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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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sich seinen falschen Bart ab. Heda, Bauersleute! wo hinaus?
    Der alte Schäfer
. Nach dem Palast, mit Eurer Gnaden Erlaubnis.
    Autolycus
. Euer Geschäft dort? was? mit wem? die Beschaffenheit dieses Bündels? Euer Wohnort? Euer Name? Euer Alter? Vermögen? Familie? Alles, was zur Sache gehört, gebt es an!
    Der junge Schäfer
. Wir sind nur schlichte Leute, Herr.
    Autolycus
. Gelogen; ihr seid rauh und behaart: laßt mich keine Lüge hören: die schickt sich nur für Handelsleute, und sie werfen uns Soldaten oft Lügen vor: aber wir bezahlen sie ihnen mit geschlagener Münze, nicht mit schlagendem Eisen; darum schenken sie uns die Lügen nicht.
    Der junge Schäfer
. Euer Gnaden hätten uns bald eine Lüge vorgeworfen, hättet Ihr Euch nicht auf frischer Tat ertappt.
    Der alte Schäfer
. Seid Ihr vom Hofe, Herr, wenn es erlaubt ist?
    Autolycus
. Es mag erlaubt sein oder nicht, so bin ich vom Hofe. Siehst du nicht die Hofmanier in dieser Umhüllung? Hat mein Gang nicht den Hoftakt? Strömt nicht von mir Hofgeruch in deine Nase? Bestrahle ich nicht deine Niedrigkeit mit Hofverachtung? Denkst du, weil ich mich in dein Anliegen hinein vertiefe und es aus dir herauswinden möchte, ich sei deshalb nicht vom Hofe? Ich bin ein Hofmann von Kopf zu Fuß; und einer, der dein Geschäft entweder vorwärts bringen oder hintertreiben wird: deshalb befehle ich dir, mir dein Anliegen zu eröffnen.
    Der alte Schäfer
. Mein Geschäft geht an den König, Herr.
    Autolycus
. Was für einen Advokaten hast du dazu?
    Der alte Schäfer
. Ich weiß nicht, mit Verlaub.
    Der junge Schäfer
. Advokat ist der Hofausdruck für Fasan; sagt, daß Ihr keinen habt.
    Der alte Schäfer
. Ich habe keinen Fasan, weder Hahn noch Henne.
    Autolycus
.
    Wie glücklich wir, die nicht so simpel sind!
    Doch konnte mich Natur wie diese schaffen,
    Drum will ich nicht verachten.
    Der junge Schäfer
. Das muß gewiß ein großer Hofmann sein.
    Der alte Schäfer
. Seine Kleider sind reich, aber er trägt sie nicht hübsch.
    Der junge Schäfer
. Je seltsamer, desto vornehmer; ein großer Mann, das versichre ich Euch; man sieht es an seinem Zähnestochern.
    Autolycus
. Das Bündel da, was ist in dem Bündel? Was soll die Büchse?
    Der alte Schäfer
. Herr, in diesem Bündel und dieser Büchse liegen solche Geheimnisse, die nur der König wissen darf: und die er auch noch diese Stunde wissen soll, wenn ich bei ihm vorgelassen werde.
    Autolycus
. Alter Mensch, du hast deine Mühe verloren.
    Der alte Schäfer
. Warum, Herr?
    Autolycus
. Der König ist nicht im Palast; er ist an Bord eines neuen Schiffes gegangen, um die Melancholie auszutreiben und sich zu zerstreuen; denn, wenn in dir Fassungskraft für ernste Dinge ist, so wisse, der König ist voll Kummer.
    Der alte Schäfer
. So sagt man, Herr; wegen seines Sohnes, der eines Schäfers Tochter heiraten wollte.
    Autolycus
. Wenn der Schäfer nicht schon in Haft ist, so möge erfliehn; die Flüche, die über ihn ausgesprochen werden sollen, die Martern, die er dulden soll, brächen wohl die Kraft eines Mannes und das Herz eines Ungeheuers.
    Der junge Schäfer
. Glaubt Ihr das, Herr?
    Autolycus
. Nicht er allein soll alles ertragen, was der Scharfsinn Schweres, die Rache Bitteres ersinnen kann; sondern auch alle, die mit ihm verwandt sind, wenn auch nur im fünfzigsten Grade, fallen dem Henker anheim: obwohl dies sehr betrübt ist, so ist es doch notwendig. Ein alter schafziehender Spitzbube, ein Hammelpfleger, der setzt sich’s in den Kopf, daß seine Tochter majestätisch werden soll! Einige sagen, er soll gesteinigt werden; aber der Tod wäre zu gelinde für ihn, sage ich: unsern Thron in eine Schafshütte zu ziehn! Alle Todesarten zusammen sind zu wenig, die schwerste zu leicht.
    Der junge Schäfer
. Hat der alte Mann etwa einen Sohn? Habt Ihr nichts davon gehört, wenn man fragen darf?
    Autolycus
. Er hat einen Sohn; dieser soll lebendig geschunden, dann mit Honig bestrichen und über ein Wespennest gestellt werden; dort bleiben, bis er drei Viertel und ein Achtel tot ist: dann mit Aquavit oder einer anderen hitzigen Einflößung wieder zum Leben gebracht werden: dann, so roh wie er ist, und an dem heißesten Tage, den der Kalender prophezeit, gegen eine Ziegelmauer gestellt werden, woselbst ihn die Sonne mit südlichem Auge anschaut und er sie wieder anstarren muß, bis er von Fliegen tot gestochen ist. Aber was sprechen wir von diesen verräterischen Spitzbuben, deren Elend man nur belachen kann, da ihr Verbrechen

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