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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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raucht: wo Luft ausströmt, zieht auch Luft ein, und keine äußere Luft ist so gesund, als die Ihr ausströmt.
    Cloten
. Wenn mein Hemd blutig wäre, dann sollt’s gewechselt – Hab’ ich ihn verwundet?
    Zweiter Edelmann
für sich. Nein, wahrhaftig; nicht einmal seine Geduld.
    Erster Edelmann
. Ihn verwundet? Sein Körper ist ein durchdringliches Beingerippe, wenn er nicht verwundet ist – er ist eine Durchfahrt für Stahl, wenn er nicht verwundet ist.
    Zweiter Edelmann
für sich. Sein Degen hatte Schulden, und versteckte sich hinterwärts.
    Cloten
. Der Schurke wollte mir nicht stehn.
    Zweiter Edelmann
für sich. Nein, er floh immer vorwärts, auf dein Gesicht zu.
    Erster Edelmann
. Euch stehn! Ihr habt selbst schon Land genug, aber er vergrößerte Euern Besitz: er gab Euch noch etwas Boden zu.
    Zweiter Edelmann
für sich. Ja, so viel Zoll, als du Weltmeere hast; ihr Laffen!
    Cloten
. Ich wollte, sie wären nicht zwischen uns gekommen.
    Zweiter Edelmann
für sich. Das wollte ich auch, bis du gemessen hättest, wie lang ein Narr ist, wenn er auf der Erde liegt.
    Cloten
. Und daß sie diesen Kerl lieben muß, und mich abweisen!
    Zweiter Edelmann
für sich. Wenn es Sünde ist, eine richtige Wahl zu treffen, so ist sie verdammt.
    Erster Edelmann
. Prinz, ich sagte es Euch immer, ihre Schönheit und ihr Verstand halten nicht gleichen Schritt; sie ist ein treffliches Gemälde, aber ich habe wenige Reflexe ihres Geistes gesehen.
    Zweiter Edelmann
für sich. Sie scheint nicht auf Narren, der Reflex möchte ihr schaden.
    Cloten
. Kommt auf mein Zimmer; ich wollte, es wäre irgendein Unglück geschehen.
    Zweiter Edelmann
für sich. Das wollte ich nicht; es wäre denn der Fall eines Esels, was kein großes Unglück ist.
    Cloten
. Wollt Ihr mit uns gehn?
    Erster Edelmann
. Ich folge Euch, gnädiger Herr.
    Cloten
. Nein, kommt, gehn wir zusammen!
    Zweiter Edelmann
. Wohl, mein Prinz.
    Alle ab.
    ¶

Vierte Szene
    Zimmer im Palast.
    Imogen und Pisanio treten auf.
    Imogen
.
    Ich wollt’, am Hafen ständ’st du eingewurzelt
    Und fragtest jedes Schiff. Wenn er mir schriebe,
    Und ich bekäm’s nicht, solch ein Brief verloren
    Ist wie Verlust des Heils. Was war das Letzte,
    Was er sprach?
    Pisanio
.
    Es war: »O meine Königin!«
    Imogen
.
    Dann winkt’ er mit dem Tuch?
    Pisanio
.
    Und küßt’ es, Fürstin.
    Imogen
.
    Fühllose Leinwand, glücklicher als ich! –
    Und das war alles?
    Pisanio
.
    Nein, Prinzessin; denn
    Solang’ er’s machen konnte, daß ihn Auge
    Und Ohr von andern unterschied, blieb er
    Auf dem Verdeck, mit Handschuh, Tuch und Hut
    Stets winkend, wie der Sturm und Drang der Seele
    Ausdrücken konnt’ am besten, wie so langsam
    Sein Herz von hinnen zieh’, wie schnell sein Schiff.
    Imogen
.
    Er mußte klein wie eine Kräh’ dir werden,
    Und kleiner, eh’ du aufgabst, nachzuschaun.
    Pisanio
.
    Das tat ich, gnäd’ge Frau.
    Imogen
.
    Zerrissen hätt’ ich mir die Augennerven,
    Nur um nach ihm zu sehn, bis die Verklein’rung
    Des Raums ihn zugespitzt wie meine Nadel.
    Ihm schaut’ ich nach, bis er verschmolzen wäre
    Von Kleinheit einer Mück’ in Luft; und dann
    Hätt’ ich mich abgewendet und geweint. –
    Pisanio, sprich, wann hören wir von ihm?
    Pisanio
.
    Gewiß mit nächster Schiffsgelegenheit.
    Imogen
.
    Wir nahmen Abschied nicht, und noch viel Liebes
    Wollt’ ich ihm sagen – zu erzählen wünscht’ ich,
    Wie ich sein dächt’ in der und jener Stunde,
    Gedenken dies und das; und schwören sollt’ er,
    Italiens Liebchen möchten nicht verlocken
    Mein Recht und seine Her’; ich wollt’ ihn nöt’gen,
    Um sechs Uhr morgens, Mitternacht und Mittag
    Mir betend zu begegnen, weil ich dann
    Für ihn im Himmel bin; ich wollt’ ihm geben
    Den Abschiedskuß, den in zwei Zauberworte
    Ich eingefaßt: da tritt mein Vater ein,
    Und wie der grimme Hauch des Nordens schüttelt
    Er unsre Knospen ab, eh’ sie erblüht.
    Eine Hofdame tritt auf.
    Hofdame
.
    Die Kön’gin wünscht Eu’r Hoheit Gegenwart.
    Imogen
.
    Was ich dir aufgetragen, das besorge! –
    Der Kön’gin wart’ ich auf.
    Pisanio
.
    Wie Ihr befehlt.
    Alle ab.
    ¶

Fünfte Szene
    Rom, in Philarios Hause.
    Es treten auf Philario, Jachimo, ein Franzose, ein Holländer und ein Spanier.
    Jachimo
. Glaubt mir, Herr, ich kannte ihn in Britannien: sein Ansehn war damals im Wachsen, und man erwartete die Vortrefflichkeit von ihm, die ihm später auch dem Namen nach zugestanden wurde; aber ich hätte ihn damals ohne die Nachhülfe der

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