Sämtliche Werke
es zeither, sachte, vorwärts gegangen. Ich habe manches Fördernde gelesen und gedacht.
Einige neue Kupfer sind mir zugekommen, die mir Vergnügen und Unterhaltung gewähren.
Einen ungeschickten Abguß des Kopfs einer Venus Urania, von Kassel, habe ich mit Liebe ausgeputzt und restaurirt, damit er nur einigermaßen anzusehen sei. Ich mußte theilweise das Nebulistische vorwalten lassen, das denn, bei der bestehenden köstlichen Grundform, in diesem Collisivfalle gelten mag.
An Humboldt habe ich einen langen Brief abgelassen.
An den Münzen ist wenig geschehen; doch giebt jeder Ein- und Anblick neue Belehrung.
Doctor Chladni ist angekommen und hat seine ausgearbeitete Akustik in einem Quartbande mitgebracht. Ich habe sie schon zur Hälfte gelesen und werde Ihnen darüber mündlich über Inhalt, Gehalt, Methode und Form manches Erfreuliche sagen können. Er gehört, wie Eckhel, unter die Glückseligen, welche auch nicht eine Ahnung haben, daß es eine Naturphilosophie giebt und die nur mit Aufmerksamkeit suchen die Phänomene gewahr zu werden, um sie nachher so gut zu ordnen und zu nutzen als es nur gehen will, und als ihr angebornes, in der Sache und zur Sache geübtes Talent vermag.
Sie können denken, daß ich sowohl beim Lesen des Buchs, als bei einer mehrstündigen Unterhaltung, immer nach meiner alten Direction fortgeforscht habe, und ich bilde mir ein einige recht gute Merkpuncte, zu weiteren Richtungen, bezeichnet zu haben.
Ueberhaupt sehe ich es als ein gutes Omen an, daß er eben jetzt kommt, da wir, mit einiger Wahrscheinlichkeit, Zeltern erwarten.
Auch hatte ich eben die Farbenlehre einmal wieder durchgedacht und finde mich, durch die in so vielem Sinn kreuzenden Bezüge, sehr gefördert .
Möchten Sie wohl Chladni eine Viertelstunde gönnen? damit Sie doch auch das Individuum kennen lernen, das, auf eine sehr entschiedene Weise, sich und seinen Wirkungskreis ausspricht. Vielleicht geben Sie ihm, da er von Jena aus gern Rudolstadt besuchen möchte, eine empfehlende Zeile mit.
So weit für dießmal! ob ich gleich noch einiges Plus und Minus zu vertrauen hätte, wovon denn eins das andere übertragen mag.
Leben Sie wohl und sagen mir auch von sich etwas ausführliches und lassen Sie uns, da wir uns beide gegen das Ausgehen sträuben, wenigstens, wie jene Verliebte, über den Schirm correspondiren.
Weimar am 26. Januar 1803.
G.
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880. An Goethe.
(Weimar, 26. Januar 1803.)
Gegen die reiche Abwechslung Ihrer Beschäftigungen sticht meine auf einen einzigen Punkt gerichtete Thätigkeit sehr dürftig ab, auch kann ich Ihnen das Resultat meiner Einsamkeit nur durch die That beurkunden. Ich habe ein mißliches und nicht erfreuliches Geschäft, nämlich die Ausfüllung der vielen zurückgelassenen Lücken in den vier ersten Akten nun beendigt, und sehe auf diese Weise wenigstens fünf Sechstheile des Ganzen fertig und säuberlich hinter mir, und das letzte Sechstheil, welches sonst immer das wahre Festmahl der Tragödiendichter ist, gewinnt auch einen guten Fortgang. Es kommt dieser letzten Handlung sehr zu statten, daß ich das Begräbniß des Bruders von dem Selbstmord des andern jetzt ganz getrennt habe, daß dieser jenen Actus vorher rein beendigt als ein Geschäft, dem er vollkommen abwartet, und erst nach Endigung desselben, über dem Grabe des Bruders, geschieht die letzte Handlung, nämlich die Versuche des Chors, der Mutter und der Schwester, den D. Cesar zu erhalten, und ihr vereitelter Erfolg. So wird alle Verwirrung und vorzüglich alle bedenkliche Vermischung der theatralischen Ceremonie mit dem Ernst der Handlung vermieden.
Uebrigens haben sich im Lauf meines bisherigen Geschäfts noch verschiedene bedeutende Motive hervorgethan, die dem Ganzen sehr dienen.
Schwerlich aber werde ich mich vor vierzehn Tagen am Ziel meiner Arbeit sehen, so gern ich gewünscht hätte das Werk noch auf den achten Februar, als den Geburtstag des Archichancelier fertig zu bringen, um ihm, der sich mit einem schönen Neujahrspräsent eingestellt hat, meine Aufmerksamkeit zu bezeugen.
Sonst haben mich die neuesten französischen Theatralia aus der Bibliothek beschäftigt, die der Herzog wollte, daß ich sie lesen sollte. Noch habe ich nichts darunter gefunden, das mich erfreut hätte, oder das sich nur irgend zu einem Gebrauch qualificirte. Aber eine französische Ãœbersetzung von Alfieri habe ich zu lesen angefangen, worüber ich aber jetzt noch nichts sagen mag. Aufmerksamkeit verdient übrigens
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