Sämtliche Dramen
für Taten, grausam, schlächtermäßig,
Verblendet, meuterisch und unnatürlich,
Die tödliche Entzweiung täglich zeugt!
O Kind, dein Vater gab zu früh dir Leben
Und hat zu spät des Lebens dich beraubt!
König Heinrich
.
Weh über Weh! Mehr als gemeines Leid!
O daß mein Tod die Greuel hemmen möchte!
Erbarmen, güt’ger Himmel, o Erbarmen!
Sein Antlitz führt die rote Ros’ und weiße,
Die Unglücksfarben unsrer zwist’gen Häuser:
Der einen gleichet ganz sein purpurn Blut,
Die bleiche Wange stellt die andre dar;
Welk’ eine Rose dann, und blüh’ die andre!
Kämpft ihr, so müssen tausend Leben welken
Sohn
.
Wie wird die Mutter um des Vaters Tod
Mich schelten und sich nie zufrieden geben!
Vater
.
Wie wird mein Weib des Sohnes Mord in Tränen
Ertränken und sich nie zufrieden geben!
König Heinrich
.
Wie wird das Volk dem König dieses Elend
Verargen und sich nicht zufrieden geben!
Sohn
.
Hat je ein Sohn den Vater so betrauert?
Vater
.
Hat je ein Vater so den Sohn beweint?
König Heinrich
.
Hat je ein König so sein Volk beklagt?
Eu’r Leid ist groß, doch zehnmal größer meins.
Sohn
.
Ich trage dich mit fort, mich satt zu weinen.
Ab mit der Leiche.
Vater
.
Hier diese Arme soll’n dein Leichenhemde,
Mein Herz dein Grabmal, süßer Junge, sein:
Denn niemals soll dein Bild mein Herz verlassen.
Die Brust soll das Geläut’ dem Toten seufzen,
Dein Vater wird die Feier so begehn,
Um dich betrübt, da er nicht mehre hat,
Wie Priamus um all die tapfern Söhne.
Ich trag’ dich fort, und fechtet, wie ihr wollt:
Ich hab’ ermordet, wo ich nicht gesollt.
Ab mit der Leiche.
König Heinrich
.
Ihr Traurigen, die Leidenslast umfängt!
Hier sitzt ein König, mehr wie ihr bedrängt.
Getümmel. Angriffe. Königin Margareta, Prinz von Wales und Exeter treten auf.
Prinz
.
Flieht, Vater, flieht! Entflohn sind alle Freunde,
Und Warwick tobt wie ein gehetzter Stier.
Fort! denn an unsern Fersen sitzt der Tod.
Margareta
.
Zu Pferde, mein Gemahl! Nach Berwick jagt!
Eduard und Richard, wie ein paar Windhunde,
Den scheuen flücht’gen Hasen vor sich her,
Mit feur’gen Augen, funkelnd von der Wut,
Und blut’gem Stahl, in grimmer Hand gefaßt,
Sind hinter uns: und also schleunig fort!
Exeter
.
Fort! denn die Rache kommt mit ihnen nach.
Nein, säumet nicht mit Einwendungen, eilt!
Sonst kommt mir nach, so will ich Euch voran.
König Heinrich
.
Nein, nimm mich mit dir, bester Exeter;
Ich fürchte nicht zu bleiben, doch ich wünsche
Der Königin zu folgen. Vorwärts, fort!
Alle ab.
¶
Sechste Szene
Lautes Getümmel. Clifford kommt, verwundet.
Clifford
.
Hier brennt mein Licht zu Ende, ja, hier stirbt’s,
Das immer König Heinrich hat geleuchtet.
O Lancaster! Ich fürchte deinen Sturz
Mehr als der Seele Scheiden aus dem Leib.
Viel Freunde band dir meine Lieb’ und Furcht,
Und, da ich falle, reißt die starke Klammer,
Schwächt dich und stärkt den überstolzen York.
Wie Sommerfliegen schwärmt gemeines Volk,
Und wohin fliegen Mücken als zur Sonne?
Und wer geht jetzo auf, als Heinrichs Feinde?
O Phöbus! Hätt’st du nicht dem Phaeton
Erlaubt, zu zügeln deine feur’gen Rosse,
Dein Wagen setzte nie die Erd’ in Brand.
Und, Heinrich, hättest du geherrscht als König,
Und wie dein Vater, und sein Vater tat,
Dem Hause York um keinen Fußbreit weichend,
Sie hätten nicht geschwärmt wie Sommerfliegen:
Ich, und zehntausend in dem armen Reich,
Versetzten nicht in Trauer unsre Witwen;
Und friedlich säßest du auf deinem Stuhl.
Denn was nährt Unkraut, als gelinde Luft?
Und was macht Räuber kühn, als zu viel Milde?
Fruchtlos sind Klagen, hülflos meine Wunden:
Kein Weg zur Flucht, noch Kraft, sie auszuhalten;
Der Feind ist hart und wird sich nicht erbarmen,
Denn ich verdient’ um ihn ja kein Erbarmen.
Die Luft drang in die schweren Wunden mir,
Und viel Verlust vom Blute macht mich matt.
York, Richard, Warwick, alle her auf mich!
Durchbohrt die Brust, wie euren Vätern ich.
Er fällt in Ohnmacht.
Getümmel und Rückzug, Eduard, George, Richard, Montague und Warwick treten auf mit Soldaten.
Eduard
.
Nun atmet auf, ihr Lords; das gute Glück
Heißt uns verziehen und die finstre Stirn
Des Kriegs mit friedensvollen Blicken sänft’gen.
Ein Haufe folgt der blutbegier’gen Königin,
Die so den stillen Heinrich weggeführt,
Ist er ein König schon, wie wohl ein Segel,
Von einem heft’gen Windstoß angefüllt,
Der Flut die
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