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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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durch ihre Schwere, große Sprünge zu machen.
    Machiavell .
    Es würde die Gemüter äußerst aufbringen.
    Regentin .
    Der König meint aber, hörst du? – Er meint, dass ein tüchtiger General, so einer, der gar keine Räson annimmt, gar bald mit Volk und Adel, Bürgern und Bauern fertig werden könne; – und schickt deswegen mit einem starken Heere – den Herzog von Alba.
    Machiavell .
    Alba?
    Regentin .
    Du wunderst dich?
    Machiavell .
    Ihr sagt: Er schickt. Er fragt wohl, ob er schicken soll?
    Regentin .
    Der König fragt nicht; er schickt.
    Machiavell .
    So werdet Ihr einen erfahrnen Krieger in Euren Diensten haben.
    Regentin .
    In meinen Diensten? Rede grad heraus, Machiavell.
    Machiavell .
    Ich möcht’ Euch nicht vorgreifen.
    Regentin .
    Und ich möchte mich verstellen! Es ist mir empfindlich, sehr empfindlich. Ich wollte lieber, mein Bruder sagte, wie er’s denkt, als dass er förmliche Episteln unterschreibt, die ein Staatssekretär aufsetzt.
    Machiavell .
    Sollte man nicht einsehen? –
    Regentin .
    Und ich kenne sie inwendig und auswendig. Sie möchten’s gern gesäubert und gekehrt haben, und weil sie selbst nicht zugreifen, so findet ein jeder Vertrauen, der mit dem Besen in der Hand kommt. O mir ist’s, als wenn ich den König und sein Konseil auf dieser Tapete gewirkt sähe.
    Machiavell .
    So lebhaft?
    Regentin .
    Es fehlt kein Zug. Es sind gute Menschen drunter. Der ehrliche Rodrich, der so erfahren und mäßig ist, nicht zu hoch will, und doch nichts fallen lässt, der gerade Alonzo, der fleißige Freneda, der feste Las Vargas, und noch einige, die mitgehen, wenn die gute Partei mächtig wird. Da sitzt aber der hohläugige Toledaner mit der ehrnen Stirne und dem tiefen Feuerblick, murmelt zwischen den Zähnen von Weibergüte, unzeitigem Nachgeben und dass Frauen wohl von zugerittenen Pferden sich tragen lassen, selbst aber schlechte Stallmeister sind, und solche Späße, die ich ehemals von den politischen Herren habe mit durchhören müssen.
    Machiavell .
    Ihr habt zu dem Gemälde einen guten Farbentopf gewählt.
    Regentin .
    Gesteht nur, Machiavell: In meiner ganzen Schattierung, aus der ich allenfalls malen könnte, ist kein Ton so gelbbraun-gallenschwarz wie Albas Gesichtsfarbe, und als die Farbe, aus der er malt. Jeder ist bei ihm gleich ein Gotteslästerer, ein Majestätsschänder; denn aus diesem Kapitel kann man sie alle sogleich rädern, pfählen, vierteilen und verbrennen. – Das Gute, was ich hier getan habe, sieht gewiss in der Ferne wie nichts aus, eben weil’s gut ist. – Da hängt er sich an jeden Mutwillen, der vorbei ist, erinnert an jede Unruhe, die gestillt ist, und es wird dem Könige vor den Augen so voll Meuterei, Aufruhr und Tollkühnheit, dass er sich vorstellt, sie fräßen sich hier einander auf, wenn eine flüchtig vorübergehende Ungezogenheit eines rohen Volks bei uns lange vergessen ist. Da fasst er einen recht herzlichen Hass auf die armen Leute; sie kommen ihm abscheulich, ja wie Tiere und Ungeheuer vor; er sieht sich nach Feuer und Schwert um und wähnt, so bändige man Menschen.
    Machiavell .
    Ihr scheint mir zu heftig, Ihr nehmt die Sache zu hoch. Bleibt Ihr nicht Regentin?
    Regentin .
    Das kenn ich. Er wird eine Instruktion bringen. – Ich bin in Staatsgeschäften alt genug geworden, um zu wissen, wie man einen verdrängt, ohne ihm seine Bestallung zu nehmen. – Erst wird er eine Instruktion bringen, die wird unbestimmt und schief sein; er wird um sich greifen: Denn er hat die Gewalt, und wenn ich mich beklage, wird er eine geheime Instruktion vorschützen; wenn ich sie sehen will, wird er mich herumziehen; wenn ich drauf bestehe, wird er mir ein Papier zeigen, das ganz was anders enthält, und wenn ich mich da nicht beruhige, gar nicht mehr tun, als wenn ich redete. – Indes wird er, was ich fürchte, getan und, was ich wünsche, weit abwärts gelenkt haben.
    Machiavell .
    Ich wollt’, ich könnt’ Euch widersprechen.
    Regentin .
    Was ich mit unsäglicher Geduld beruhigte, wird er durch Härte und Grausamkeiten wieder aufhetzen; ich werde vor meinen Augen mein Werk verloren sehen und überdies noch seine Schuld zu tragen haben.
    Machiavell .
    Erwarten’s Eure Hoheit.
    Regentin .
    So viel Gewalt hab’ ich über mich, um stille zu sein. Lass ihn kommen; ich werde ihm mit der besten Art Platz machen, eh’ er mich verdrängt.
    Machiavell .
    So rasch diesen wichtigen Schritt?
    Regentin .
    Schwerer, als du denkst. Wer zu herrschen gewohnt ist,

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