Sämtliche Dramen
sind’s nicht, Herr, und werden’s nun wohl nimmer!
Eh’ werden Sterne noch die Täler küssen.
Leontes
.
Ist dies die Tochter eines Königs, Prinz?
Florizel
.
Sie ist es, ist sie einst mit mir vermählt.
Leontes
.
Dies »Einst« wird wohl durch Eures Vaters Eile
Sehr langsam nahn. Beklagen muß ich höchlich,
Daß Ihr Euch seiner Liebe habt entfremdet,
Die heil’ge Pflicht Euch war: beklagen muß ich,
Daß die Gewählte Rang nicht hat wie Schönheit,
Mit Recht Euch zu verbleiben.
Florizel
.
Mut, Geliebte!
Obgleich das Schicksal sichtbar uns verfolgt
Durch meinen Vater, kann’s doch unsre Liebe
Nicht um ein Haar breit schwächen. – Herr, ich bitt’ Euch,
Gedenkt der Zeit, da Ihr nicht mehr als ich
Dem Alter schuldig wart: mit dem Gefühl
Seid mein Vertreter jetzt; denn, wenn Ihr bittet,
Gewährt mein Vater Großes leicht wie Tand.
Leontes
.
Eu’r schönes Liebchen müßt’ er dann mir geben,
Die er für Tand nur achtet.
Paulina
.
Herr, mein Fürst,
Eu’r Aug’ hat zu viel Jugend; einen Monat
Vor Eurer Kön’gin Tod, war solcher Blicke
Sie würdiger, als was Ihr jetzt betrachtet.
Leontes
.
Nur ihrer dachte mein entzücktes Auge. –
Doch unerwidert ist noch Eure Bitte:
Zu Eurem Vater eil’ ich; hat Begier
Gekränkt nicht Eure Ehre, bin ich Euer,
Und Eurer Wünsche Freund: zu dem Geschäft
Geh’ ich ihm jetzt entgegen; folgt mir nun,
Und seht, wie mir’s gelingt! Kommt, edler Prinz!
Alle ab.
¶
Zweite Szene
Vor dem Palast.
Autolycus und ein Edelmann treten auf.
Autolycus
. Ich bitte Euch, Herr, waret Ihr gegenwärtig bei dieser Erzählung?
Erster Edelmann
. Ich war bei dem Öffnen des Bündels, und hörte den Bericht des alten Schäfers, wie er ihn fand. Darauf, nach einem kurzen Staunen, hieß man uns alle das Zimmer verlassen; nur das, dünkt mich, hörte ich den Schäfer noch sagen, er habe das Kind gefunden.
Autolycus
. Ich möchte gern den Ausgang wissen.
Erster Edelmann
. Ich mache nur einen unvollständigen Bericht von der Sache; – aber die Verwandlung, die ich an dem König und Camillo bemerkte, war Zeichen einer großen Verwund’rung; sie schienen fast, so starrten sie einander an, ihre Augenlider zu zersprengen; es war Sprache in ihrem Verstummen, und Rede selbst in ihrer Gebärde; sie sahen aus, als wenn sie von einer neu entstandenen oder untergegangenen Welt gehört hätten: solche Verzückung des Staunens war an ihnen sichtbar; doch die klügsten Zuschauer, die nichts wußten, als was sie sahen, konnten nicht sagen, ob der Anlaß Freude oder Schmerz war: aber der höchste Grad des einen oder des andern mußte es sein.
Ein zweiter Edelmann tritt auf.
Da kommt ein Herr, der vielleicht mehr weiß. Was gibt’s, Rogero?
Zweiter Edelmann
. Nichts als Freudenfeuer: das Orakel ist erfüllt; des Königs Tochter gefunden. So viel wunderbare Dinge sind in dieser Stunde zum Vorschein gekommen, daß es nicht Balladenmacher genug gibt, sie zu besingen.
Ein dritter Edelmann tritt auf.
Da kommt der Paulina Haushofmeister, der kann Euch mehr erzählen. – Wie steht es nun, Herr? Diese Neuigkeit, die man als wirklich bekräftigt, sieht einem alten Märchen so ähnlich, daß ihre Wahrhaftigkeit sehr verdächtig scheint. Hat der König seine Erbin gefunden?
Dritter Edelmann
. Ganz gewiß, wenn die Wahrheit je durch Umstände bewiesen ward: Ihr möchtet schwören, das zu sehen, was Ihr hört, – solch eine Übereinstimmung ist in den Beweisen. Der Mantel der Königin Hermione – ihr Juwel, das sie um den Hals zu tragen pflegte – des Antigonus Briefe, dabei gefunden, in denen sie seine Handschrift erkennen – die Majestät des Mädchens, in der Ähnlichkeit mit der Mutter – der Ausdruck von Adel, welcher zeigt, wie Natur höher steht als Erziehung – und viele andre Zeugnisse bekunden sie, mit der allergrößeten Sicherheit, als des Königs Tochter. Sahet Ihr die Zusammenkunft der beiden Könige?
Zweiter Edelmann
. Nein.
Dritter Edelmann
. Dann habt Ihr einen Anblick verloren, den man gesehen haben muß, den man nicht beschreiben kann. Da hättet Ihr sehen können, wie eine Freude die andre krönte; so, auf solche Weise, daß es schien, der Schmerz weinte, weil er sie verlassen sollte; denn ihre Freude watete in Tränen. Da war ein Augenaufschlagen, ein Händeemporwerfen, und die Angesichter in einer solchen Verzücktheit, daß man sie nur noch an ihren Kleidern und nicht an ihren Zügen erkennen mochte. Unser König, als wenn er aus sich selbst
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