Sämtliche Dramen
währt,
Erzähl’ ich, was mir eines Tags begegnet
An eben diesem Platz, wo jetzt wir stehn.
Zweiter Förster
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Da kommt ein Mann, laß den vorüber erst.
König Heinrich kommt verkleidet, mit einem Gebetbuche.
König Heinrich
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Von Schottland stahl ich weg mich, bloß aus Liebe,
Mit sehnsuchtsvollem Blick mein Land zu grüßen.
Nein, Heinrich, Heinrich! Dies ist nicht dein Land,
Dein Platz besetzt, dein Szepter dir entrungen,
Das Öl, das dich gesalbt hat, weggewaschen.
Kein biegsam Knie wird jetzt dich Cäsar nennen,
Kein Bitter drängt sich, für sein Recht zu sprechen,
Nein, niemand geht um Herstellung mich an:
Wie sollt’ ich andern helfen und nicht mir?
Erster Förster
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Das ist ein Wild, des Haut den Förster lohnt;
Der weiland König ist’s: laßt uns ihn greifen!
König Heinrich
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Der herben Trübsal will ich mich ergeben,
Denn Weise sagen, weise sei’s getan.
Zweiter Förster
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Was zögern wir? Laß Hand uns an ihn legen!
Erster Förster
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Halt noch ein Weilchen, hören wir noch mehr.
König Heinrich
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Nach Frankreich ging mein Weib und Sohn um Hülfe,
Auch hör’ ich, der gewalt’ge große Warwick
Sei hin, um des französischen Königs Tochter
Für Eduard zur Gemahlin zu begehren.
Ist dies gegründet, arme Königin
Und Sohn! so ist verloren eure Müh’.
Denn Warwick ist ein feiner Redner, Ludwig
Ein Fürst den leicht beredte Worte rühren.
Margareta kann ihn rühren, demzufolge;
Sie ist ein so beklagenswertes Weib:
Sie wird mit Seufzern seine Brust bestürmen,
Mit Tränen dringen in ein marmorn Herz.
Der Tiger selbst wird milde, wenn sie trauert,
Und Nero reuig, wenn er ihre Klagen
Und ihre salzen Tränen hört und sieht.
Ja, doch sie kam zu flehn; Warwick zu geben:
Zur Linken sie, begehrt für Heinrich Hülfe,
Zur Rechten er, wirbt um ein Weib für Eduard.
Sie weint und sagt, ihr Heinrich sei entsetzt;
Er lächelt, sagt, sein Eduard sei bestallt;
Daß nichts vor Gram die Arme mehr kann sagen,
Weil Warwick seinen Anspruch zeigt, das Unrecht
Beschönigt, Gründe bringt von großer Kraft
Und schließlich ab von ihr den König lenkt,
Daß er die Schwester ihm verspricht und alles,
Was König Eduards Platz befest’gen kann.
O Margareta! So wird’s sein: du Arme
Bist dann verlassen, wie du hülflos gingst.
Zweiter Förster
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Sag, wer du bist, der du von Kön’gen da
Und Königinnen sprichst?
König Heinrich
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Mehr als ich scheine
Und wen’ger als ich war durch die Geburt;
Ein Mensch, denn wen’ger kann ich doch nicht sein;
Und Menschen können ja von Kön’gen reden:
Warum nicht ich?
Zweiter Förster
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Ja, doch du sprichst, als ob du König wärst.
König Heinrich
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Ich bin’s auch, im Gemüt; das ist genug.
Zweiter Förster
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Bist du ein König, wo ist deine Krone?
König Heinrich
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Im Herzen trag’ ich sie, nicht auf dem Haupt,
Nicht mit Demanten prangend und Gestein,
Noch auch zu sehn: sie heißt Zufriedenheit,
Und selten freun sich Kön’ge dieser Krone.
Zweiter Förster
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Gut, seid Ihr König der Zufriedenheit,
Muß Eure Kron’ Zufriedenheit und Ihr
Zufrieden sein, mit uns zu gehn; wir denken,
Ihr seid’s, den König Eduard abgesetzt,
Und wir als Untertanen, die ihm Treue
Geschworen, greifen Euch als seinen Feind.
König Heinrich
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Doch schwort ihr nie, und brachet euren Eid?
Zweiter Förster
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Nie solchen Eid, und wollen’s jetzt auch nicht.
König Heinrich
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Wo wart ihr, als ich König war von England?
Zweiter Förster
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Hier in der Gegend, wo wir jetzo wohnen.
König Heinrich
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Neun Monden alt war ich gesalbter König,
Mein Vater, mein Großvater waren Kön’ge;
Ihr habt mir Untertanenpflicht geschworen:
So sagt denn, bracht ihr eure Eide nicht?
Erster Förster
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Nein, denn wir waren Untertanen nur,
Solang’ Ihr König wart.
König Heinrich
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Nun, bin ich tot? Atm’ ich nicht wie ein Mensch?
Ach, töricht Volk! Ihr wißt nicht, was ihr schwört.
Seht, wie ich diese Feder von mir blase,
Und wie die Luft zu mir zurück sie bläst,
Die, wenn ich blase, meinem Hauch gehorcht
Und einem andern nachgibt, wenn er bläst,
Vom stärkern Windstoß immerfort regiert:
So leichten Sinns seid ihr geringen Leute.
Doch brecht die Eide nicht; mit dieser Sünde
Soll meine milde Bitt’ euch nicht beladen.
Führt, wie ihr wollt: der König folgt Befehlen;
Seid Kön’ge ihr, befehlt, ich will gehorchen.
Erster Förster
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Wir sind des Königs treue Untertanen,
Des Königs Eduard.
König
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