Sämtliche Werke
angekündigte Requiem nicht stattfinde; der König will bei dem Begräbnis seines Sohnes keine Musik; Musik erinnere allzusehr an Spiel und Fest. – Sein Wunsch, die Regentschaft auf seinen Sohn übertragen zu sehen und nicht auf seine Schwiegertochter, ist in der Adresse hinlänglich angedeutet. Dieser Wunsch wird wenig Widerrede finden, und Nemours wird Regent, obgleich dieses Amt der schönen und geistreichen Herzogin gebührt, die, ein Muster von weiblicher Vollkommenheit, ihres verstorbenen Gemahles so würdig war. Gestern sagte man, der König werde seinen Enkel, den Grafen von Paris, in die Deputiertenkammer mitbringen. Viele wünschten es, und die Szene wäre gewiß sehr rührend gewesen. Aber der König vermeidet jetzt, wie gesagt, alles, was an das Pathos der Feudalmonarchie erinnert. – Über Ludwig Philipps Abneigung gegen Weiberregentschaften sind viele Äußerungen ins Publikum gedrungen. Der dümmste Mann, soll er gesagt haben, werde immer ein besserer Regent sein als die klügste Frau. Hat er deshalb dem Nemours den Vorzug gegeben vor der klugen Helene?
L
Paris, 29. Juli 1842
Der Gemeinderat von Paris hat beschlossen, das Elefantenmodell, das auf dem Bastillenplatz steht, nicht zu zerstören, wie man anfangs beabsichtigte, sondern zu einem Gusse in Erz zu benützen und das hervorgehende Monument am Eingange der Barrière du Trône aufzustellen. Über diesen Munizipalbeschluß spricht das Volk der Faubourgs Saint-Antoine und Saint-Marceau fast ebensoviel wie die höhern Klassen über die Regentschaftsfrage. Jener kolossale Elefant von Gips, welcher schon zur Kaiserzeit aufgestellt ward, sollte später als Modell des Denkmals dienen, das man der Juliusrevolution auf dem Bastillenplatze zu widmen gedachte. Seitdem ward man andern Sinnes, und man errichtete zur Verherrlichung jenes glorreichen Ereignisses die große Juliussäule. Aber die Forträumung des Elefanten erregte große Besorgnisse. Es ging nämlich unter dem Volk das unheimliche Gerücht von einer ungeheuren Anzahl Ratten, die sich im Innern des Elefanten eingenistet hätten, und es sei zu befürchten, daß, wenn man die große Gipsbestie niederreiße, eine Legion von kleinen, aber sehr gefährlichen Scheusalen zum Vorschein käme, die sich über die Faubourgs Saint-Antoine und Saint-Marceau verbreiten würden. Alle Unterröcke zitterten bei dem Gedanken an solche Gefahr, und sogar die Männer ergriff eine unheimliche Furcht vor der Invasion jener langgeschwänzten Gäste. Es wurden dem Magistrate die untertänigsten Vorstellungen gemacht, und infolge derselben vertagte man das Niederreißen des großen Gipselefanten, der seitdem jahrelang auf dem Bastillenplatze ruhig stehenblieb. Sonderbares Land! wo trotz der allgemeinen Zerstörungssucht sich dennoch manche Dinge erhalten, da man allgemein die schlimmeren Dinge fürchtet, die an ihre Stelle treten könnten! Wie gern würden sie den Ludwig Philipp niederreißen, diesen großen klugen Elefanten, aber sie fürchten Se. Majestät den souveränen Rattenkönig, das tausendköpfige Ungetüm, das alsdann zur Regierung käme, und selbst die adeligen und geistlichen Feinde der Bourgeoisie, die nicht eben mit Blindheit geschlagen sind, suchen aus diesem Grunde den Juliusthron zu erhalten; nur die ganz Beschränkten, die Spieler und Falschspieler unter den Aristokraten und Klerikalen, sind Pessimisten und spekulieren auf die Republik oder vielmehr auf das Chaos, das unmittelbar nach der Republik eintreten dürfte.
Die Bourgeoisie selbst ist ebenfalls vom Dämon des Zerstörens besessen, und wenn sie auch die Republik nicht eben fürchtet, so hat sie doch eine instinktmäßige Angst vor dem Kommunismus, vor jenen düstern Gesellen, die wie Ratten aus den Trümmern des jetzigen Regiments hervorstürzen würden. Ja, vor einer Republik von der frühern Sorte, selbst vor ein bißchen Robespierrismus, hätte die französische Bourgeoisie keine Furcht, und sie würde sich leicht mit dieser Regierungsform aussöhnen und ruhig auf die Wache ziehen und die Tuilerien beschützen, gleichviel, ob hier ein Ludwig Philipp oder ein Comité du salut public residiert; denn die Bourgeoisie will vor allem Ordnung und Schutz der bestehenden Eigentumsrechte – Begehrnisse, die eine Republik ebensogut wie das Königtum gewähren kann. Aber diese Boutiquiers ahnen, wie gesagt, instinktmäßig, daß die Republik heutzutage nicht mehr die Prinzipien der neunziger Jahre vertreten möchte, sondern nur die Form wäre, worin
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