Sämtliche Dramen
ab im Mutterschoß,
Und, daß ihr sanft Gesetz für mich nicht gölte,
Bestach sie die gebrechliche Natur
Mit irgendeiner Gabe, meinen Arm
Wie einen dürren Strauch mir zu verschrumpfen,
Dem Rücken einen neid’schen Berg zu türmen,
Wo Häßlichkeit, den Körper höhnend, sitzt,
Die Beine von ungleichem Maß zu formen,
An jedem Teil mich ungestalt zu schaffen
Gleich wie ein Chaos oder Bärenjunges,
Das, ungeleckt, der Mutter Spur nicht trägt.
Und bin ich also wohl ein Mann zum Lieben?
O schnöder Wahn, nur den Gedanken hegen!
Weil denn die Erde keine Lust mir beut
Als herrschen, meistern, andre unterjochen,
Die besser von Gestalt sind wie ich selbst,
So sei’s mein Himmel, von der Krone träumen
Und diese Welt für Hölle nur zu achten,
Bis auf dem mißgeschaffnen Rumpf mein Kopf
Umzirkelt ist mit einer reichen Krone.
Doch weiß ich nicht, wie ich die Kron’ erlange,
Denn manches Leben trennt mich von der Heimat;
Und ich, wie ein im dorn’gen Wald Verirrter,
Die Dornen reißend und davon gerissen,
Der einen Weg sucht und vom Wege schweift
Und weiß nicht, wie zur freien Luft zu kommen,
Allein verzweifelt ringt, hindurchzudringen, –
So martr’ ich mich, die Krone zu erhaschen,
Und will von dieser Marter mich befrein,
Wo nicht, den Weg mit blut’ger Axt mir haun.
Kann ich doch lächeln, und im Lächeln morden,
Und rufen: schön! zu dem, was tief mich kränkt,
Die Wangen netzen mit erzwungnen Tränen
Und mein Gesicht zu jedem Anlaß passen.
Ich will mehr Schiffer als die Nix’ ersäufen,
Mehr Gaffer töten als der Basilisk;
Ich will den Redner gut wie Nestor spielen,
Verschmitzter täuschen, als Ulyß gekonnt,
Und, Sinon gleich, ein zweites Troja nehmen;
Ich leihe Farben dem Chamäleon,
Verwandle mehr als Proteus mich und nehme,
Den mörd’rischen Machiavell in Lehr’.
Und kann ich das, und keine Kron’ erschwingen?
Ha! Noch so weit, will ich herab sie zwingen.
Ab.
¶
Dritte Szene
Frankreich. Ein Zimmer im Palast.
Pauken und Trompeten. König Ludwig und Bona treten auf mit Gefolge.
Der König setzt sich auf den Thron. Hierauf Königin Margareta, Prinz Eduard und der Graf von Oxford.
König Ludwig
aufstehend.
Setzt, schöne Königin von England, Euch
Hier, würd’ge Margareta, zu uns her:
Es ziemt nicht Eurem Range noch Geburt,
Daß Ihr so steht, indessen Ludwig sitzt.
Margareta
.
Nein, großer König Frankreichs! Margareta
Muß nun ihr Segel streichen und für jetzt,
Wo Könige gebieten, dienen lernen.
Ich war vom großen Albion Königin,
Gesteh’ ich, in vergangnen goldnen Tagen.
Doch Mißgeschick trat meine Rechte nieder
Und streckte schimpflich auf den Boden mich,
Wo ich mich gleich muß setzen meinem Glück
Und meinem niedern Sitze mich bequemen.
König Ludwig
.
Wie, so verzweifelt, schöne Königin?
Margareta
.
Um das, was mir die Augen füllt mit Tränen,
Die Zunge hemmt, das Herz in Gram ertränkt.
König Ludwig
.
Was es auch sei, sei du dir immer gleich
Und setz’ dich neben uns; beug’ nicht den Nacken
setzt sie neben sich
Dem Joch des Glücks, dein unverzagter Mut
Muß über jeden Unfall triumphieren.
Sei offen, Königin, und sag dein Leid:
Wenn Frankreich helfen kann, so soll’s geschehn.
Margareta
.
Dein gnädig Wort hebt den gesunknen Geist
Und läßt den stummen Gram zur Sprache kommen.
Zu wissen sei daher dem edlen Ludwig,
Daß Heinrich, meines Herzens ein’ger Herr,
Aus einem König ein Verbannter ward
Und muß als Flüchtling jetzt in Schottland leben,
Indes der stolze Eduard, Herzog York,
Sich angemaßt des Titels und des Throns
Von Englands echtgesalbtem, wahrem König.
Dies ist’s, warum ich arme Margareta,
Mit meinem Sohn, Prinz Eduard, Heinrichs Erben,
Dich um gerechten Beistand flehend komme.
Wenn du uns fehlst, ist unsre Hoffnung hin.
Schottland hat Willen, doch nicht Macht zu helfen;
Mißleitet ist so unser Volk wie Pairs,
Der Schatz genommen, auf der Flucht das Heer,
Und wie du siehst, wir selbst in Ängsten schwer.
König Ludwig
.
Berühmte Fürstin, sänft’ge mit Geduld
Den Sturm, indes wir sinnen ihn zu dämpfen.
Margareta
.
Je mehr wir zögern, wird der Feind verstärkt.
König Ludwig
.
Je mehr ich zögre, leist’ ich Beistand dir.
Margareta
.
Ach, Ungeduld begleitet wahre Leiden,
Und seht, da kommt der Stifter meiner Leiden.
Warwick tritt auf mit Gefolge.
König Ludwig
.
Wer ist’s, der kühn in unsre Nähe tritt?
Margareta
.
Der Graf von Warwick, Eduards
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