbewusst glitt Sachikos Zunge erneut über ihre Zähne.
Nein, alles in Ordnung. Keine Fänge.
Und dann war da auch noch die Reaktion Mia Langstons.
Der Regisseur hingegen war einfach nur begeistert gewesen von der Szene, er hatte freudig in die Hände geklatscht und Aiden und Sachiko ob ihres Talents überschwänglich gelobt.
Mia Langston jedoch hatte sofort bemerkt, dass hinter diesem Kuss mehr steckte als schauspielerisches Talent. Auch wenn sie sich hinsichtlich ihrer Rolle in diesem Film keinen Illusionen mehr hingab, hatte sie ihre schwärmerischen Ambitionen Aiden gegenüber noch lange nicht begraben. Und Sachiko war ihr hierbei definitiv im Wege.
Mias Gesicht sprach ganze Bände einer Enzyklopädie und ihre Mimik reichte von Enttäuschung über Wut bis hin zu Hass.
Hätte Sachiko nicht so viel damit zu tun gehabt, sich schnellstmöglich zurückzuziehen und ihre womöglich sichtbaren Fänge zu verbergen, hätte sie sich vielleicht näher mit Mias letztem Gefühl etwas näher beschäftigt … was besser gewesen wäre.
Aber jetzt war es müßig, sich darüber noch länger Gedanken zu machen.
Denn dass Sachiko sich nach Johns Ausruf so schnell zurückzog und vorgab, sie habe sich erschrocken und daraufhin gebissen, hatte Aiden nicht wirklich täuschen können.
Nicht eine Sekunde hatte er ihr die Story abgekauft und, was die Sache noch schlimmer machte, war, dass er nicht nachhakte.
Sachiko wusste, dass er nach dem wahren Grund suchte, warum sie geschwindelt hatte.
Denn dass etwas dahinter stecken musste, wusste auch Aiden inzwischen.
Wäre es nicht so, hätte Sachiko ihm nicht den dankbaren Blick zugeworfen, als er Mia den Blödsinn mit dem Kunstblut auftischte.
Aiden wusste, dass Sachiko Gefühle für ihn hatte … was er nicht wusste, war, warum sie sich so sehr dagegen sträubte.
Hanii … bitte, lass mich dir helfen …
Nicht ein einziges Wort der Anklage.
Aidens Wunsch ihr zu helfen war ehrlich, aufrichtig und uneigennützig.
Schlagartig wusste Sachiko, dass es ihr nicht möglich war, einfach wegzulaufen. Es ging nicht mehr nur um sie.
Wären die Gefühle einseitig gewesen, hätte sie, wenn auch nur unter Aufbietung all ihrer Kraft, die Konsequenzen gezogen und wäre so weit wie irgend möglich geflohen.
Doch das war nicht mehr möglich. Jetzt nicht mehr.
Aiden litt ebensolche Qualen wie sie.
Hanii, bitte antworte mir … ich … bitte … kann ich dich sehen?
Sachikos Herz stand in hellen Flammen. Ohne weiter darüber nachzudenken, antwortete sie dem Mann, der ihr Herz und ihre Seele berührte auf dieselbe Art und Weise.
Ich bin in einer halben Stunde in dem kleinen Park hinter der Schule …
Aidens Antwort kam
Weitere Kostenlose Bücher