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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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selbst muß diesen Wolf zu Tode jagen.
    Ab.
    ¶

Fünfte Szene
    Ein andrer Teil des Schlachtfeldes.
    Getümmel. König Heinrich tritt auf.
    König Heinrich
.
    Dies Treffen steht so wie des Morgens Krieg
    Von sterbendem Gewölk mit regem Licht,
    Dann, wann der Schäfer, auf die Nägel hauchend,
    Es nicht entschieden Tag noch Nacht kann nennen.
    Bald schwankt es hierhin, wie die mächt’ge See,
    Gezwungen von der Flut dem Wind zu trotzen;
    Bald schwankt es dorthin, wie dieselbe See,
    Gezwungen vor des Windes Wut zu weichen.
    Bald überwiegt die Flut und dann der Wind;
    Nun stärker eins, das andre dann das stärkste;
    Beid’ um den Sieg sich reißend, Brust an Brust,
    Doch keiner Überwinder, noch besiegt:
    So wäget gleich sich dieser grimme Krieg.
    Hier auf dem Maulwurfshügel will ich sitzen.
    Der Sieg sei dessen, dem ihn Gott beschert!
    Denn Margareta, mein Gemahl, und Clifford,
    Sie schalten aus der Schlacht mich, beide schwörend,
    Wenn ich entfernt sei, glück’ es ihnen besser.
    Wär’ ich doch tot, wär’s Gottes Wille so!
    Wer wird in dieser Welt des Jammers froh?
    O Gott! Mich dünkt, es wär’ ein glücklich Leben,
    Nichts Höher’s als ein schlichter Hirt zu sein;
    Auf einem Hügel sitzend, wie ich jetzt,
    Mir Sonnenuhren zierlich auszuschnitzen,
    Daran zu sehn, wie die Minuten laufen,
    Wie viele eine Stunde machen voll,
    Wie viele Stunden einen Tag vollbringen,
    Wie viele Tage endigen ein Jahr,
    Wie viele Jahr ein Mensch auf Erden lebt.
    Wann ich dies weiß, dann teil’ ich ein die Zeiten:
    So viele Stunden muß die Herd’ ich warten,
    So viele Stunden muß der Ruh’ ich pflegen,
    So viele Stunden muß ich Andacht üben,
    So viele Stunden muß ich mich ergötzen;
    So viele Tage trugen schon die Schafe,
    So viele Wochen, bis die armen lammen,
    So viele Jahr, eh’ ich die Wolle schere.
    Minuten, Stunden, Tage, Monden, Jahre,
    Zu ihrem Ziel gediehen, würden so
    Das weiße Haar zum stillen Grabe bringen.
    Ach, welch ein Leben wär’s! Wie süß! Wie lieblich!
    Gibt nicht der Hagdorn einen süßern Schatten
    Dem Schäfer, der die fromme Herd’ erblickt,
    Als wie ein reich gestickter Baldachin
    Dem König, der Verrat der Bürger fürchtet?
    O ja, das tut er, tausendmal so süß!
    Und endlich ist des Schäfers magrer Quark,
    Sein dünner Trank aus seiner Lederflasche,
    Im kühlen Schatten sein gewohnter Schlaf,
    Was alles süß und sorglos er genießt,
    Weit über eines Fürsten Köstlichkeiten,
    Die Speisen blinkend in der goldnen Schale,
    Den Leib gelagert auf ein kunstreich Bett,
    Wenn Sorge lauert, Argwohn und Verrat.
    Getümmel. Es kommt ein Sohn, der seinen Vater umgebracht hat, und schleppt die Leiche herbei.
    Sohn
.
    Schlecht weht der Wind, der keinem Vorteil bringt. –
    Der Mann hier, den ich Hand an Hand erschlug,
    Mag einen Vorrat Kronen bei sich haben,
    Und ich, der ich sie glücklich jetzt ihm nehme,
    Kann noch vor Nachts sie und mein Leben lassen
    An einen andern, wie der Tote mir.
    Wer ist’s? O Gott, ich sehe meinen Vater,
    Den im Gedräng’ ich unverseh’ns getötet.
    O schlimme Zeit, die solch Beginnen zeugt!
    Aus London ward vom König ich gemahnt;
    Mein Vater, als Vasall des Grafen Warwick,
    Von dem gemahnt, kam auf der Yorkschen Seite.
    Und ich, der ich von seiner Hand das Leben
    Empfangen, raubt’ es ihm mit meiner Hand.
    Verzeih’ mir, Gott, nicht wußt’ ich, was ich tat!
    Verzeih’ auch, Vater, denn dich kannt’ ich nicht!
    Die blut’gen Zeichen sollen meine Tränen
    Hinweg dir waschen, und kein Wort mehr nun,
    Bis zur Genüge sie geflossen sind.
    König Heinrich
.
    O kläglich Schauspiel! O der blut’gen Zeit!
    Wenn Löwen um die Höhlen sich bekriegen,
    Entgelten ihren Zwist harmlose Lämmer. –
    Wein’, armer Mann! Ich steh’ dir Trän’ um Träne
    Mit Weinen bei, daß beiden Aug’ und Herz,
    Als wär’ in uns ein bürgerlicher Krieg,
    Erblind’ in Tränen und vom Jammer breche.
    Es kommt ein Vater, der seinen Sohn umgebracht hat, mit der Leiche in den Armen.
    Vater
.
    Du, der so rüstig Widerstand geleistet,
    Gib mir dein Gold, wofern du welches hast:
    Mit hundert Streichen hab’ ich es erkauft. –
    Doch laßt mich sehn: ist dies ein Feindsgesicht?
    Ach, nein, nein, nein! Es ist mein einz’ger Sohn. –
    Ach, Kind! Wenn irgend Leben in dir ist,
    Schlag’ auf den Blick: sieh, welche Schau’r entstehn,
    Von meines Herzens Sturm auf deine Wunden
    Herbeigeweht, die Aug’ und Herz mir töten. –
    O Gott, erbarm’ dich dieser Jammerzeit!
    Was doch

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