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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Mord!
    Emilia
.
    Gott! Welch ein Schrei war das?
    Othello
.
    Das? Was?
    Emilia
.
    O heil’ger Gott! Die Stimme meiner Frau!
    Helft, helft, o helft! O Teure, sprecht noch einmal!
    O Desdemona! Süße Herrin, sprecht! –
    Desdemona
.
    Ich sterbe schuldlos.
    Emilia
.
    Oh! Wer hat die Tat vollbracht?
    Desdemona
.
    Niemand – ich selbst, – leb wohl!
    Empfiehl mich meinem güt’gen Herrn, – leb wohl! –
    Othello
.
    Wie wär’ sie denn ermordet?
    Emilia
.
    Gott! wer weiß es?
    Othello
.
    Du hört’st es von ihr selbst, ich tat es nicht.
    Emilia
.
    So sagte sie: so muß ich’s treu berichten.
    Othello
.
    Sie fuhr als Lügnerin zur Flammenhölle:
    Ich war ihr Mörder.
    Emilia
.
    So mehr Engel sie,
    Und du so schwärzrer Teufel!
    Othello
.
    Sie fiel der Sünd’ anheim und ward zur Hure.
    Emilia
.
    Nein, du belügst sie, und du bist ein Teufel!
    Othello
.
    Sie war wie Wasser falsch.
    Emilia
.
    Und du bist wild wie Feuer, wenn du sie
    Der Falschheit zeihst: oh, sie war himmlischtreu!
    Othello
.
    Cassio verführte sie: frag’ deinen Mann:
    Verdammt wär’ ich zum tiefsten Höllenabgrund,
    Wenn ich nicht vorschritt auf gerechtem Grund
    Zu diesem Äußersten; – dein Mann weiß alles.
    Emilia
.
    Mein Mann?
    Othello
.
    Dein Mann.
    Emilia
.
    Daß sie die Ehe brach? –
    Othello
.
    Ja doch, mit Cassio. Wär’ sie treu gewesen, –
    Und schuf mir eine zweite Welt der Himmel
    Aus einem fehllos reinen Chrysolith,
    Ich gab sie nicht dafür.
    Emilia
.
    Mein Mann! –
    Othello
.
    Jawohl, er war’s, der mich zuerst gewarnt:
    Er ist ein Ehrenmann und haßt den Schlamm
    Schandbarer Greueltat.
    Emilia
.
    Mein Mann?
    Othello
.
    Wozu die Wiederholung, Weib?
    Ich sage dir, dein Mann.
    Emilia
.
    O teure Frau, Bosheit treibt Spott mit Liebe!
    Mein Mann sagt, daß sie falsch ist?
    Othello
.
    Weib! er sagt’s,
    Dein Mann, dein Mann, verstehst du?
    Mein Freund, dein Mann, der wackre, wackre Jago.
    Emilia
.
    Sagt’ er’s, mag ihm die gift’ge Seele täglich
    Verfaulen um ’nen Gran! Er lügt als Schelm:
    Sie liebte nur zu sehr ihr kläglich Bündnis.
    Othello
.
    Ha!
    Emilia
.
    Tu’ dein Ärgstes;
    So wert ist diese deine Tat des Himmels
    Als ihrer du.
    Othello
.
    Am besten wohl, du schwiegst.
    Emilia
.
    Du hast nicht halb die Kraft, mir weh zu tun,
    Als ich’s zu tragen. Dummkopf! blöder Tor! –
    Hirnlos, wie Kot: die Tat, die du getan –
    Was kümmert mich dein Schwert? Ich mach’ es kund,
    Und gölt’ es zwanzig Leben. Helft, helft, helft!
    Der Mohr hat meine Frau erwürgt: Mord! Mord!
    Montano, Gratiano und Jago treten auf.
    Montano
.
    Was geht hier vor? Was gibt es, General?
    Emilia
.
    Oh, kommst du, Jago? – Ei, du machst es schön,
    Daß andre ihre Mordtat auf dich schieben.
    Gratiano
.
    Was geht hier vor?
    Emilia
.
    Straf’ diesen Bös’wicht Lügen, wenn du Mann bist:
    Er spricht: Du sagtest ihm, sein Weib sei falsch;
    Ich weiß, das tatst du nicht, du bist kein Schelm: –
    Sprich, denn mein Herz ist voll.
    Jago
.
    Ich sagt’ ihm, was ich dachte; sagt’ auch nichts,
    Als was er selbst glaubwürdig fand und wahr.
    Emilia
.
    So hast du je gesagt, sie sei nicht treu?
    Jago
.
    Ich tat’s.
    Emilia
.
    Das war ’ne Lüge; schnöde, höllische Lüge:
    Bei Gott, ’ne Lüge, recht verdammte Lüge!
    Sie falsch mit Cassio? Sagtest du, mit Cassio?
    Jago
.
    Mit Cassio, Weib: Still! Bänd’ge deine Zunge!
    Emilia
.
    Die Zunge bänd’gen? Reden will ich laut: –
    In ihrem Bett liegt meine Frau ermordet.
    Alle
.
    Oh, Gott verhüt’ es!
    Emilia
.
    Und dein Verhetzen stiftete den Mord.
    Othello
.
    Nein, starrt nicht so, ihr Herrn, ’s ist wirklich wahr.
    Gratiano
.
    Unsel’ge Wahrheit!
    Montano
.
    Ungeheure Tat! –
    Emilia
.
    O Büberei, verruchte Büberei! –
    Ich denke dran – ich denk’ – ich merk’s – o Büberei!
    Ich dacht’ es gleich – vor Gram möcht’ ich mich töten!
    O Büberei! –
    Jago
.
    Was, bist du toll? Geh gleich nach Haus, befehl’ ich!
    Emilia
.
    Ihr edlen Herrn! Vergönnt mir, daß ich rede:
    Ihm zu gehorchen ziemt mir, doch nicht jetzt.
    Vielleicht geh’ ich nie mehr nach Hause, Jago.
    Othello
blickt auf Desdemona.
    Oh, oh, oh, oh!
    Emilia
.
    Ja, wirf dich hin und brülle,
    Weil du gemordet hast die holdste Unschuld,
    Die je den Blick erhob!
    Othello
.
    Oh, sie war schlecht! –
    Ich sah Euch jetzt erst, Ohm: ja, diese Hand
    Hat wirklich Eure Nichte jetzt ermordet.
    Ich weiß, die Tat sieht greulich aus und schwarz.
    Gratiano
.
    Du armes Kind! – Gut, daß dein Vater starb;
    Dein

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