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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Speis’ ein wenig noch,
    Indessen, wie die Hindin, ich mein Junges
    Will futtern gehn. Dort ist ein armer Alter,
    Der manchen sauren Schritt aus bloßer Liebe
    Mir nachgehinkt; bis er befriedigt ist,
    Den doppelt Leid, das Alter schwächt und Hunger,
    Berühr’ ich keinen Bissen.
    Herzog
.
    Geht, holt ihn her!
    Wir wollen nichts verzehren, bis Ihr kommt.
    Orlando
.
    Ich dank’ Euch; seid für Euren Trost gesegnet!
    Orlando ab.
    Herzog
.
    Du siehst, unglücklich sind nicht wir allein,
    Und dieser weite, allgemeine Schauplatz
    Beut mehr betrübte Szenen dar, als unsre,
    Worin du spielst.
    Jaques
.
    Die ganze Welt ist Bühne,
    Und alle Frau’n und Männer bloße Spieler.
    Sie treten auf und gehen wieder ab,
    Sein Leben lang spielt einer manche Rollen,
    Durch sieben Akte hin. Zuerst das Kind,
    Das in der Wärt’rin Armen greint und sprudelt;
    Der weinerliche Bube, der mit Bündel
    Und glattem Morgenantlitz, wie die Schnecke,
    Ungern zur Schule kriecht; dann der Verliebte,
    Der wie ein Ofen seufzt, mit Jammerlied
    Auf seiner Liebsten Brau’n; dann der Soldat,
    Voll toller Flüch’ und wie ein Pardel bärtig,
    Auf Ehre eifersüchtig, schnell zu Händeln,
    Bis in die Mündung der Kanone suchend
    Die Seifenblase Ruhm. Und dann der Richter,
    In rundem Bauche, mit Kapaun gestopft,
    Mit strengem Blick und regelrechtem Bart,
    Voll weiser Sprüch’ und neuester Exempel
    Spielt seine Rolle so. Das sechste Alter
    Macht den besockten hagern Pantalon,
    Brill’ auf der Nase, Beutel an der Seite;
    Die jugendliche Hose, wohl geschont,
    ’ne Welt zu weit für die verschrumpften Lenden;
    Die tiefe Männerstimme, umgewandelt
    Zum kindischen Diskante, pfeift und quäkt
    In feinem Ton. Der letzte Akt, mit dem
    Die seltsam wechselnde Geschichte schließt,
    Ist zweite Kindheit, gänzliches Vergessen,
    Ohn’ Augen, ohne Zahn, Geschmack und alles.
    Orlando kommt zurück mit Adam.
    Herzog
.
    Nun, Freund, setzt nieder Eure würd’ge Last,
    Und laßt ihn essen!
    Orlando
.
    Ich dank’ Euch sehr für ihn.
    Adam
.
    Das tut auch not:
    Kaum kann ich sprechen, selbst für mich zu danken.
    Herzog
.
    Willkommen denn! Greift zu! Ich stör’ Euch nicht,
    Bis jetzt, mit Fragen über Eure Lage. –
    Gebt uns Musik, und singt eins, guter Vetter!
    Lied
    Amiens
.
    Stürm’, stürm’, du Winterwind!
    Du bist nicht falsch gesinnt.
    Wie Menschen Undank ist.
    Dein Zahn nagt nicht so sehr,
    Weil man nicht weiß, woher,
    Wiewohl du heftig bist.
    Heisa! singt heisa! den grünenden Bäumen!
    Die Freundschaft ist falsch, und die Liebe nur Träumen.
    Drum heisa, den Bäumen!
    Den lustigen Räumen!
    Frier’, frier’, du Himmelsgrimm!
    Du beißest nicht so schlimm
    Als Wohltat, nicht erkannt;
    Erstarrst du gleich die Flut,
    Viel schärfer sticht das Blut
    Ein Freund, von uns gewandt.
    Heisa! singt heisa! den grünenden Bäumen!
    Die Freundschaft ist falsch, und die Liebe nur Träumen.
    Drum heisa, den Bäumen!
    Den lustigen Räumen!
    Herzog
.
    Wenn Ihr der Sohn des guten Roland seid,
    Wie Ihr mir eben redlich zugeflüstert,
    Und wie mein Aug’ sein Ebenbild bezeugt,
    Das konterfeit in Eurem Antlitz lebt:
    Seid herzlich hier begrüßt! Ich bin der Herzog,
    Der Euren Vater liebte: Eu’r ferners Schicksal,
    Kommt und erzählt’s in meiner Höhle mir! –
    Willkommen, guter Alter, wie dein Herr!
    Führt ihn am Arme! – Gebt mir Eure Hand,
    Und macht mir Euer ganz Geschick bekannt!
    Alle ab.
    ¶

DRITTER AUFZUG
Erste Szene
    Ein Zimmer im Palast.
    Herzog Friedrich, Oliver, Herren vom Hofe und Gefolge.
    Herzog Friedrich
.
    Ihn nicht gesehn seitdem? Herr! Herr! das kann nicht sein.
    Bestünd’ aus Milde nicht mein größter Teil,
    So sucht’ ich kein entferntes Ziel der Rache,
    Da du zur Stelle bist. – Doch sieh dich vor!
    Schaff deinen Bruder, sei er wo er will,
    Such’ ihn mit Kerzen, bring’ in Jahresfrist
    Ihn lebend oder tot: sonst komm nie wieder,
    Auf unserm Boden Unterhalt zu suchen!
    Was du nur dein nennst, Land und andres Gut,
    Des Einziehns wert, fällt unsrer Hand anheim,
    Bis du durch deines Bruders Mund dich lösest
    Von allem, was wir gegen dich gedacht.
    Oliver
.
    O kennt’ Eu’r Hoheit hierin nur mein Herz!
    Ich liebt’ im Leben meinen Bruder nicht.
    Herzog Friedrich
.
    Schurk’ um so mehr! – Stoßt ihn zur Tür hinaus,
    Laßt die Beamten dieser Art Beschlag
    Ihm legen auf sein Haus und Länderei’n;
    Tut in der Schnelle dies und schafft ihn fort!
    Alle ab.
    ¶

Zweite Szene
    Der Wald.
    Orlando kommt mit einem Blatt

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