Sämtliche Dramen
Edelmann
.
Ich mach’ Halbpart mit Euch; und so lebt wohl!
Bertram
. Ich bin so sehr der Eure, daß unsre Trennung einem gefolterten Körper gleicht.
Erster Edelmann
. Lebt wohl, Hauptmann!
Zweiter Edelmann
. Teurer Monsieur Parolles –
Parolles
. Edle Paladine, mein Schwert und das eure sind Blutsfreunde: treffliche Degen und junge Recken; ein Wort, meine Phönixe: Im Regiment der Spini werdet ihr einen Hauptmann Spurio finden, mit einer Narbe, einem Kriegsemblem, hier auf seiner linken Wange: diese gute Klinge grub sie ein; sagt ihm, ich lebe, und beachtet, was er von mir aussagen wird!
Zweiter Edelmann
. Das wollen wir, edler Hauptmann.
Die beiden Edelleute gehn ab.
Parolles
. Mars verschwende seine Gunst an euch, seine Novizen! – Nun, was wollt Ihr tun? –
Bertram
. Bleiben. – Der König ...
Parolles
. Ihr solltet gegen diese edeln Kavaliere ein ausdrucksvolleres Zeremoniell annehmen; Ihr aber beschränkt Euch in den Grenzen eines allzu kaltsinnigen Abschieds. Zeigt ihnen mehr Entgegenkommen; denn sie schwimmen obenauf in der Strömung der Zeit; sie sind die vollkommenen Meister des echten Gehens, Essens und Redens und bewegen sich unter dem Einfluß des anerkanntesten Gestirns; und wäre der Teufel ihr Vortänzer, man muß ihnen dennoch nachfolgen. Darum nach! Und nehmt einen förmlicheren Abschied! –
Bertram
. Das will ich tun! –
Parolles
. Allerliebste Bursche! Und gewiß mit der Zeit recht herkulische Ehrenrichter! –
Sie gehn ab.
Lafeu tritt auf.
Lafeu
knieend.
Verzeihn, mein Fürst, für mich und meine Botschaft!
König
.
Dein Aufstehn sei die Zahlung! –
Lafeu
.
Wohl! Hier steh’ ich
Und kaufe mir Verzeihn. Ich wünschte, Sire,
Ihr hättet hier gekniet, um mich zu bitten,
Und könntet aufstehn, wenn ich’s Euch geheißen.
König
.
Ich gleichfalls! Dann zerschlüg’ ich dir den Kopf
Und bät’ dich um Verzeihung.
Lafeu
.
Kreuzweis’ wohl gar? Doch, teurer Herr, erlaubt:
Wünscht Ihr geheilt zu sein von Eurer Krankheit?
König
.
Nein.
Lafeu
.
Wollt Ihr nicht die schönen Trauben essen,
Mein königlicher Fuchs? O ja, Ihr wollt;
Wenn nur mein königlicher Fuchs die Trauben
Erreichen könnt’! – Ich hab’ Arznei gesehn,
Die hauchte wohl den Steinen Leben ein,
Brächt’ einen Fels in Gang und macht’ Euch selbst
Gaillarden tanzen flink und leicht; berührt
Von ihrer Hand, erstände Fürst Pipin,
Ja, Carol Magnus nahm’ zur Hand die Feder
Und schriebe Vers’ an sie.
König
.
An welche Sie?
Lafeu
.
Ei, eine Ärztin, Sire: sie ist schon hier,
Wenn Ihr sie ansehn wollt. Auf Her’ und Treu’,
Wenn ich nach diesem leichten Vortrag ernstlich
Berichten darf: – ich sprach mit einem Mädchen,
Das mich durch Absicht, Jugend und Geschlecht,
Verstand und festen Sinn so sehr entzückt,
Daß ich mich drum nicht tadle. Seht sie selbst
(Das ist ihr Wunsch) und hört, was sie Euch bringt;
Dann lacht mich aus nach Lust!
König
.
Nun, Freund Lafeu,
Zeig’ uns dies Wunder, daß wir ihm mit dir
Unser Erstaunen zollen, oder deins
Vermindern durch Erstaunen, wie dir’s kam.
Lafeu
.
Nun, ich will Euch bedienen, und sogleich.
Lafeu geht.
König
.
So hält er stets Prologe seinem Nichts.
Lafeu kommt zurück mit Helena.
Lafeu
.
Nun tretet vor!
König
.
Die Eil’ hat wahrlich Flügel!
Lafeu
.
Nein, tretet vor!
Hier Seine Majestät: sagt Euern Wunsch!
Eu’r Blick ist sehr verrät’risch, doch der König
Scheut selten solcherlei Verrat; ich bin
Der Oheim Cressidas, der’s wagen darf,
Zwei so allein zu lassen. Fahrt nun wohl!
Geht ab.
König
.
Nun, schönes Kind, habt Ihr mit uns Geschäfte?
Helena
.
Ja, hoher König. Gerhard von Narbonne war
Mein Vater, wohlerprobt in seiner Kunst.
König
.
Ich kannt’ ihn.
Helena
.
So eh’r erspar’ ich mir, ihn Euch zu rühmen;
Ihn kennen, ist genug. Auf seinem Todbett
Gab er mir manch Rezept; vor allen eins,
Das als die höchste Blume seiner Forschung
Und vielerfahrnen Praxis liebstes Kleinod
Er mich verwahren hieß als dreifach Auge,
Teurer als meine beiden. Also tat ich;
Und hörend, wie Eu’r Majestät verschmachtet
An jener bösen Krankheit, die den Ruhm
Von meines Vaters Kunst zumeist erhöht,
Kam ich mit Wünschen und mit Demut, Euch
Die Rettung anzubieten.
König
.
Dank Euch, Jungfrau.
Doch glaub’ ich nicht so leicht an Heilung mehr,
Wo so gelehrte Ärzt’ uns aufgegeben,
Und die vereinte Fakultät entschied,
Kunst könne nie aus unheilbarem Zustand
Natur
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