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Saemtliche Dramen

Saemtliche Dramen

Titel: Saemtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Camus
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schon ein paar Beweise.
    SOPHIE
    Monsier Mélusin hat mir die besten Beweise der Welt geliefert.
    MONSIEUR VIGNE
    Und welche, meine liebe Tochter, genau betrachtet?
    SOPHIE
    Zunächst einmal hat er es mir gesagt und dabei zutiefst aufgewühlt ausgesehen.
    MONSIEUR VIGNE
    Das kann ich durchaus nicht als Beweis gelten lassen, liebe Tochter, denn das sind Gefühle, keine Taten. Dass dieser junge Mann Sie auserkoren hat, kann er nicht beweisen, indem er irgendwie dreinschaut.
    SOPHIE
    Er wartet nur auf Ihre Erlaubnis, lieber Vater, um sich für sein Leben mit mir zu verbinden.
    MONSIEUR VIGNE
    Meine Erlaubnis! Na, das ist mir ja ein schöner Verliebter! Weiß er denn nicht, dass er frei ist?
    SOPHIE
    Frei, lieber Vater, ist er ganz sicher, denn er hat nie etwas Unrechtes getan. Er fühlt sich aber nicht frei, ohne Ihre Zustimmung über mich zu verfügen.
    MONSIEUR VIGNE
    Also wirklich, liebe Tochter. Wie ich sehe, wissen Sie absolut nichts über unsere Lage, und ich muss Sie mit den Tatsachen vertraut machen und zugleich ein deutliches Licht auf diese Liebe werfen. – Dieser Monsieur Méli… also dieser junge Mann, liebe Tochter, hat er Sie zärtlich berührt?
    SOPHIE
    Ah! Vater!
    MONSIEUR VIGNE
    Sehen Sie. Dann hören Sie, mein Kind, was ich aus diesem Buch gelernt habe, nämlich dass es keine Liebe ohne zärtliche Berührungen gibt und dass man daher nur aus der Menge der Berührungen auf das Ausmaß der Liebe schließen kann. Je öfter Sie zärtlich berührt werden, desto weniger brauchen Sie an der Liebe zu zweifeln.
    SOPHIE
    Lieber Vater, mir ist schon klar, dass Zärtlichkeiten hier durchaus ihr Gewicht haben, und Sie können versichert sein, dass ich ihnen ihren Anteil zubillige. Gleichzeitig will mir scheinen, dass diese eigentlich erfreuliche Überlegung ein klein wenig übertrieben sein könnte.
    MONSIEUR VIGNE
    Das liegt daran, dass Sie noch nicht in der Wahrheit leben und es meine Aufgabe ist, Sie dorthin zu führen. Doch weiter. Dieser Monsieur Méla… kurz, hat dieser junge Mann Ihnen angeboten, sein Bett mit Ihnen zu teilen?
    SOPHIE
    Nein, lieber Vater, das hat er noch nicht getan. Doch wenn die Dinge so sind, wie Sie sagen, wird er es ganz sicher tun, denn ich glaube, dass er mich liebt.
    MONSIEUR VIGNE
    So lernen Sie, meine liebe Tochter, dass nicht Absichten zählen, sondern Taten. Er hat es nicht getan, woraus ich schließe, dass er Sie nicht liebt. Das ist logischer als die Annahme, dass er es unter dem letztlich nichtigen Vorwand tun werde, dass er Sie liebe.
    SOPHIE
    Ich staune sehr über Ihre Sprache, lieber Vater. Ich habe von dergleichen nichts in meinen Büchern gelesen, im Gegenteil, ich habe von einem einst berühmten Beispiel gehört, dem von Tristan und Isolde, deren Liebe nur groß war, weil sie sich lange aller Zärtlichkeiten enthalten haben.
    MONSIEUR VIGNE
    Bücher lügen eben, liebe Tochter. Bis zu diesem hier ist tatsächlich nie ein gutes oder wahres erschienen. Hätten Sie es nur gelesen, so wüssten Sie, dass Monsieur Mélo… kurz, dass dieser junge Mann erst dann behaupten kann, Sie zu lieben, wenn er mit Ihnen ein uneheliches Kind hat.
    SOPHIE
    Was sagen Sie da? Und warum das, wenn ich fragen darf?
    MONSIEUR VIGNE
    Weil das ein Engagement bedeutet, meine liebe Tochter, weil man nicht wirklich lieben kann, ohne engagiert zu sein, weil man nicht engagiert sein kann, ohne sich in eine schlimme Lage gebracht zu haben, weil es schließlich keinerlei Liebe ohne Verantwortung gibt und keine Verantwortung so schön und so liebreich ist, wie ein Kind mit Ihnen zu haben.
    SOPHIE
    Na, dann weiß ich jetzt Bescheid, lieber Vater, und eile sofort zu Monsieur Mélusin, um ihn in die Lage zu versetzen, mich ordentlich zu lieben.
    MONSIEUR VIGNE
    Wusste ich doch, liebe Tochter, dass Sie vernünftig sind. Es freut mich derart, in diesem Fall so viel Vernunft bei Ihnen zu sehen, dass ich Ihnen gern meinen Segen geben würde, wenn dieses Buch mich nicht von solch lächerlichem Aberglauben abgebracht hätte.
    ( MADAME VIGNE kommt mit einer Schweinshaxe herein.)
    MADAME VIGNE (zerstreut)
    Von welchem lächerlichen Aberglauben sind Sie abgebracht worden, Monsieur Vigne?
    MONSIEUR VIGNE
    Von der Religion, liebe Frau.
    MADAME VIGNE
    Aha, gut, gut. (Erschrickt) Wie, von der Religion, sagen Sie?
    MONSIEUR VIGNE
    Ja, liebe Frau, ich habe das Vergnügen, Ihnen mitzuteilen, dass wir bislang in Unwissenheit und Irrtum gelebt haben. Jetzt hingegen habe ich gelernt, was wahr ist, nämlich dass es keine

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