Sämtliche Dramen
Nun mögt ihr hören jetzt
Die Grabschrift, die Marinen hat gesetzt
Die böse Dionysa:
»Hier ruht die Schönheit, Anmut, Güte,
Die in des Lebens Lenz verblühte,
Von Tyrus, Fürst ihr Vater dort,
An die der Tod übt’ schnöden Mord;
Marina hieß sie, als zum Licht sie kam,
Thetis im Stolz ein Stück der Erde nahm,
Und Überschwemmung fürchtend, hat das Land
Zum Himmel Thetis Pate drauf gesandt;
Drum diese nun, zum ew’gen Zorn erregt,
Mit wilder Wut die fels’gen Ufer schlägt.«
Nicht besser birgt sich schwarze Meuterei,
Als hinter sanfte glatte Schmeichelei.
Mag Perikles nun glauben den Berichten,
Bis endlich die Verwirrung ihm mag schlichten
Fortuna: indes wir Euch spielen müssen
Der Tochter Ach und Weh und schweres Büßen
Im Dienst der Bösen: ruhig mögt Ihr’ s seh’n,
Und denkt euch alle jetzt in Mitylen’.
Geht ab.
¶
Siebente Szene
Mitylene. Eine Straße vor dem Bordell.
Zwei Edelleute treten auf.
Erster Edelmann
. Habt Ihr je dergleichen gehört?
Zweiter Edelmann
. Niemals; auch wird man nie wieder dergleichen an solchem Orte hören, wenn sie einmal fort ist.
Erster Edelmann
. Aber hier Theologie predigen! Konnte Euch das je im Traum einfallen?
Zweiter Edelmann
. Nein, nein. Kommt, ich mag nichts mehr von schlechten Häusern wissen. Wollen wir geh’n und die Vestalinnen singen hören?
Erster Edelmann
. Alles, was tugendhaft ist, will ich gern tun, aber vom Wege der Liederlichkeit bin ich zeitlebens abgekommen.
Sie gehn ab.
¶
Achte Szene
Daselbst. Ein Zimmer im Bordell.
Kuppler, Kupplerin, Bolz.
Kuppler
. Lieber als zweimal, was sie kostet, hätt’ ich, daß sie nie ins Haus gekommen wäre.
Kupplerin
. Pfui, pfui über sie! Sie ist imstande, den Gott Priapus kalt zu machen und ein ganzes Geschlecht zugrunde zu richten. Man muß ihr entweder Gewalt tun, oder sie loszuwerden suchen. Wann sie gegen ihre Freunde so sein soll, wie sich’s gehört, wenn sie das tun soll, was unsrer Profession zukommt, so kommt sie daher mit ihren Finten, ihren Beweisen und Hauptbeweisen, ihren Gebeten und Kniebeugungen, so daß sie den Teufel zum Puritaner machen könnte, wenn er nur einen Kuß von ihr einhandeln wollte.
Bolz
. Mein’ Seel’, ich muß ihr Gewalt tun, oder sie verjagt uns alle unsre Kavaliere und macht unsre Flucher zu Priestern.
Kuppler
. Die Franzosen über ihre Bleichsucht!
Kupplerin
. Mein’ Seel’, die loszuwerden, ist der Weg zu ihnen der einzige. Hier kommt der Lord Lysimachus verkleidet.
Bolz
. Wir würden alles, Lords und Lumpen, hier haben, wenn die einfältige Kreatur sich nur mit Kunden einlassen wollte.
Lysimachus kommt.
Lysimachus
. Nun, wie teuer das Dutzend Jungfrauschaften?
Kupplerin
. Die Götter segnen Euer Gnaden!
Bolz
. Ich freue mich, den gnädigen Herrn gesund zu seh’n.
Lysimachus
. Freilich ist es für Euch besser, wenn Eure Kunden auf gesunden Beinen steh’n. Nun, du heilsame Straflosigkeit, hast du denn was, womit ein Mann sich einlassen kann und über den Wundarzt lachen?
Kuppler
. Wir haben hier eine, Herr, wenn die nur wollte, – wahrlich, ihresgleichen kam noch nie nach Mitylene.
Lysimachus
. Wenn sie nur die Taten der Finsternis tun wollte, willst du sagen.
Kupplerin
. Der gnädige Herr weiß wohl von selbst, was die Meinung ist.
Lysimachus
. Nun, rufe sie, rufe sie.
Bolz
. Was Fleisch und Blut betrifft, Herr, weiß und rot; eine Rose werdet Ihr seh’n; und sie wäre in der Tat eine Rose, hätte sie noch –
Lysimachus
. Nun was?
Bolz
. O Herr, ich kann züchtig sein.
Lysimachus
. Das bringt den Namen eines Kupplers zu Ehren, auf gleiche Weise kommen viele zum Ruf der Keuschheit.
Marina kommt.
Kupplerin
. Hier kommt, was am Stock wächst; niemals noch abgepflückt, das versich’re ich Euch. – Ist sie nicht ein schönes Geschöpf?
Lysimachus
. O ja, so nach langer Seereise wäre sie schon gut genug. – Da ist für Euch, nun laßt uns.
Kupplerin
. Ich bitte Euer Gnaden, erlaubt mir nur ein Wort, und gleich bin ich fertig.
Lysimachus
. Nun so macht.
Kupplerin
zu Marina. Erstlich, müßt Ihr Euch merken, das ist ein ehrenvoller Mann.
Marina
. Ich wünsche ihn so zu finden, daß ich ihn als würdig merken möge.
Kupplerin
. Dann ist er der Regent dieses Landes und ein Mann, dem ich verpflichtet bin.
Marina
. Wenn er das Land regiert, so seid Ihr ihm freilich verpflichtet, aber wie ehrenvoll er darin ist, kann ich nicht sagen.
Kupplerin
. Hört, ohne weiter jüngferliches Zieren, wollt Ihr gegen ihn
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