Sämtliche Dramen
alles Zubehör.
Gefällt es Euch, so laßt mich jetzt allein,
Und laßt zu Nacht die Amme mit Euch wachen;
Denn sicher habt Ihr alle Hände voll
Bei dieser eil’gen Anstalt.
Gräfin Capulet
.
Gute Nacht!
Geh nun zu Bett und ruh’; du hast es nötig.
Gräfin Capulet und die Wärterin ab.
Julia
.
Lebt wohl! – Gott weiß, wann wir uns wieder sehn.
Kalt rieselt matter Schau’r durch meine Adern,
Der fast die Lebenswärm’ erstarren macht.
Ich will zurück sie rufen mir zum Trost. –
Amme! – Doch was soll sie hier? –
Mein düstres Spiel muß ich allein vollenden.
Komm du, mein Kelch! –
Doch wie? wenn dieser Trank nun gar nichts wirkte,
Wird man dem Grafen mit Gewalt mich geben?
Nein, nein: dies soll’s verwehren. – Lieg’ du hier! –
Sie legt einen Dolch neben sich.
Wie? wär’ es Gift, das mir mit schlauer Kunst
Der Mönch bereitet, mir den Tod zu bringen,
Auf daß ihn diese Heirat nicht entehre,
Weil er zuvor mich Romeon vermählt?
So, fürcht’ ich, ist’s; doch dünkt mich, kann’s nicht sein,
Denn er ward stets ein frommer Mann erfunden.
Ich will nicht Raum so bösem Argwohn geben. –
Wie aber? wenn ich, in die Gruft gelegt,
Erwache vor der Zeit, da Romeo
Mich zu erlösen kommt? Furchtbarer Fall!
Werd’ ich dann nicht in dem Gewölb’ ersticken,
Des gift’ger Mund nie reine Lüfte einhaucht,
Und so erwürgt da liegen, wann er kommt?
Und leb’ ich auch, könnt’ es nicht leicht geschehn,
Daß mich das grause Bild von Tod und Nacht,
Zusammen mit den Schrecken jenes Ortes,
Dort im Gewölb’ in alter Katakombe,
Wo die Gebeine aller meiner Ahnen
Seit vielen hundert Jahren aufgehäuft,
Wo frisch beerdigt erst der blut’ge Tybalt
Im Leichentuch verwest; wo, wie man sagt,
In mitternächt’ger Stunde Geister hausen –
Weh, weh! könnt’ es nicht leicht geschehn, daß ich,
Zu früh erwachend, – und nun ekler Dunst,
Gekreisch wie von Alraunen, die man aufwühlt,
Das Sterbliche, die’s hören, sinnlos macht –
Oh, wach’ ich auf, werd’ ich nicht rasend werden,
Umringt von all den greuelvollen Schrecken,
Und toll mit meiner Väter Glieder spielen?
Und Tybalt aus dem Leichentuche zerren?
Und in der Wut, mit eines großen Ahnherrn
Gebein, zerschlagen mein zerrüttet Hirn?
O seht! mich dünkt, ich sehe Tybalts Geist!
Er späht nach Romeo, der seinen Leib
Auf einen Degen spießte. – Weile, Tybalt! –
Ich komme, Romeo! Dies trink’ ich dir.
Sie wirft sich auf das Bette.
¶
Vierte Szene
Ein Saal in Capulets Hause.
Gräfin Capulet und die Wärterin.
Gräfin Capulet
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Da, nehmt die Schlüssel, holt noch mehr Gewürz!
Wärterin
.
Sie wollen Quitten und Orangen haben
In der Konditorei.
Capulet kommt.
Capulet
.
Kommt, rührt euch! Frisch! Schon kräht der zweite Hahn,
Die Morgenglocke läutet; ’s ist drei Uhr.
Sieh nach dem Backwerk, Frau Angelica,
Spar’ nichts daran!
Wärterin
.
Topfgucker! Geht nur, geht!
Macht Euch zu Bett! – Gelt, Ihr seid morgen krank,
Wenn Ihr die ganze Nacht nicht schlaft.
Capulet
.
Kein bißchen! Was? Ich hab’ um Kleiners wohl
Die Nächte durchgewacht, und war nie krank.
Gräfin Capulet
.
Ja, ja! Ihr wart ein feiner Vogelsteller
Zu Eurer Zeit! Nun aber will ich Euch
Vor solchem Wachen schon bewachen.
Gräfin und Wärterin ab.
Capulet
.
O Ehestand! o Wehestand! Nun, Kerl’,
Was bringt ihr da?
Bediente mit Bratspießen, Scheiten und Körben gehn über die Bühne.
Erste Bediente
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s’ ist für den Koch, Herr; was, das weiß ich nicht.
Capulet
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Macht zu, macht zu!
Bedienter ab.
Hol’ trockne Klötze, Bursch!
Ruf’ Petern, denn der weiß es, wo sie sind.
Zweiter Bediente
.
Braucht Ihr ’nen Klotz, Herr, bin ich selber da,
Und hab’ nicht nötig, Petern anzugehn.
Capulet
.
Blitz! gut gesagt! Ein lust’ger Teufel! Ha,
Du sollst das Haupt der Klötze sein. – Wahrhaftig,
s’ ist Tag: der Graf wird mit Musik gleich kommen.
Das wollt’ er, sagt’ er ja: ich hör’ ihn schon.
Musik hinter der Szene.
Frau! Wärterin! He, sag’ ich, Wärterin!
Die Wärterin kommt.
Weckt Julien auf! Geht, putzt mir sie heraus;
Ich geh’ indes und plaudre mit dem Grafen.
Eilt Euch, macht fort! Der Bräut’gam ist schon da.
Fort! sag’ ich Euch.
Ab.
¶
Fünfte Szene
Juliens Kammer.
Julia auf dem Bette.
Die Wärterin kommt.
Wärterin
.
Fräulein! Nun, Fräulein! – Julia! – Nun, das schläft! –
He, Lamm! He, Fräulein! – Pfui, Langschläferin! –
Mein
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