Sämtliche Dramen
siehst,
Meinen Gehorsam rühm’ ein wenig! Sieh!
Ich ziehe selbst das Schwert: nimm es, und triff
Der Liebe schuldlos Wohnhaus, dieses Herz!
Nicht zage: alles wich dort, Gram nur blieb:
Dein Herr wohnt nicht mehr dort; sonst war er freilich
Sein einz’ger Schatz; tu’ sein Gebot: stoß’ zu! –
Du bist vielleicht bei besserm Anlaß tapfer,
Jetzt bist du feige nur.
Pisanio
.
Fort, schändlich Werkzeug!
Nicht werde meine Hand durch dich verflucht!
Imogen
.
Nun, sterben muß ich. Tut’s nicht deine Hand,
So bist du nicht ein Diener deines Herrn;
Selbstmord verbeut so göttlich hehre Satzung,
Daß meine schwache Hand erbebt. Hier ist
Mein Herz: was find’ ich? – Still! Nein, keine Schutzwehr. –
Gehorsam, wie die Scheide. – Was ist hier?
Die Schriften des rechtgläub’gen Leonatus
All’ Ketzerei geworden? Fort mit euch,
Verfälscher meines Glaubens! Nicht mehr sollt ihr
Mein Herz umgürten! So traut falschen Lehrern
Manch armes Kind. Fühlen Betrogne auch
Den Stachel des Verrats, lebt der Verräter
Doch für noch schlimmres Weh.
Und Posthumus, der du zum Ungehorsam
Mich gegen meinen Vater hast verleitet,
Daß manch Gesuch von fürstlichen Bewerbern
Ich höhnisch abwies, – dies erkennst du einst
Als eine Tat nicht von gemeiner Art,
Nein, hoher Seltenheit; und es betrübt mich,
Zu denken, wenn du ihrer satt nun bist,
Die deine Gier jetzt nährt, wie dein Gedächtnis
Durch mich dann wird gequält sein. – Bitt’ dich, schnell!
Das Lamm ermutiget den Schlächter. Wo
Hast du dein Messer? Allzu träge bist du
Des Herrn Geheiß, zumal wenn ich’s begehre.
Pisanio
.
Oh, gnäd’ge Frau, seit ich Befehl empfing,
Die Tat zu tun, schloß ich kein Auge mehr.
Imogen
.
So tu’s, und dann zu Bett!
Pisanio
.
Eh’ soll vor Wachen
Die Sehkraft mir erblinden!
Imogen
.
Warum denn
Gingst du es ein? Und maßest so viel Meilen
Unnütz, mit diesem Vorwand? Kamst hieher?
Wozu dies Tun von dir und mir? Ermüdung
Der Rosse? Zeit, dir günstig? Angst am Hofe
Um meine Flucht? Wohin ich nie zurück
Zu kehren denke. Was gingst du so weit,
Und zielst jetzt nicht, da du den Stand genommen,
Auf das von dir erlesne Wild?
Pisanio
.
Zeit wollt’ ich
Gewinnen und dies böse Amt verlieren:
Indes ersann ich einen Plan; Prinzessin,
Hört mich geduldig!
Imogen
.
Rede! Sprich dich müde:
Ich hört’, ich sei ’ne Metze; nach dem Schlag,
Dem lügenhaften, gibt’s nicht größre Wunde;
Sie traf so tief, daß ich sie nicht ergründe.
Sprich!
Pisanio
.
Nun, ich dacht’, Ihr ginget nicht zurück.
Imogen
.
Natürlich, denn du brachtest mich hieher,
Um mich zu töten.
Pisanio
.
Nein, gewiß, auch das nicht:
Wär’ ich so klug als ehrlich, führte wohl
Zum Glück mein Vorschlag; ’s kann nicht anders sein,
Mein Herr ist schändlich hintergangen worden:
Ein Schelm, ja, und ein Meister seiner Kunst,
Tat an euch beiden dies verdammte Werk.
Imogen
.
’ne röm’sche Buhlin.
Pisanio
.
Nein, bei meinem Leben!
Ich geb’ ihm Nachricht, Ihr seid tot, und send’ ihm
Davon ein blutig Zeichen; denn befohlen
Ward mir auch dies; am Hof vermißt man Euch,
Und dadurch scheint’s gewiß.
Imogen
.
Doch was, du Treuer,
Tu’ ich indes? Wo berg’ ich mich? Wie leb’ ich?
Und was für Trost im Leben, bin ich tot
Für meinen Mann?
Pisanio
.
Wollt Ihr zurück zum Hof –
Imogen
.
Kein Hof, kein Vater, und nicht längre Qual
Mit jenem rohen, tör’gen, stolzen Nichts,
Dem Cloten, dessen Liebeswerben furchtbar
Mir wie Belag’rung war.
Pisanio
.
Wenn nicht am Hof,
So bleibt auch in Britannien nicht!
Imogen
.
Wo denn? –
Hat nur Britannien Sonne? Tag und Nacht,
Sind sie nur hier? Im großen All der Welt
Scheint abseits nur Britanniens Nebenwerk;
Im großen Teich ein Schwanennest; auch außer
Britannien leben Menschen.
Pisanio
.
Mich erfreut’s,
Daß Ihr auf andre Örter denkt. Der Römer
Lucius, der Abgesandte, kommt nach Milford
Schon morgen: könnt Ihr Euren Sinn verdunkeln,
Wie Euer Glück ist, wollt Ihr das verbergen,
Was, wenn’s erschiene, immer nur Gefahr
Euch bringen würde, – steht ein Pfad Euch offen,
Recht wegsam und voll Aussicht: ja, vielleicht
Führt er zu Posthumus – so nah ihm mind’stens,
Daß, wenn Ihr auch sein Tun nicht sehen könnt, doch
Der Ruf es stündlich Euerm Ohr erzählt,
Der Wahrheit treu.
Imogen
.
Oh, nenne mir dies Mittel!
Verletzt es Sittsamkeit nur nicht zum Tode,
So wag’ ich’s
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