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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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– Oh, wie schnell
    Drängt Unheil sich in der Verzweiflung Rat!
    Mir fällt ein Apotheker ein; er wohnt
    Hier irgendwo herum. – Ich sah ihn neulich,
    Zerlumpt, die Augenbraunen überhangend;
    Er suchte Kräuter aus; hohl war sein Blick,
    Ihn hatte herbes Elend ausgemergelt;
    Ein Schildpatt hing in seinem dürft’gen Laden,
    Ein ausgestopftes Krokodil und Häute
    Von mißgestalten Fischen: auf dem Sims
    Ein bettelhafter Prunk von leeren Büchsen
    Und grüne Töpfe, Blasen, müff’ger Samen,
    Bindfadenendchen, alte Rosenkuchen,
    Das alles dünn verteilt, zur Schau zu dienen.
    Betrachtend diesen Mangel, sagt’ ich mir:
    Bedürfte jemand Gift hier, des Verkauf
    In Mantua sogleich zum Tode führt,
    Da lebt ein armer Schelm, der’s ihm verkaufte.
    Oh, der Gedanke zielt’ auf mein Bedürfnis,
    Und dieser dürft’ge Mann muß mir’s verkaufen
    So viel ich mich entsinn’, ist dies das Haus:
    Weil’s Festtag ist, schloß seinen Kram der Bettler.
    He! holla! Apotheker!
    Der Apotheker kommt heraus.
    Apotheker
.
    Wer ruft so laut?
    Romeo
.
    Mann, komm hieher! – Ich sehe, du bist arm.
    Nimm, hier sind vierzig Stück Dukaten: gib
    Mir eine Dose Gift; solch scharfen Stoff,
    Der schnell durch alle Adern sich verteilt,
    Daß tot der lebensmüde Trinker hinfällt,
    Und daß die Brust den Odem von sich stößt
    So ungestüm, wie schnell entzündet Pulver
    Aus der Kanone furchtbar’m Schlunde blitzt.
    Apotheker
.
    So tödliche Arzneien hab’ ich wohl,
    Doch Mantuas Gesetz ist Tod für jeden,
    Der feil sie gibt.
    Romeo
.
    Bist du so nackt und bloß,
    Von Plagen so bedrückt, und scheust den Tod?
    Der Hunger sitzt in deinen hohlen Backen,
    Not und Bedrängnis darbt in deinem Blick,
    Auf deinem Rücken hängt zerlumptes Elend,
    Die Welt ist nicht dein Freund, noch ihr Gesetz;
    Die Welt hat kein Gesetz, dich reich zu machen:
    Drum sei nicht arm, brich das Gesetz und nimm!
    Apotheker
.
    Nur meine Armut, nicht mein Wille weicht.
    Romeo
.
    Nicht deinem Willen, deiner Armut zahl’ ich.
    Apotheker
.
    Tut dies in welche Flüssigkeit Ihr wollt,
    Und trinkt es aus; und hättet Ihr die Stärke
    Von Zwanzigen, es hülf’ Euch gleich davon.
    Romeo
.
    Da ist dein Gold, ein schlimmres Gift den Seelen
    Der Menschen, das in dieser eklen Welt
    Mehr Mord verübt, als diese armen Tränkchen,
    Die zu verkaufen dir verboten ist.
    Ich gebe Gift dir; du verkaufst mir keins.
    Leb wohl, kauf’ Speis’ und füttre dich heraus! –
    Komm, Stärkungstrank, nicht Gift! Begleite mich
    Zu Juliens Grab: denn da bedarf ich dich.
    Ab.
    ¶

Zweite Szene
    Lorenzos Zelle.
    Bruder Marcus kömmt.
    Marcus
.
    Ehrwürd’ger Bruder Franziskaner! he!
    Bruder Lorenzo kömmt.
    Lorenzo
.
    Das ist ja wohl des Bruders Marcus Stimme –
    Willkommen mir von Mantua! Was sagt
    Denn Romeo? Faßt’ er es schriftlich ab,
    So gib den Brief!
    Marcus
.
    Ich ging, um einen Bruder
    Barfüßer unsers Ordens, der den Kranken
    In dieser Stadt hier zuspricht, zum Geleit
    Mir aufzusuchen; und da ich ihn fand,
    Argwöhnten die dazu bestellten Späher,
    Wir wären beid’ in einem Haus, in welchem
    Die böse Seuche herrschte, siegelten
    Die Türen zu und ließen uns nicht gehn.
    Dies hielt mich ab, nach Mantua zu eilen.
    Lorenzo
.
    Wer trug denn meinen Brief zum Romeo?
    Marcus
.
    Da hast du ihn, ich könnt’ ihn nicht bestellen:
    Ihn dir zu bringen, fand kein Bote sich,
    So bange waren sie vor Ansteckung.
    Lorenzo
.
    Unsel’ges Mißgeschick! Bei meinem Orden,
    Nicht eitel war der Brief: sein Inhalt war
    Von teuren Dingen, und die Säumnis kann
    Gefährlich werden. Bruder Marcus, geh,
    Hol’ ein Brecheisen mir und bring’s sogleich
    In meine Zell’!
    Marcus
.
    Ich geh’ und bring’s dir, Bruder.
    Ab.
    Lorenzo
.
    Ich muß allein zur Gruft nun. Innerhalb
    Drei Stunden wird das schöne Kind erwachen;
    Verwünschen wird sie mich, weil Romeo
    Vom ganzen Vorgang nichts erfahren hat.
    Doch schreib’ ich gleich aufs neu’ nach Mantua,
    Und berge sie so lang’ in meiner Zell’,
    Bis ihr Geliebter kömmt. Die arme Seele!
    Lebend’ge Leich’ in dumpfer Grabeshöhle!
    Ab.
    ¶

Dritte Szene
    Ein Kirchhof; auf demselben das Familienbegräbnis der Capulets.
    Paris und sein Page, mit Blumen und einer Fackel, treten auf.
    Paris
.
    Gib mir die Fackel, Knab’, und halt’ dich fern. –
    Nein, lisch sie aus: man soll mich hier nicht sehn.
    Dort unter jenen Ulmen streck’ dich hin,
    Und leg’ dein Ohr dicht an den hohlen Grund:
    So kann kein Fuß auf diesen Kirchhof treten,
    Der locker

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