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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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muß.
    Desdemona
.
    Ich fürchte nur – wie habt Ihr ihn verloren?
    Cassio
.
    Der große Kampf des Himmels und des Meers
    Trennt’ unsern Lauf – doch horch! es naht ein Schiff!
    Draußen: »Ein Schiff! Ein Schiff!«
    Man hört schießen.
    Zweiter Edelmann
.
    Der Zitadelle bringt es seinen Gruß;
    Auch dies sind Freunde.
    Cassio
.
    Geht, und schafft uns Nachricht!
    Der zweite Edelmann ab.
    Willkommen, Fähndrich; werte Frau, willkommen!
    Nicht reiz’ es Euern Unmut, guter Jago,
    Daß ich die Freiheit nahm; denn meine Heimat
    Erlaubt so kühnen Brauch der Höflichkeit.
    Er küßt Emilien.
    Jago
.
    Herr, gäben ihre Lippen Euch so viel,
    Als sie mir oft beschert mit ihrer Zunge,
    Ihr hättet g’nug.
    Desdemona
.
    Die Arme spricht ja kaum!
    Jago
.
    Ei, viel zu viel!
    Das merk’ ich immer, wenn ich schlafen möchte;
    Vor Euer Gnaden freilich, glaub’ ich’s wohl,
    Legt sie die Zung’ ein wenig in ihr Herz,
    Und keift nur in Gedanken.
    Emilia
.
    Wie du schwatzest! –
    Jago
.
    Geht, geht! Ihr seid Gemälde außerm Haus,
    Schellen im Zimmer, Drachen in der Küche;
    Verletzt ihr: Heil’ge; Teufel, kränkt man euch;
    Spielt mit dem Haushalt, haltet Haus im Bett.
    Desdemona
.
    O schäme dich, Verleumder!
    Jago
.
    Nein, das ist wahr! Nicht irr’ ich um ein Haar breit:
    Ihr steht zum Spiel auf, geht ins Bett zur Arbeit.
    Emilia
.
    Ihr sollt mein Lob nicht schreiben.
    Jago
.
    Will’s auch nicht.
    Desdemona
.
    Was schriebst du wohl von mir, sollt’st du mich loben?
    Jago
.
    O gnäd’ge Frau, nicht fordert so mich auf;
    Denn ich bin nichts, wenn ich nicht lästern darf.
    Desdemona
.
    So fang’ nur an! – Ging einer hin zum Hafen?
    Jago
.
    Ja, edle Frau.
    Desdemona
.
    Ich bin nicht fröhlich, doch verhüll’ ich gern
    Den innern Zustand durch erborgten Schein. –
    Nun sag, wie lobst du mich?
    Jago
.
    Ich sinne schon; doch leider, mein Erfinden
    Geht mir vom Kopf, wie Vogelleim vom Fries,
    Reißt Hirn und alles mit. Doch kreißt die Muse,
    Und wird also entbunden:
    Gelt’ ich für schön und klug – weiß von Gesicht und witzig –,
    Die Schönheit nützt den andern, durch Witz die Schönheit nütz’ ich.
    Desdemona
.
    Gut gelobt! Wenn sie nun aber braun und witzig ist? –
    Jago
.
    Nun: bin ich braun und sonst nur leidlich witzig,
    Find’ ich den weißen Freund, und was mir fehlt, besitz’ ich.
    Desdemona
.
    Schlimm und schlimmer! –
    Emilia
.
    Wenn aber eine hübsch weiß und rot und dumm ist?
    Jago
.
    Hat sie ein weiß Gesicht, so ist sie dumm mit nichten;
    Denn auf ein Kind weiß sich die Dümmste selbst zu richten.
    Desdemona
. Das sind abgeschmackte, alte Reime, um die Narren im Bierhause zum Lachen zu bringen. Was für ein erbärmliches Lob hast du denn für eine, die häßlich und dumm ist?
    Jago
.
    Kein Mädchen ist so dumm und häßlich auch zugleich,
    Trotz Hübschen und Gescheiten macht sie ’nen dummen Streich.
    Desdemona
. O grober Unverstand! Du preisest die Schlechtste am besten. Aber welches Lob bleibt dir für eine wirklich verdienstvolle Frau; für eine, die in dem Adel ihres Werts mit Recht den Ausspruch der Bosheit selbst herausfordern darf? –
    Jago
.
    Die immer schön, doch nicht dem Stolz vertraut,
    Von Zunge flink, doch niemals sprach zu laut;
    Nicht arm an Gold, nie bunten Schmuck sich gönnte,
    Den Wunsch erstickt und dennoch weiß: »ich könnte!«;
    Die selbst im Zorn, wenn Rache nah zur Hand,
    Die Kränkung trägt und ihren Groll verbannt;
    Die nie von Überwitz sich läßt berauschen,
    Für derben Salm den Gründling einzutauschen;
    Sie, die viel denkt, die Neigung doch verschweigt,
    Und keinen Blick dem Schwarm der Werber zeigt;
    Die nennt’ ich gut, – wär’ sie nur aufzutreiben, –
    Desdemona
.
    Nun sag, wozu?
    Jago
. Narr’n aufzuziehn und Dünnbier anzuschreiben.
    Desdemona
. O über solchen lahmen, hinkenden Schluß! – Lerne nichts von ihm, Emilie, wenn er gleich dein Mann ist! – Was meint Ihr, Cassio? Ist er nicht ein recht heilloser, ausgelaßner Schwätzer?
    Cassio
. Er redet derb, gnäd’ge Frau; der Soldat wird Euch besser an ihm gefallen als der Gelehrte.
    Jago
beiseit. Er faßt sie bei der Hand: so recht! Flüstert nur! Mit solchem kleinen Gewebe will ich eine so große Fliege umgarnen, als Cassio. – Ja, lächle du sie an! Nur zu! Deine eignen Scharrfüße sollen dir Beinschellen werden. – Ganz recht! In der Tat, so ist’s, – wenn solche Manieren dich um deine Leutnantschaft bringen, so wär’s besser gewesen, du hättest deine drei Finger nicht

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