Sämtliche Dramen
Demetrius, einander drohend.
Demetrius
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Chiron, fürwahr,
Witz mangelt deiner Jugend, Salz dem Witz,
Und Sitte, in mein Werben dich zu drängen,
Wo Liebe mir vielleicht begegnen mag.
Chiron
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Demetrius, dich tört dein eitler Sinn,
Daß du mich willst mit Hoffart überschrein!
’s ist nicht der kurze Abstand eines Jahrs,
Der mich zurücksetzt, dich beglückter macht:
Ich bin so rüstig, so geschickt wie du,
Dienend der Liebsten Gunst mir zu verdienen:
Und das beweis’ ich dir mit meinem Schwert,
Dir’s darzutun, ich sei Laviniens wert.
Aaron
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He, Knittel, Knittel! Zwei Verliebte zanken!
Demetrius
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Was, Knabe? Weil die Mutter unbedacht
Dir an die Seite steckt’ ein Tänzerschwert,
Wirst du so wild und drohst dem Bruder? Geh,
Laß deine Latt’ in ihre Scheide leimen,
Bis du sie besser erst regieren lernst! –
Chiron
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Nun, Freund, dann soll mein bißchen Fechterkunst
Dich gleich belehren, was mein Mut vermag.
Demetrius
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Was, Knabe! Schon so dreist?
Sie ziehn die Schwerter.
Aaron
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Ihr Herrn, laßt ab;
So nah des Kaisers Hofburg wollt ihr ziehn,
Und solchen Zwist ausfechten vor dem Volk?
Ich weiß recht wohl den Grund zu all dem Hader:
Nicht möcht’ ich wünschen für ’nen Berg von Gold,
Daß die euch hörten, die’s zunächst betrifft;
Noch für weit höhern Preis möcht’ eure Mutter
Sich so beschimpft sehn an des Kaisers Hof.
Schämt euch! Steckt ein!
Chiron
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Ich nicht, bis ich mein Schwert
Getaucht in seine Brust, noch bis er schlang
Zurück in seinen Hals den schnöden Hohn,
Mit dem sein Mund entehrend mich geschmäht.
Demetrius
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Dazu bin ich gerüstet und bereit. –
Zanksücht’ger Feigling! dessen Zunge donnert,
Und der das Eisen nicht zu brauchen wagt!
Aaron
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Fort, sag’ ich euch! –
Nun, bei dem Gott, zu dem die Goten flehn,
Der kind’sche Groll verdirbt uns allzumal.
Was, Herrn, bedünkt’s euch nicht gefährlich Spiel,
Mit Füßen treten eines Prinzen Recht?
Wie? Ist Lavinia denn so leichter Art,
Und dünkt Bassianus euch so ganz entherzt,
Daß ihre Gunst der Vorwand solches Zanks,
So ohne Scheu vor Rache noch Gesetz? –
Kindlein, bedenkt: erführ’ die Kaiserin
Des Mißtons Grund, sie zürnte der Musik.
Chiron
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Mir gleich, ob sie’s erführ’ und alle Welt:
Lavinien lieb’ ich mehr als alle Welt.
Demetrius
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Lern’ erst bescheidner wählen, junger Bursch:
Lavinia ward des ältern Bruders Ziel.
Aaron
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Was, seid ihr toll? Wißt ihr denn nicht in Rom,
Wie wild und eifersüchtig Männer sind,
Und dulden Mitbewerber nimmermehr?
Ich sag’ euch, Herrn, ihr schmiedet euern Tod
Durch dies Beginnen.
Chiron
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Aaron, ich wagte tausend Leben dran,
Die Liebste zu besitzen.
Aaron
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Was? besitzen?
Demetrius
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Wie stellst du dich so fremd!
Sie ist ein Weib, drum darf man um sie werben;
Sie ist ein Weib, drum kann man sie gewinnen;
Sie ist Lavinia, drum muß man sie lieben.
Ei, Mann, mehr Wasser fließt vorbei der Mühle,
Als es der Müller denkt; und leicht ja stiehlst du
Vom einmal angeschnittnen Brot ein Stück: –
Ist Prinz Bassianus auch des Kaisers Bruder,
Schon Beßre trugen wohl den Schmuck Vulkans.
Aaron
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Ja,
beiseit
und so gute wohl, als Saturnin.
Demetrius
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Wie sollte denn verzagen, wer’s versteht
Mit Wort und Blick und mit Geschenk zu werben? –
Wie? traf dein Schuß nicht schon manch fremdes Reh,
Und vor des Försters Nase trugst du’s heim? –
Aaron
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So scheint’s, ein list’ger Streich und rechter Griff
Büßt’ eure Lust?
Chiron
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Ja, lust’ge Buße wär’s!
Demetrius
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Aaron, du trafst es.
Aron
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Triff es auch, du Tor,
So steht uns all der Lärm nicht mehr bevor! –
Nun hört nur, hört: seid ihr so kindisch noch,
Euch deshalb zu entzwein? Verdrießt es euch,
Wenn es euch beiden glückt?
Chiron
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Mich nicht, fürwahr.
Demetrius
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Mich auch nicht, wenn nur ich der eine bin.
Aron
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Seid einig denn, und was euch trennt, versöhn’ euch!
Mit List und Politik erreicht das Ziel,
Nach dem ihr strebt, und dies sei euer Plan;
Ihr könnt nicht überreden, wie ihr’s wünscht:
So nehmt denn mit Gewalt, wie ihr’s vermögt! –
Ich sag’ euch, keuscher war Lucretia nicht
Als jetzt Bassianus’ Weib Lavinia.
Wir müssen diesmal schnellern Weg ersehn
Als schmachtend Buhlen, und ich fand den Pfad.
Ihr Herrn, ein stattlich Jagen steht bevor:
Da finden sich zu Hauf die Schönen Roms;
Weit und entlegen dehnt der Wald sich aus
Und beut viel unbetretne
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