Sämtliche Dramen
auf dreibein’gem Stuhl ich sitz’, erzählend
Von Kriegertat, durch mich vollbracht, fliegt seine
Begeist’rung in mein Reden; – sprech’ ich:
»So fiel mein Feind, so setzt’ ich meinen Fuß
Auf seinen Nacken!« – alsbald steigt dann
Sein Fürstenblut ihm in die Wang’, er schwitzt
Und spannt die jungen Muskeln in der Stellung,
Die meine Schild’rung malt. Der jüngre, Cadwal
(Arviragus sonst), gleich heftig in Gebärden,
Leiht Leben meinem Wort, mehr selbst erregt
Als hörend. – Horch! Das Wild ist aufgescheucht! –
O Cymbeline! Gott weiß und mein Gewissen,
Wie ungerecht du mich verbanntest: damals
Stahl ich, zwei und drei Jahr alt, diese Kinder;
Nachkommen wollt’ ich dir entziehn, wie du
Die Güter mir geraubt. Du säugtest sie,
Euriphile, du galt’st als Mutter ihnen,
Und täglich ehren sie dein Grab; mich selbst,
Bellarius (Morgan jetzt geheißen), halten
Für ihren Vater sie. – Die Jagd beginnt.
Er geht ab.
¶
Vierte Szene
In der Nähe von Milford Hafen.
Imogen und Pisanio treten auf.
Imogen
.
Als wir vom Pferde stiegen, sagtest du,
Wir wären gleich zur Stelle. – Niemals sehnte
Sich meine Mutter so nach mir, als ich jetzt. –
Pisanio! Mann! Wo ist nun Posthumus?
Was ist dir im Gemüt, daß du so starrst?
Warum aus deiner innern Brust dies Ächzen?
Ein Mensch, so nur gemalt, ihn kennte jeder
Als Bildnis des Entsetzens, spräch’ er nichts:
Zeig’ dich in minder schrecklicher Gestalt,
Eh’ Wahnwitz meinen festern Sinn bewältigt!
Was gibt es? Warum reichst du mir dies Blatt,
Mit diesem wilden Blick? Ist’s Frühlingskunde,
So lächle erst: ist’s winterlich, so paßt
Die Miene gut dazu. – Des Gatten Hand!
Italiens Gifthauch hat ihn angesteckt,
Er ist in schwerer Drangsal. – Sprich! Dein Mund
Mildert vielleicht den Greuel, der gelesen
Mir tödlich werden kann.
Pisanio
.
Ich bitte, lest;
Dann seht Ihr, daß mich armen Mann das Schicksal
Ins tiefste Elend stürzte.
Imogen
liest. »Deine Gebieterin, Pisanio, hat als Metze mein Bett entehrt: die Beweise davon liegen blutend in mir. Ich spreche nicht aus schwacher Voraussetzung, sondern aus einem Zeugnis, so stark wie mein Gram, und so gewiß, wie ich Rache erwarte. Diese Rolle, Pisanio, mußt du an meiner Statt spielen, wenn deine Treue nicht durch den Bruch der ihrigen befleckt ist. Mit eigner Hand nimm ihr das Leben: ich verschaffe dir Gelegenheit dazu bei Milford Hafen. Sie bekommt deshalb einen Brief von mir; wenn du dich fürchtest, sie zu töten, und mir nicht gewisse Nachricht davon gibst, so bist du der Kuppler ihrer Schmach, und im Verrat gegen mich verbunden.«
Pisanio
.
Was brauch’ ich noch mein Schwert zu ziehn? Der Brief
Durchstach ihr schon das Herz. – Nein, ’s ist Verleumdung,
Sie schneidet schärfer als das Schwert; ihr Mund
Vergiftet mehr als alles Nilgewürm:
Ihr Wort fährt auf dem Sturmwind und belügt
Jedweden Erdstrich: Kaiser, Königinnen,
Fürsten, Matronen, Jungfrau’n, ja in Grabes
Geheimnis wühlt das Natterngift Verleumdung. –
Wie ist Euch, Fürstin?
Imogen
.
Falsch seinem Bett? Was heißt das, falsch ihm sein?
Wachend drin liegen, und an ihn nur denken?
Weinend von Stund’ zu Stund’? Erliegt Natur
Dem Schlaf, auffahren mit furchtbarem Traum
Von ihm; erwachen gleich in Schreckenstränen?
Heißt das nun falsch sein seinem Bette? Heißt es?
Pisanio
.
Ach, gute Fürstin!
Imogen
.
Ich falsch! Ha, eigne Schuld nur: – Jachimo,
Als du der Unenthaltsamkeit ihn zeihtest,
Da glichst du einem Schuft; doch scheint mir jetzt
Dein Aussehn leidlich gut. – ’ne röm’sche Elster,
Die Tochter ihrer Schmink’, hat ihn verführt:
Ich Ärmste bin unschmuck, ein Kleid nicht modisch;
Und weil zu reich ich bin, im Schrank zu hängen,
Muß ich zerschnitten sein: – in Stücke mit mir! – Oh!
Der Männer Schwüre sind der Frau’n Verräter!
Durch deinen Abfall, o Gemahl, gilt selbst
Der beste Schein für Bosheit; heimisch nicht
Da, wo er glänzt, nur angelegt als Köder
Für Frau’n.
Pisanio
.
Oh, hört mich, teuerste Prinzessin!
Imogen
.
Des bravsten Manns Erzählung galt für falsch
In jener Zeit, weil falsch Äneas war;
Die frommsten Tränen schmähte Sinons Weinen,
Das wahrste Elend fand Erbarmen nicht:
So wirst du, Posthumus,
Vergiften alle Männer schöner Bildung!
Edel und ritterlich scheint falsch, meineidig,
Seit deinem großen Fall. – Komm, sei du redlich,
Tu’ deines Herrn Geheiß: wenn du ihn
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