Sämtliche Dramen
ist belebt! Seht, ihre Augenlider,
Die Einfassung der himmlischen Juwelen,
Die Perikles verlor, zerteilen schon
Die Säume hellen Golds; die Diamanten
Vom allerreinsten Wasser zeigen sich,
Kostbar die Welt zu machen; leb’ und laß uns weinen
Dein Schicksal, schönes Bild, von dir zu hören.
Sie bewegt sich.
Thaisa
.
Diana! Wo bin ich? Wo mein Gemahl?
Und welche Welt?
Zweiter Edelmann
.
Ist das nicht seltsam?
Erster Edelmann
.
Wunder!
Cerimon
.
Still, liebe Nachbarn, leiht mir eure Hand,
Tragt sie ins nächste Zimmer, Leinen schafft!
Viel Sorg’ erfordert’s jetzt; denn tödlich wäre
Ein Rückfall. Kommt, und Äskulap sei gnädig!
Sie tragen sie fort, und alle gehn ab.
¶
Vierte Szene
Tharsus. Ein Zimmer in Cleons Haus.
Perikles, Cleon, Dionysa.
Perikles
.
Geehrter Cleon, durchaus muß ich gehn,
Entfloh’n sind die zwölf Monden, Tyrus steht
Im zweifelhaften Frieden; nehmt den Dank
Des Herzens, Ihr samt der Gemahlin, und
Die Götter mögen alles Euch vergelten.
Cleon
.
Wie tödlich Euch des Glücks Erschüttern jagt,
So wirft es wunderbaren Glanz auf uns.
Dionysa
.
Die holde Königin! Der strengen Mächte!
Daß uns ihr Anblick nicht besel’gen sollte!
Perikles
.
Wir müssen uns wohl unserm Schicksal fügen,
Und tobt’ und brüllt’ ich, wie die See, die sie begräbt,
So bleibt es, wie es ist. Mein holdes Kind, Marina,
(Weil sie zur See geboren, so genannt)
Vertrau’ ich Eurer Liebe, lasse sie
Als Eure Sorge hier, und bitt’ Euch, fürstlich
Sie zu erzieh’n, daß Sitte und Geburt
Sich gleichen.
Cleon
.
Sorgt, mein König, nicht, Ihr habt
Mit Eurem Korne dieses Land gespeis’t,
Wofür das Volk Euch täglich Segen ruft:
Dies wird in Eurem Kind vergolten; wär’ ich
So schlecht, es zu versäumen, zwänge mich
Das Land, das Ihr erlöst, zu meiner Pflicht;
Doch, wenn ich dazu irgend Sporn bedarf,
Räch’ es an mir der Himmel an den Meinen,
Bis zur Vertilgung des Geschlechts.
Perikles
.
Ich glaub’Euch!
Mich sichern Eure Her’ und Eure Güte
Auch ohne Schwur. Bis sie vermählt ist, bei
Der glänzenden Diana, die wir ehren,
Bleibt diese meine Erbin hier geschwisterlos,
Scheint dies auch Eigensinn. So nehm’ ich Abschied;
Macht, edle Frau, mich in der Sorgfalt glücklich,
Im Auferzieh’n des Kind’s.
Dionysa
.
Ich hab’ ein Kind,
Das soll nicht teurer meinem Herzen sein
Als dies, mein König!
Perikles
.
Dank Euch und Gebet.
Cleon
.
Zum Saum des Meers geleiten wir Eu’r Gnaden,
Um Euch zu übergeben dem verlarvten
Neptun und allen günst’gen Himmelswinden.
Perikles
.
Ich nehm’ es an; so kommt, Ihr edle Frau –
Nein, keine Tränen, o Lychorida,
Für deine kleine Herrin sorge, der
Du künftig unterworfen bist. – So kommt.
Alle gehn ab.
¶
Fünfte Szene
Ein Zimmer in Cerimons Haus.
Cerimom, Thaisa.
Cerimon
.
Der Brief hier, edle Frau, und manch Juwel
Lag bei Euch in dem Schrein, es ist das Eure.
Kennt Ihr die Hand?
Thaisa
.
Von dem Gemahl.
Daß ich ward eingeschifft, erinnr’ ich mich,
Auch meiner Weh’n, doch ob ich ward entbunden,
Das, bei den hohen Göttern, weiß ich nicht;
Doch, da ich niemals wieder seh’ den mir
Vermählten König Perikles, will ich
Gehn in Vestalentracht, mich nie mehr freu’n.
Cerimon
.
Wenn Ihr ausführen wollt, was Ihr gesagt,
Es ist hier nahe bei Dianens Tempel,
Da mögt Ihr bis zum letzten Tage wohnen,
Und wenn’s Euch so gefällt, soll meine Nichte
Euch dort bedienen.
Thaisa
.
Nur Dank statt Lohn, das muß genügend sein;
Mein guter Will’ ist groß, die Gabe klein.
Gehn alle ab.
¶
VIERTER AUFZUG
Erste Szene
Gower tritt herein.
Gower
.
Denkt euch zu Tyrus nach Wunsch und Verlangen
Als Herrn begrüßt Perikles und empfangen,
Die Königin bleibt zu Ephesus in Leid,
Und hat sich dort Dianen still geweiht. –
Nun zu Marina kehrt geschwind,
Die die schnell geh’nde Szene find’t
Zu Tharsus, wo die Meister ihr
In Schrift, Musik, in aller Zier
Gibt Cleon; jedermann verehrt
Geschick und Kunst und ihren Wert.
Doch, weh, das Ungeheuer Neid,
Das oft Verderben zubereit’t
Verdientem Ruhm, will drum erheben
Die Hand gegen Marinas Leben.
Denn so hat Cleon gleicher Art
’ne Tochter, die erwachsen ward,
Zur Ehe reif, das Mägdlein hieß
Philoten, es sagt für gewiß
Des Dichters Buch, daß sie allein
Wollt’ immer um Marina sein;
Sei’s, daß sie Seide stickt’ mit Fleiß,
Mit Fingern länglicht, schmal, milchweiß,
Sei’s, daß mit Stichen
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