Sämtliche Dramen
gethan!
Ich aber lieb’ ihn, brünstig, ohne maßen,
Zum Wahnsinn, und ich hab’s ihm auch gesagt.
Es ist mir alles gleich, ich bin verzweifelt!
Wenn das Gesetz mich faßt und mich verdammt,
So werden mitleidherz’ge Jungfrau’n mir
Ein Grablied singen und im Tode noch
Als Märtyrin mich preisen.
Dorthin ging er,
Das ist auch mein Weg. Sicher wird er nicht.
So schmachvoll handeln und mich sitzen lassen.
Wenn er das thäte, würde nie ein Mädchen
Den Männern mehr vertrau’n! – Und doch – er hat
Für das, was ich gethan, mir nicht gedankt,
Mich nicht einmal geküßt. Das war nicht recht!
Kaum daß ich ihn zur Flucht bewegen konnte;
Er fürchtete für mich und meinen Vater
Die schlimmsten Folgen. – Aber mit der Zeit,
So hoff’ ich, wird er mich ja doch noch lieben.
Wenn er nur sanft und freundlich mit mir ist,
So ist’s schon gut, dann thu’ er, was er will.
Doch ist er das nicht, sag’ ich ins Gesicht ihm,
Daß er kein guter und gerechter Mann!
Nun muß ich ein’ges noch für ihn besorgen
Und meine Kleider packen. – Wo er weilt,
Da will ich bei ihm sein, und wie sein Schatten
Ihn nicht verlassen. – Nur ein Stündchen noch,
So schallt der Wache Nachtruf durchs Gefängniß,
Dann küss’ ich den, den ihr zu hüten glaubt.
Leb’ wohl, mein Vater! Wenn du solcher Töchter
Und solcher Staatsgefangnen viele hättest,
Du würdest bald allein sein. Jetzt zu ihm!
(Ab.)
(Der Vorhang fällt.)
¶
DRITTER AUFZUG
Erste Szene
(Ein Wald nahe bei Athen.)
Arcites tritt auf.
Arcites
.
Der Herzog sucht Hippolyta. Sie ritt
Nach andrer Richtung. – Heute feiert man
Das Fest des Blumenmonds im grünen Walde
Hier bei Athen. – Emilia, Königin,
Du, frischer als der Mai, viel schöner du
Als seine goldnen Knösplein an den Zweigen,
Als all der Gärten und der Wiesen Zier,
Was ist die Nymphe, die des Baches Ufer
Mit Blumen schmückt, was ist sie gegen dich?
Du bist des Waldes, bist der Welt Juwel,
Und heiligst jeden Ort, an dem du weilst.
O, daß du manchmal meiner doch gedächtest,
Und unsere Gedanken so sich träfen!
Dreimal gesegnet nenn’ ich mein Geschick,
Das solche edle Herrin mir beschieden.
Sag’ mir, Fortuna, – du, die nächst Emilia
Gebietest über mich, was darf ich hoffen?
Gewogen scheint sie mir, hält mich um sich
Und hat mir heut an diesem schönen Morgen,
Dem lieblichsten des Jahrs, zwei prächt’ge Pferde,
Die selbst gekrönte Könige zu tragen
Zu schlecht nicht wären, zum Geschenk gemacht. –
Palämon, armer Vetter, dich Gefangnen
Bedaur’ ich! Ach! So wenig ahnest du,
Wie glücklich ich jetzt bin, daß du dich selbst
Für den Beglückten hältst, weil du Emilien
Dich näher glaubst; doch wenn dir jemand sagte,
Daß der Geliebten Athem mich umweht,
Mein Ohr sie hört, in ihrem Blick ich lebe,
O, Vetter, dich verzehrte Eifersucht!
(Palämon tritt aus einem Gebüsch heraus, noch mit den Fesseln beladen; er hebt gegen Arcites die Faust auf.)
Palämon
.
Verrätherischer Vetter! Hinderten
Nicht diese Zeichen der Gefangenschaft
Den Arm mir, hätt’ ein Schwert ich in der Hand,
So wollt’ ich meinen Zorn dich fühlen lassen,
Bekennen solltest du dich als Verräther
Vor mir und meiner Liebe Richterstuhl!
Treuloser mit des Edelmanns Mienen,
Ehrloser, der der Ehre Zeichen trägt,
Heimtück’scher Vetter, der sein Blut verleugnet –
Du nennst sie dein? Beweisen will ich dir’s,
Gefesselt wie ich bin, mit diesen Händen,
Wie ich da steh’, daß du ein Lügner bist,
Ein Liebesdieb, ein unverschämter Prahler,
Der selbst den Namen Schurke nicht verdient!
Hätt’ ich ein Schwert und wär’ der Fesseln ledig –
Arcites
.
Palämon, lieber Vetter! –
Palämon
.
Gib mir Antwort,
Wie’s einem Mann geziemt! –
Arcites
.
Ich finde nichts
In meiner Brust, dein Drohen zu erwidern!
Hör’ mich mit Ruhe an: Die Leidenschaft
Führt irre dich, sie ist dein eigner Feind
Und darum auch der meine. Ehr’ und Treue
Sind heilig mir, wie sehr du mir sie auch
Absprechen willst! Mit ihnen, guter Vetter,
Bring’ ich in Einklang alles, was ich that;
Ein Ebenbürt’ger steht dir gegenüber!
Fügt’ ich dir Unrecht zu, so sag’ es mir
In würd’ger Weise, – und mit Wort und Schwert
Werd’ ich als Edelmann dir Rede stehn!
Palämon
.
Das wagtest du, Arcit?
Arcites
.
Ei, ei, Palämon!
Ich denke doch, du wüßtest, was ich wage,
Mein Schwert kennt keine Furcht! Wahrhaftig, niemand
Bezweifelt meine Tapferkeit
Weitere Kostenlose Bücher