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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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erlösen. Drum soll unser Urteil
    Nicht so abirrn, noch Hoffnung uns verleiten,
    Ein rettungsloses Übel preis zu geben
    Quacksalbern; Majestät und Zutraun so
    Zu schmähn, sinnlosem Beistand nachzutrachten,
    Wenn wir als Unsinn allen Beistand achten.
    Helena
.
    So zahlt die treue Pflicht mir mein Bemühn:
    Nicht weiter sei mein Dienst Euch aufgedrängt;
    Und nur in Demut bitt’ ich Eure Hoheit
    Bescheidentlich, mich gnädig zu entlassen.
    König
.
    Das ist das mind’ste, was ich muß gewähren;
    Dein guter Wunsch ist meines Dankes wert,
    Weil stets der Kranke gern von Bess’rung hört;
    Doch was du ganz verkennst, durchschau’ ich klar:
    Wie fern dein Trost, wie nah mir die Gefahr.
    Helena
.
    Unschädlich wär’s, wenn den Versuch Ihr wagt,
    Weil Ihr der Heilung wie dem Trost entsagt;
    Er, der die größten Taten läßt vollbringen,
    Legt oft in schwache Hände das Gelingen:
    So zeigt die Schrift in Kindern weisen Mut,
    Wo Männer kindisch waren; große Flut
    Entspringt aus kleinem Quell, und Meere schwinden,
    Ob Weise auch die Wunder nicht ergründen,
    Oft schlägt Erwartung fehl, und dann zumeist,
    Wo sie gewissen Beistand uns verheißt;
    Und wird erfüllt, wo Hoffnung längst erkaltet,
    Wo Glaube schwand und die Verzweiflung waltet.
    König
.
    Genug, mein Kind! Zu lange weilst du schon,
    Und dein vergeblich Mühn trägt keinen Lohn,
    Als Dank für einen Dienst, den ich nicht brauche.
    Helena
.
    So weicht, was Gott mir eingab, einem Hauche;
    Er ist nicht so, der alles mag durchschaun,
    Wie wir, die stets dem leeren Schein vertraun,
    Und stolzer Hochmut wär’s, der Gottheit Trachten
    Und Himmelswort für Menschenwerk zu achten.
    O teurer Fürst, gebt meinen Wünschen nach;
    Denkt nicht, daß ich, – nein, daß der Himmel sprach!
    Ich treibe nicht mit Euch ein trüglich Spiel,
    Noch berg’ ich meiner Worte wahres Ziel.
    Ich glaub’ es, Herr, und glaub’ auf festem Grunde:
    Noch siegt die Kunst, nah ist der Rettung Stunde.
    König
.
    Das hoffst du so gewiß? In wie viel Zeit?
    Helena
.
    Wenn mir die höchste Gnade Gnade leiht,
    Eh’ zweimal noch das Lichtgespann durchschreitet
    Die Bahn, auf der sein Lenker Glanz verbreitet,
    Eh’ zweimal in dem Tau der trüben Feuchte
    Der Abendstern auslöscht die müde Leuchte.
    Ja, eh’ die Sanduhr vierundzwanzig Stunden
    Dem Schiffer zeigt, die diebisch ihm verschwunden,
    Seid Ihr genesen; Euer Schmerz entflieht,
    Die Krankheit stirbt, und neue Kraft erblüht.
    König
.
    Bei so viel Selbstvertraun und Sicherheit,
    Was wagst du?
    Helena
.
    Daß man mich der Frechheit zeiht;
    Mich Metze schilt; der Pöbel mich verspottet,
    Schimpflieder singt; und schmählich ausgerottet
    Mein Jungfrau’n-Name sei; ja, daß mein Leben
    Sich ende, schnöden Martern preis gegeben.
    König
.
    Mir scheint, es spricht aus dir ein sel’ger Geist,
    Der sich in schwachem Werkzeug stark erweist,
    Und was die Sinnen sonst unmöglich nennen,
    Muß ich in höherm Sinn jetzt anerkennen;
    Dein Leben ist dir wert, denn dich beglückt
    Noch alles, was das Dasein je geschmückt:
    Schönheit und Anmut, Weisheit, hoher Mut,
    Und was nur Frühling hofft als Lebensgut: –
    So viel zu wagen, solch Vertraun zu zeigen,
    Ist nur der Kunst, wo nicht dem Wahnsinn eigen;
    Drum, lieber Arzt, versuch’ an mir dein Heil,
    Und sterb’ ich, wird dir selbst der Tod zu teil.
    Helena
.
    Fehl’ ich die Zeit, mißlingt ein Wort von allen,
    Die ich verhieß, – sei ich dem Tod verfallen,
    Wie ich’s verdient! Helf’ ich Euch nicht, so sterb’ ich:
    Doch, wenn ich helfe, welchen Lohn erwerb’ ich?
    König
.
    Fodre, mein Kind!
    Helena
.
    Und wollt Ihr’s wirklich geben?
    König
.
    Bei meinem Szepter, ja, beim ew’gen Leben!
    Helena
.
    Gib zum Gemahl mit königlicher Hand,
    Wen ich mir fodern darf in deinem Land!
    Doch ferne sei von mir der Übermut,
    Daß ich ihn wähl’ aus Frankreichs Fürstenblut,
    Und ein Geschlecht, unwürdig wie das meine,
    Mit deines Stamms erhabnem Zweig sich eine;
    Nein, solchen Untertan, den ich in Ehren
    Von dir verlangen darf, und du gewähren.
    König
.
    Hier meine Hand. Kannst du dein Wort erfüllen,
    So bürg’ ich dir, ich tu’ nach deinem Willen.
    Nun wähl’ dir selbst die Zeit: es ziemt dem Kranken,
    Des Arztes Wort zu folgen ohne Wanken.
    Zwar möcht’ ich viel noch fragen, viel noch hören
    (Ob Zweifel auch den Glauben nimmer stören):
    Woher du kamst, mit wem? Doch sei’s gewagt;
    Vertraun und Liebe biet’ ich ungefragt. –
    He! Kommt und helft mir auf! –

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