Sämtliche Dramen
Bewunderung ansehn können, wenn auch das Verzeichnis aller seiner Gaben neben ihm aufgestellt gewesen wäre und ich ihn so artikelweise durchgelesen hätte.
Philario
. Ihr sprecht von einer Zeit, da er noch weniger ausgestattet war, als er jetzt ist, mit allen den Gaben, die ihn geistig und leiblich so auszeichnen.
Franzose
. Ich sah ihn in Frankreich, und dort hatten wir viele, die mit ebenso festem Auge als er in die Sonne blicken konnten.
Jachimo
. Der Umstand, daß er seines Königs Tochter geheiratet hat (wobei er mehr nach ihrem als nach seinem eigenen Werte gewogen werden muß), ist gewiß ein Hauptgrund, daß man ihn weit über die Wahrheit hinaus preist.
Franzose
. Und dann seine Verbannung: –
Jachimo
. Ja, und die Billigung derer, die diese klägliche Scheidung beweinen und der Fürstin zugetan sind; alle diese erheben ihn wunderbar über sein Maß; geschähe es auch nur, um der Prinzessin Urteilmehr zu befestigen, welches außerdem ein schwaches Geschütz niederschmettern würde, wenn sie einen Bettler genommen hätte, den nicht die höchsten Gaben schmückten. Aber wie kommt es, daß er bei Euch wohnen wird? Woher schreibt sich diese Bekanntschaft?
Philario
. Sein Vater und ich waren Kriegskameraden, und ich hatte diesem oft nichts Geringeres als mein Leben zu danken.
Posthumus tritt auf.
Hier kommt der Brite: laßt seine Aufnahme unter euch so sein, wie sie Männern von eurem Verstand gegen einen Fremden von seinen Verdiensten ziemt! – Ich bitte euch alle, macht euch näher mit diesem Herrn bekannt, den ich euch als meinen edlen Freund empfehle: seine Vortrefflichkeit möge sich in Zukunft lieber selbst kund geben, als von mir vor seinem Ohr gepriesen werden.
Franzose
. Herr, wir kannten uns in Orleans.
Posthumus
. Seitdem war ich Euer Schuldner für Artigkeiten, an denen ich stets abzuzahlen haben und doch in Eurer Schuld bleiben werde.
Franzose
. Herr, Ihr überschätzt meine geringen Freundschaftsdienste: es war mir lieb, daß ich Euch und meinen Landsmann versöhnen konnte; es wäre schade gewesen, wäret Ihr mit so tödlichen Vorsätzen zusammen gekommen, wie ihr sie damals beide hattet, und wegen einer Sache von so leichter, unbedeutender Art.
Posthumus
. Verzeiht mir, ich war damals ein junger Reisender; etwas störrisch, dem, was ich hörte, beizustimmen, und wenig geneigt, mich in jeglicher Handlung durch die Erfahrung anderer leiten zu lassen; aber auch nach meinem reiferen Urteil (wenn ich nicht prahle, es reifer zu nennen) war mein Zwist von damals doch nicht so ganz unbedeutend.
Franzose
. Wahrhaftig doch zu unbedeutend, um der Entscheidung der Waffen unterworfen zu werden; und von zwei solchen Männern, wo, höchst wahrscheinlich, einer vom andern vernichtet oder beide gefallen wären.
Jachimo
. Darf man, ohne Unbescheidenheit, fragen, was der Streit war?
Franzose
. Warum nicht? Es wurde öffentlich verhandelt, und mag drum ohne Anstoß wieder erzählt werden. Es betraf einen Punkt, dem ähnlich, über den wir gestern abend stritten, wo jeder von uns sich im Lob der Damen seines Landes ergoß; dieser Herr beteuerte damals (und zwar auf die Gewähr, es mit seinem Blute zu beweisen), die seinige sei schöner, tugendhafter, weiser, keuscher, standhafter und unverführbarer als irgendeine unsrer auserlesensten Damen in Frankreich.
Jachimo
. Diese Dame lebt nicht mehr; oder der Glaube dieses Herrn ist, was den Punkt betrifft, schwächer geworden.
Posthumus
. Sie behauptet noch ihre Tugend, und ich meine Meinung.
Jachimo
. Ihr dürft sie nicht so sehr über unsere Italienerinnen erheben.
Posthumus
. Wenn ich so gereizt würde, wie damals in Frankreich, so würde ich sie ebenso wenig beeinträchtigen lassen; obwohl ich mich ihren Anbeter nenne, nicht ihren Geliebten.
Jachimo
. Ebenso schön als gut (fast eine zu verschwisterte Vergleichung), wäre etwas zu schön und zu gut für irgendeine Dame in Britannien gewesen. Wenn sie andre, die ich gekannt habe, so sehr übertrifft, wie dieser Euer Diamant manchen, den ich sah, übertrahlt, so muß ich wohl glauben, daß sie unter vielen die vorzüglichste ist; doch unter allen Kleinodien, die es gibt, sah ich wohl nicht das köstlichste, noch Ihr die edelste unter den Weibern.
Posthumus
. Ich pries sie, wie ich sie schätze: und so auch meinen Stein.
Jachimo
. Wie hoch haltet Ihr ihn?
Posthumus
. Höher als alles, dessen die Welt sich rühmt.
Jachimo
. Entweder ist Eure unvergleichliche Geliebte tot, oder sie wird von einer
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