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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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aufgewühlt von vielen Gräbern,
    Daß du’s nicht hörest; pfeife dann mir zu,
    Zum Zeichen, daß du etwas nahen hörst!
    Gib mir die Blumen, tu’, wie ich dir sagte!
    Page
.
    Fast grauet mir, so auf dem Kirchhof hier
    Allein zu bleiben; doch ich will es wagen.
    Entfernt sich.
    Paris
.
    Dein bräutlich Bett bestreu’ ich, süße Blume,
    Mit Blumen dir; du schließest, holdes Grab,
    Der sel’gen Welt vollkommnes Muster ein.
    O schöne Julia! Engeln zugesellt,
    Nimm diese letzte Gab’ aus dessen Händen,
    Der dich im Leben ehrte, und im Tod
    Mit Preis und Klage deine Ruh’statt ziert.
    Der Knabe pfeift.
    Der Bube gibt ein Zeichen: jemand naht.
    Welch ein verdammter Fuß kömmt dieses Wegs
    Und stört die Leichenfeier frommer Liebe?
    Mit einer Fackel? wie? Verhülle, Nacht,
    Ein Weilchen mich!
    Er tritt beiseite.
    Romeo und Balthasar mit einer Fackel, Haue u.s.w.
    Romeo
.
    Gib mir das Eisen und die Haue her!
    Nimm diesen Brief: früh morgens siehe zu,
    Daß du ihn meinem Vater überreichst.
    Gib mir das Licht! Aufs Leben bind’ ich’s dir:
    Was du auch hörst und siehst, bleib’ in der Ferne,
    Und unterbrich mich nicht in meinem Tun!
    Ich steig’ in dieses Todesbett hinab,
    Teils meiner Gattin Angesicht zu sehn,
    Vornehmlich aber einen kostbar’n Ring
    Von ihren toten Fingern abzuziehn,
    Den ich zu einem wicht’gen Werk bedarf.
    Drum auf und geh! Und kehrest du zurück,
    Vorwitzig meiner Absicht nachzuspähn,
    Bei Gott! so reiß ich dich in Stücke, säe
    Auf diesen gier’gen Boden deine Glieder.
    Die Nacht und mein Gemüt sind wütend-wild.
    Viel grimmer und viel unerbittlicher
    Als durst’ge Tiger und die wüste See.
    Balthasar
.
    So will ich weggehn, Herr, und Euch nicht stören.
    Romeo
.
    Dann tust du als mein Freund. Nimm, guter Mensch,
    Leb’ und sei glücklich, und gehab’ dich wohl!
    Balthasar
für sich.
    Trotz allem dem will ich mich hier verstecken:
    Ich trau’ ihm nicht, sein Blick erregt mir Schrecken.
    Entfernt sich.
    Romeo
.
    O du verhaßter Schlund! du Bauch des Todes!
    Der du der Erde Köstlichstes verschlangst,
    So brech’ ich deine morschen Kiefern auf
    Und will, zum Trotz, noch mehr dich überfüllen.
    Er bricht die Türe des Gewölbes auf.
    Paris
.
    Ha! der verbannte, stolze Montague,
    Der Juliens Vetter mordete; man glaubt,
    An diesem Grame starb das holde Wesen;
    Hier kommt er nun, um niederträcht’gen Schimpf
    Den Leichen anzutun: ich will ihn greifen. –
    Tritt hervor.
    Laß dein verruchtes Werk, du Montague!
    Wird Rache übern Tod hinaus verfolgt?
    Verdammter Bube! ich verhafte dich:
    Gehorch’ und folge mir, denn du mußt sterben.
    Romeo
.
    Fürwahr, das muß ich: darum kam ich her.
    Versuch’ nicht, guter Jüngling, den Verzweifelnden!
    Entflieh’ und laß mich; denke dieser Toten!
    Laß sie dich schrecken! – Ich beschwör’ dich, Jüngling,
    Lad’ auf mein Haupt nicht eine neue Sünde,
    Wenn du zur Wut mich reizest; geh, o geh!
    Bei Gott, ich liebe mehr dich als mich selbst,
    Denn gegen mich gewaffnet komm’ ich her.
    Fort! eile! leb’ und nenn barmherzig ihn,
    Den Rasenden, der dir gebot zu fliehn!
    Paris
.
    Ich kümmre mich um dein Beschwören nicht
    Und greife dich als Missetäter hier.
    Romeo
.
    Willst du mich zwingen? Knabe, sieh dich vor!
    Sie fechten.
    Page
.
    Sie fechten! Gott! Ich will die Wache rufen.
    Paris
.
    Oh, ich bin hin! –
    Fällt.
    Hast du Erbarmen, öffne
    Die Gruft und lege mich zu Julien!
    Er stirbt.
    Romeo
.
    Auf Ehr’, ich will’s. – Laßt sein Gesicht mich schaun:
    Mercutios edler Vetter ist’s, Graf Paris!
    Was sagte doch mein Diener, weil wir ritten,
    Als die bestürmte Seel’ es nicht vernahm? –
    Ich glaube: Julia habe sich mit Paris
    Vermählen sollen; sagt’ er mir nicht so?
    Wie, oder träumt’ ich’s? oder bild’ ich’s mir
    Im Wahnsinn ein, weil er von Julien sprach?
    Oh, gib mir deine Hand, du, so wie ich
    Ins Buch des herben Unglücks eingezeichnet!
    Ein siegeprangend Grab soll dich empfangen.
    Ein Grab? Nein, eine Leucht’, erschlagner Jüngling!
    Denn hier liegt Julia: ihre Schönheit macht
    Zur lichten Feierhalle dies Gewölb’.
    Da lieg’ begraben, Tod, von einem Toten! –
    Er legt den Paris in das Begräbnis.
    Wie oft sind Menschen, schon des Todes Raub,
    Noch fröhlich worden! Ihre Wärter nennen’s
    Den letzten Lebensblitz. Wohl mag dann dies
    Ein Blitz mir heißen. – O mein Herz! mein Weib!
    Der Tod, der deines Odems Balsam sog,
    Hat über deine Schönheit nichts vermocht.
    Noch bist du nicht

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