Sämtliche Dramen
dies gleichgültig sehn. Ist es nicht fromm,
Wenn wir die Seligkeit der Kön’gin preisen?
Ist es nicht frömmer noch, – um Kronenerben,
Um gegenwärt’gen Trost und künft’ges Heil, –
Das Bett der Majestät aufs neu’ zu segnen
Mit einer holden Gattin?
Paulina
.
Kein’ ist’s wert,
Denkt Ihr an sie, die starb. Auch will die Gottheit,
Daß ihr geheimer Ratschluß werd’ erfüllt.
Denn sprach nicht so der himmlische Apoll,
War das nicht des Orakels heil’ges Wort:
Es soll Leontes keinen Erben haben,
Bis sein verlornes Kind sich fand? Dies ist
Nach unsrer Einsicht ebenso unmöglich,
Als daß Antigonus das Grab durchbräche
Und wieder zu mir käme; der doch wahrlich
Verdarb zusamt dem Kind. Ist’s Euer Wille,
Daß unser Herr dem Himmel widerstrebt
Und seinem Ratschluß trotzt? – Sorgt nicht um Herrscher;
Es find’t das Reich den Erben. Alexander
Ließ seins dem Würdigsten; so war’s vermutlich
Der Beste, der ihm folgte.
Leontes
.
O, Paulina, –
Ich weiß, du Gute hältst das Angedenken
Hermionens in Ehren. Hätt’ ich immer
Mich deinem Rat gefügt! – Dann könnt’ ich jetzt
In meiner Kön’gin helles Auge schaun,
Schätz’ ihrer Lipp’ entnehmen.
Paulina
.
Die dann reicher
Durch Geben ward.
Leontes
.
Oh! du sprichst wahr.
So gibt’s kein Weib mehr; drum kein Weib; ein schlechtres
Und mehr geliebt, trieb’ ihren sel’gen Geist
In ihren Leichnam und auf diese Bühne,
Wo ich, ihr Mörder, steh’; und rief’ im Schmerz:
»Warum geschieht mir das?«
Paulina
.
Wär’s ihr vergönnt,
Sie spräche so mit Recht.
Leontes
.
Gewiß, und würde
Zum Morde mich der zweiten Frau entflammen.
Paulina
.
War’ ich der irre Geist, ich käme dann
Und hieß’ Euch schaun in jener Aug’, und fragte,
Ob Ihr um diesen matten Blick sie wähltet;
Dann kreischt’ ich auf, daß Euer Ohr zerrisse,
Und schiede mit dem Wort: »Gedenke mein!«
Leontes
.
Ha. Sterne, Sterne waren’s,
Und alle andern Augen tote Kohlen! –
Oh, fürchte du kein Weib,
Ich will kein Weib, Paulina.
Paulina
.
Wollt Ihr schwören,
Nie, bis ich beigestimmt, Euch zu vermählen?
Leontes
.
Niemals, bei meiner Seele Heil, Paulina.
Paulina
.
Ihr, werte Herrn, seid Zeugen seines Schwurs.
Cleomenes
.
Ihr quält ihn allzusehr.
Paulina
.
Bis eine andre,
Hermione so ähnlich wie ihr Bild,
Sein Auge schaut.
Cleomenes
.
Oh, laßt –
Leontes gibt ihm einen Wink.
Ich schweige still.
Paulina
.
Doch will mein König sich vermählen, – wollt Ihr,
Wollt Ihr durchaus, – so überlaßt es mir,
Die Gattin ihm zu wählen; nicht so jung
Wie Eure erste soll sie sein, doch so,
Daß, käm’ der ersten Kön’gin Geist, er freudig
In Eurem Arm sie sähe.
Leontes
.
Treue Freundin,
Nur, wenn du’s willst, vermählen wir uns.
Paulina
.
Das
Ist nur, wenn Eure Kön’gin wieder lebt;
Bis dahin nie.
Ein Edelmann tritt auf.
Edelmann
.
Ein Jüngling, der Prinz Florizel sich nennt,
Den Sohn Polyxenes’, mit seiner Gattin, –
Die schönste Fürstin, die ich je gesehn, –
Wünscht Eurer Hoheit sich zu nahn.
Leontes
.
Wer mit ihm?
Er kommt nicht in des Vaters Glanz: sein Nahn
So ohne Förmlichkeit, so plötzlich, sagt uns,
Nicht vorbedacht sei der Besuch; erzwungen
Durch Not und Zufall nur. Was für Gefolge?
Edelmann
.
Geringe nur und wen’ge.
Leontes
.
Die Gemahlin,
So sagst du, mit ihm?
Edelmann
.
Ja, das herrlichst schönste
Geschöpf, das je die Sonne nur beglänzte.
Paulina
.
O Hermione!
Wie jede Gegenwart sich prahlend höher
Als beßre Vorzeit stellt: so wird dein Grab
Auch jetzt geschmäht vom Neu’sten. Herr, Ihr selbst,
Ihr spracht, Ihr schriebt (doch nun ist Eure Schrift
Kalt, wie ihr Gegenstand): »sie war niemals
Und wird auch nie erreicht«; – so trug Eu’r Lied
Ihr Lob in hoher Flut, – sehr ward es Ebbe,
Da Ihr jetzt eine schöner preist.
Edelmann
.
Verzeiht!
Die ein’ ist fast vergessen, zürnt mir nicht!
Doch diese, wenn sie Euer Aug’ entzückte,
Stimmt’ Eure Zunge auch. Sie ist ein Wesen,
Das, lehrt sie Ketzerei, den Eifer löscht
In jedem Gläub’gen, – Proselyt wird jeder,
Wenn sie ihn folgen heißt.
Paulina
.
Wie? auch die Frauen?
Edelmann
.
Die Frauen lieben sie, weil Frau sie ist,
Mehr wert als alle Männer; und die Männer,
Weil sie der Frauen schönste.
Leontes
.
Geh, Cleomenes;
Du selbst mit deinen würd’gen Freunden, führt
In unsre Arme sie!
Cleomenes mit mehrern andern ab.
Doch seltsam
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