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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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unverrichtet läßt.
    Viola
.
    Gesetzt nun, Herr, ich spreche sie: was dann?
    Herzog
.
    Oh, dann entfalt’ ihr meiner Liebe Macht,
    Laß sie erstaunen über meine Treu’:
    Es wird dir wohl stehn, meinen Schmerz zu klagen;
    Sie wird geneigter deiner Jugend horchen,
    Als einem Boten ernstern Angesichts.
    Viola
.
    Das denk’ ich nicht, mein Fürst.
    Herzog
.
    Glaub’s, lieber Junge!
    Denn der verleumdet deine frohen Jahre,
    Wer sagt, du seist ein Mann: Dianas Lippen
    Sind weicher nicht und purpurner; dein Stimmchen
    Ist wie des Mädchens Kehle, hell und klar,
    Und alles ist an dir nach Weibes Art.
    Ich weiß, daß dein Gestirn zu dieser Sendung
    Sehr günstig ist. Vier oder fünf von euch,
    Begleitet ihn; geht alle, wenn ihr wollt!
    Mir ist am wohlsten, wenn am wenigsten
    Gesellschaft um mich ist. Vollbring’ dies glücklich,
    Und du sollst frei wie dein Gebieter leben,
    Und alles mit ihm teilen.
    Viola
.
    Ich will tun,
    Was ich vermag, Eu’r Fräulein zu gewinnen.
    Beiseit.
    Doch wo ich immer werbe, Müh’ voll Pein!
    Ich selber möchte seine Gattin sein.
    Alle ab.
    ¶

Fünfte Szene
    Ein Zimmer in Olivias Hause.
    Maria und der Narr treten auf.
    Maria
. Nun sage mir, wo du gewesen bist, oder ich will meinen Mund nicht so weit auftun, daß ein Strohhalm hineingeht, um dich zu entschuldigen; mein Fräulein wird dich für dein Ausbleiben aufhängen lassen.
    Narr
. Meinetwegen: wer in dieser Welt tüchtig aufgehängt ist, braucht der Trommel nicht zu folgen.
    Maria
. Warum nicht?
    Narr
. Er kann überhaupt nicht viel spazieren gehn.
    Maria
. Eine gute hausbackne Antwort. Ich kann dir auch sagen, wo sich die Redensart herschreibt, der Trommel folgen.
    Narr
. Woher, liebe Jungfer Maria?
    Maria
. Aus dem Kriege, und das kannst du in deiner Narrheit nur kecklich nachsagen.
    Narr
. Gut, Gott verleihe denen Weisheit, die welche haben; und die, so Narren sind, laßt sie mit ihren Gaben wuchern!
    Maria
. Ihr werdet doch aufgehängt, weil Ihr so lange ausgeblieben seid, oder weggejagt: und ist das für Euch nicht ebenso gut als hängen?
    Narr
. Gut gehängt ist besser als schlecht verheiratet, und das Wegjagen kümmert mich nicht, solange es Sommer ist.
    Maria
. Ihr seid also kurz angebunden?
    Narr
. Das just nicht, aber ich halte es mit einer doppelten Schnur.
    Maria
. Damit, wenn die eine reißt, die andre noch hält: wenn aber beide reißen, so fallen Eure Pumphosen herunter.
    Narr
. Geschickt, meiner Treu! recht geschickt! Nun, nur zu! Wenn Junker Tobias das Trinken lassen wollte, so wärst du so eine witzige Tochter Evas wie eine in ganz Illyrien.
    Maria
. Stille, Schelm! Nichts weiter davon! Ihr tätet wohl, wenn Ihr Euch vernünftig entschuldigtet. Ab.
    Olivia und Malvolio treten auf.
    Narr
. Witz, so es dein Wille ist, so hilf mir zu einer guten Posse! Die witzigen Leute, die dich zu haben glauben, werden oft zu Narren; und ich, der ich gewiß weiß, daß du mir fehlst, kann für einen weisen Mann gelten. Denn was sagt Quinapalus? Besser ein weiser Tor, als ein törichter Weiser. Gott grüß’ Euch, Fräulein!
    Olivia
. Schafft das Narrengesicht weg!
    Narr
. Hört Ihr nicht, Leute? Schafft das Fräulein weg!
    Olivia
. Geht, Ihr seid ein trockner Narr; ich will nichts mehr von Euch wissen. Überdies fangt Ihr an, Euch schlecht aufzuführen.
    Narr
. Zwei Fehler, Madonna, denen Getränk und guter Rat abhelfen können. Denn gebt dem trocknen Narren zu trinken, so ist der Narr nicht mehr trocken. Ratet dem schlechten Menschen, sich zu bessern: wenn er sich bessert, so ist er kein schlechter Mensch mehr; kann er nicht, so mag ihn der Schneider flicken. Denn alles, was ausgebessert wird, ist doch nur geflickt. Tugend, die sich vergeht, ist nur mit Sünde geflickt; Sünde, die sich bessert, ist nur mit Tugend geflickt. Reicht dieser einfältige Schluß hin: gut! Wo nicht: was ist zu machen? Wie es keinen wahren Hahnrei gibt, außer das Unglück, so ist die Schönheit eine Blume. – Das Fräulein wollte das Narrengesicht weggeschafft haben, darum sage ich noch einmal: Schafft das Fräulein weg!
    Olivia
. Guter Freund, ich wollte Euch weggeschafft haben.
    Narr
. Ein ganz gewaltiger Mißgriff! – Fräulein, cucullus non facit monachum; das will soviel sagen: mein Gehirn ist nicht so buntscheckig wie mein Rock. Gute Madonna, erlaubt mir, Eure Narrheit zu beweisen!
    Olivia
. Könnt Ihr’s?
    Narr
. Gar füglich, liebe Madonna.
    Olivia
. Führt den Beweis!
    Narr
. Ich muß Euch dazu katechisieren, Madonna: antwortet

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