Saemtliche Dramen
ist mir von Nutzen, und (plötzlich erleuchtet) ich habe mich ihr gegenüber engagiert!
MONSIEUR NÉANT
Oh! Das Engagement ist gewiss etwas Unentbehrliches, aber dieses Buch zeigt Ihnen den Weg dazu auf, Ihr Engagement frei zu wählen, und Sie sollten sich nicht mit solchen Kleinigkeiten aufhalten.
MONSIEUR VIGNE
Das heißt, ich könnte … Ah! daran habe ich noch nie gedacht, ich habe also die Macht, wieder ganz und gar frei zu sein.
MONSIEUR NÉANT
Genau, mein Herr. – Und ich lehre zuallererst, frei zu sein. (Er hat die Haxe aufgegessen und wischt sich die Hände ab.)
Dies, Monsieur Vigne, hatte ich Ihnen heute zu sagen. Sie werden noch einige Wochen benötigen, um diese Weisheiten zu vertiefen. Jetzt sind Sie schon einmal mit einigen klaren und vernünftigen Prinzipien vertraut, die Ihnen erlauben, sich auf die Vollkommenheit zuzubewegen, Ihr Leben so zu führen, wie es gesund ist, und in das der anderen so einzugreifen, wie es Ihren Interessen dienlich ist. Mit einem Wort, ab heute gibt es nichts, was Ihnen unmöglich wäre.
MONSIEUR VIGNE
Ah, Monsieur Néant, mein Herz klopft wie mit zwanzig. Nur noch einige Wochen! Ich bin Ihnen ja so dankbar!
MONSIEUR NÉANT
Und Sie wissen noch nicht alles. Denken Sie nur daran, dass diese so leicht zu behaltenden Prinzipien Sie in den Stand versetzen, zum Beispiel die schönsten Bücher der Welt hervorzubringen, und zwar ganz egal zu welchem Thema.
MONSIEUR VIGNE
Wie? Ein großer Künstler werde ich dadurch auch noch?
MONSIEUR NÉANT
Daran gibt es keinen Zweifel. Sie brauchen nur einmal in diesem Buch zu lesen, schon können Sie hinterher ganz selbstverständlich Werke erschaffen, neben denen die mittelmäßigen Hervorbringungen eines Racine oder Molière unbedeutend wirken.
( MONSIEUR NÉANT geht hinaus. MONSIEUR VIGNE denkt sichtlich nach. Mienenspiel. Er geht ab. SOPHIE und MÉLUSIN kommen herein, einer den anderen ziehend.)
SOPHIE
Jetzt kommen Sie schon. Wollen Sie mich heiraten?
MONSIEUR MÉLUSIN
Muss ich Ihnen noch einmal beschwören, dass nie eine beständigere Seele …
SOPHIE
Schweigen Sie! Wenn das so ist, gebe ich Ihnen eine letzte Chance, trotz Ihrer schmählichen Flucht heute Morgen.
MONSIEUR MÉLUSIN
Ah! Ich wusste, ich werde wiedergeliebt.
SOPHIE
Halten Sie den Mund. Wenn Sie das wissen, dann sollten Sie auch wissen, wie wenig Sie es verdienen. Aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass Sie sofort mit meinem Vater reden müssen.
MONSIEUR MÉLUSIN
Schon wieder!
SOPHIE
Ja, und Sie müssen ihm sagen – halten Sie den Mund und hören Sie gut zu –, dass Sie, nachdem Sie mich ausgiebig zärtlich berührt und alles Nötige getan haben, um mich zur Empfängnis eines Kindes zu bringen, der Ansicht sind, jetzt Verantwortung zu tragen, und sich dafür entscheiden, sich hinreichend engagiert zu fühlen, um sich dazu zu entschließen, mich zu heiraten.
MONSIEUR MÉLUSIN
Sie sind von Sinnen, wollen Sie, dass Ihr Vater mich kurzerhand niederschlägt?
SOPHIE
Halten Sie den Mund. Außerdem werden Sie sagen, diese Heirat werde jedenfalls geschehen, mit oder ohne seine Zustimmung, aus dem Grund, weil Sie nämlich frei sind.
MONSIEUR MÉLUSIN
Aus dem Grund, weil ich frei bin? Wo haben Sie das nur her?
SOPHIE
Halten Sie den Mund, das ist Ihre letzte Chance. Entweder Sie tun es, oder ich heirate den Sohn des Vizebürgermeisters. Übrigens kommt da mein Vater schon. Ach so, und vor allem, pflichten Sie ihm in allem bei, was er sagt.
( MONSIEUR VIGNE kommt herein. Er denkt immer mehr nach.)
MONSIEUR MÉLUSIN
Ich bin Monsieur Mélusin.
MONSIEUR VIGNE
Nein, mein Herr.
MONSIEUR MÉLUSIN
Wie belieben?
MONSIEUR VIGNE
Nein, mein Herr, Sie sind nicht Monsieur Mélusin.
MONSIEUR MÉLUSIN
Verzeihen Sie, mein Herr, bei allem schuldigen Respekt, aber ich muss darauf bestehen, ich bin Monsieur Mélusin, wie schon mein Vater.
MONSIEUR VIGNE
Vater und Sohn sind hier keine relevanten Kategorien. Sie sind nicht Monsieur Mélusin, mehr habe ich nicht zu sagen, Sie werden es erst am Ende Ihres Lebens sein, und bis dahin muss Ihre vordringlichste Sorge darin bestehen, im Alter ein vollständiger und freier Monsieur Mélusin zu sein statt des blassen, formlosen und untertänigen Entwurfs, der Sie heute gewiss sind. Wie Sie sehen, hat Ihr Vater mit alldem nichts zu schaffen.
MONSIEUR MÉLUSIN
Sie haben gewiss recht, mein Herr, und ich werde mir Mühe geben, alles so zu tun, wie Sie es sagen.
MONSIEUR VIGNE
Gut so, mein Herr, und jetzt
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