Sämtliche Dramen
ihm zehrend, ihn zu stützen schienen,
Sind ausgerauft, vertilgt vom Bolingbroke;
Der Graf von Wiltshire, mein’ ich, Bushy, Green.
Erster Geselle
.
Wie? Sind sie tot?
Gärtner
.
Ja wohl, und Bolingbroke
Hat unsers üpp’gen Königs sich bemeistert.
Oh, welch ein Jammer ist es, daß er nicht
Sein Land so eingerichtet und gepflegt,
Wie wir den Garten! – Um die Jahreszeit
Verwunden wir des Fruchtbaums Haut, die Rinde,
Daß er nicht überstolz vor Saft und Blut
Mit seinem eignen Reichtum sich verzehre.
Hätt’ er erhöhten Großen das getan,
So konnten sie des Dienstes Frucht noch bringen,
Und er sie kosten. Überflüss’ge Äste
Haun wir hinweg, damit der Fruchtzweig lebe.
Tat er’s, so konnt’ er selbst die Krone tragen,
Die eitler Zeitvertreib nun ganz zerschlagen.
Erster Geselle
.
Wie? Denkt Ihr denn, der König werd’ entsetzt?
Gärtner
.
Besetzt hat man bereits ihn, und entsetzt
Wird er vermutlich. Briefe sind gekommen
Verwichne Nacht an einen nahen Freund
Des guten Herzogs York, voll schwarzer Zeitung.
Königin
.
Oh, ich ersticke, mach’ ich mir nicht gleich
Mit Reden Luft! –
Sie kommt hervor.
Du, Adams Ebenbild,
Gesetzt zum Pfleger dieses Gartens, sprich:
Wie darf mir deine harte, rauhe Zunge
Die unwillkommne Neuigkeit verkünden?
Welch eine Schlang’ und Eva lehrte dich
Den zweiten Fall des fluchbeladnen Menschen?
Was sagst du, König Richard sei entsetzt?
Darfst du, ein wenig beßres Ding als Erde,
Erraten seinen Sturz? Wo, wann und wie
Kam diese Nachricht dir? Elender, sprich!
Gärtner
.
Verzeiht mir, gnäd’ge Frau: es freut mich wenig,
Zu melden dies: doch was ich sag’, ist wahr.
Der König Richard ist in Bolingbrokes
Gewalt’ger Hand; gewogen wird ihr Glück:
In Eures Gatten Schal’ ist nichts als er
Und Eitelkeiten, die ihn leichter machen;
Der große Bolingbroke, samt allen Pairs
Von England, macht die andre Schale voll.
Und mit dem Vorteil wiegt er Richard auf.
Reist nur nach London und erfahrt: so sei’s;
Ich sage nichts, was nicht ein jeder weiß.
Königin
.
Behendes Mißgeschick, so leicht von Füßen!
Geht deine Botschaft nicht mich an, und ich
Muß sie zuletzt erfahren? Oh, du willst
Zuletzt mir nahn, daß ich dein Leid am längsten
Im Busen trage. – Fräulein, kommt! Wir gehn,
Zu London Londons Fürst in Not zu sehn.
War ich dazu bestimmt, mit trüben Blicken
Des großen Bolingbroke Triumph zu schmücken?
Gärtner, weil du berichtet dieses Weh,
Gedeih’ kein Baum dir, den du impfest, je!
Königin und die Fräulein ab.
Gärtner
.
Ach, arme Fürstin! Geht’s nur dir nicht schlimmer,
So treffe mein Gewerb’ der Fluch nur immer!
Hier fielen Tränen; wo die hingetaut,
Da setz’ ich Raute, bittres Weihekraut.
Reumütig wird die Raute bald erscheinen
Und Tränen einer Königin beweinen.
Ab.
¶
VIERTER AUFZUG
Erste Szene
Westminster-Halle.
Die geistlichen Lords zur Rechten des Throns, die weltlichen Lords zur Linken, die Gemeinen unterhalb. Bolingbroke, Aumerle, Surrey, Northumberland, Percy, Fitzwater, ein andrer Lord, Bischof von Carlisle, Abt von Westminster und Gefolge. Im Hintergrunde Gerichtsbediente mit Bagot.
Bolingbroke
.
Ruft Bagot vor! –
Nun, Bagot, rede frei heraus,
Was du vom Tod des edlen Gloster weißt:
Wer trieb den König an, und wer vollbrachte
Den blut’gen Dienst zu seinem frühen Ende?
Bagot
.
So stellt mir vors Gesicht den Lord Aumerle!
Bolingbroke
.
Vetter, kommt vor und schaut auf diesen Mann!
Bagot
.
Mylord Aumerle, ich weiß, Eu’r kühner Mund
Verschmäht zu leugnen, was er einst erklärt.
Zur stillen Zeit, da Glosters Tod im Werk war,
Hört’ ich Euch sagen: »Ist mein Arm nicht lang,
Der bis Calais zu meines Oheims Haupt
Von Englands sorgenfreiem Hofe reicht?«
Zur selben Zeit, nebst vielen andern Reden,
Hört’ ich Euch sagen, daß Ihr nicht dafür
An hunderttausend Kronen nehmen wolltet,
Daß Bolingbroke nach England wiederkäme.
Auch rühmtet Ihr, wie glücklich für dies Land
Sein würde dieses Eures Vetters Tod.
Aumerle
.
Prinzen und edle Herrn,
Wie soll ich diesem schlechten Mann erwidern?
Soll ich so sehr entehren mein Gestirn,
Auf gleichen Fuß ihm Züchtigung zu geben?
Ich muß entweder, oder meine Ehre
Bleibt mir befleckt vom Leumund seiner Lippen. –
Da liegt mein Pfand, des Todes Handpetschier,
Das dich der Hölle weiht; ich sag’, du lügst,
Und will bewähren, was du sagst, sei falsch,
In deinem Herzblut, ist es schon zu
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