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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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sonstigen Hausmittelchen, die der Zweck heiligt, gern zugute halten.
    Wenn einst das Christentum wirklich zugrunde ginge (vor welchem Unglück uns die ewigen Götter bewahren wollen!), so würden es wahrlich nicht seine Gegner sein, denen man die Schuld davon zuschreiben müßte. Auf jeden Fall hat sich unser Herr und Heiland, Jesus Christus, nicht bei Herrn Menzel und dessen bayrischen Kreuzbrüdern zu bedanken, wenn seine Kirche auf ihrem Felsen stehenbleibt! Und ist Herr Menzel wirklich ein guter Christ, ein besserer Christ als Gutzkow und das sonstige Junge Deutschland? Glaubt er alles, was in der Bibel steht? Hat er immer die Lehren des Bergpredigers strenge befolgt? Hat er immer seinen Feinden verziehen, nämlich allen denen, die in der Literatur eine glänzendere Rolle spielten als er? Hat Herr Menzel seine linke Wange sanftmütig hingehalten, als ihm der Buchhändler Franckh auf die rechte Wange eine Ohrfeige oder, schwäbisch zu sprechen, eine Maulschelle gegeben? Hat Herr Menzel Witwen und Waisen immer gut rezensiert? War er jemals ehrlich, war sein Wort immer »Ja« oder »Nein«? Wahrlich nein, nächst einer geladenen Pistole hat Herr Menzel nie etwas mehr gescheut als die Ehrlichkeit der Rede, er war immer ein zweideutiger Duckmäuser, halb Hase, halb Wetterfahne, grob und windig zu gleicher Zeit, wie ein Polizeidiener. Hätte er in jenen ersten Jahrhunderten gelebt, wo ein Christ mit seinem Blute Zeugnis geben mußte für die Wahrheit des Evangeliums, da wäre er wahrlich nicht als Verteidiger desselben aufgetreten, sondern vielmehr als der Ankläger derer, die sich zum Christentume bekannten und die man damals des Atheismus und der Immoralität beschuldigte. Wohnte Herr Menzel in Peking statt in Stuttgart, so schriebe er jetzt vielleicht lange delatorische Artikel gegen »das junge China«, welches, wie aus den jüngsten Dekreten der chinesischen Regierung hervorgeht, eine Rotte von Bösewichtern zu sein scheint, die durch Schrift und Wort das Christentum verbreiten und deshalb von den Mandarinen des himmlischen Reiches für die gefährlichsten Feinde der bürgerlichen Ordnung und der Moral erklärt werden.
    Ja, nächst der Religion ist es die Moral, für deren Untergang Herr Menzel zittert. Ist er vielleicht wirklich so tugendhaft, der unerbittliche Sittenwart von Stuttgart? Eine gewisse physische Moralität will ich Herrn Menzel keinesweges absprechen. Es ist schwer, in Stuttgart
nicht
moralisch zu sein. In Paris ist es schon leichter, das weiß Gott! Es ist eine eigne Sache mit dem Laster. Die Tugend kann jeder allein üben, er hat niemand dazu nötig als sich selber; zu dem Laster aber gehören immer zwei. Auch wird Herr Menzel von seinem Äußern aufs glänzendste unterstützt, wenn er das Laster fliehen will. Ich habe eine zu vorteilhafte Meinung von dem guten Geschmacke des Lasters, als daß ich glauben dürfte, es würde jemals einem Menzel nachlaufen. Der arme Goethe war nicht so glücklich begabt, und es war ihm nicht vergönnt, immer tugendhaft zu bleiben. Die schwäbische Schule sollte ihrem nächsten Musenalmanach das Bildnis des Herrn Menzel voransetzen; es wäre sehr belehrsam. Das Publikum würde gleich bemerken: er sieht gar nicht aus wie Goethe. Und mit noch größerer Verwunderung würde man bemerken: dieser Held des Deutschtums, dieser Vorkämpe des Germanismus, sieht gar nicht aus wie ein Deutscher, sondern wie ein Mongole… jeder Backenknochen ein Kalmuck!
    Dieses ist nun freilich verdrießlich für einen Mann, der beständig auf Nationalität pocht, gegen alles Fremdländische unaufhörlich loszieht und unter lauter Teutomanen lebt, die ihn nur als einen nützlichen Verbündeten, jedoch keineswegs als einen reinen Stammgenossen betrachten. Wir aber sind keine altdeutsche Rassenmäkler, wir betrachten die ganze Menschheit als eine große Familie, deren Mitglieder ihren Wert nicht durch Hautfarbe und Knochenbau, sondern durch die Triebe ihrer Seele, durch ihre Handlungen offenbaren. Ich würde gern, wenn es Herrn Menzel Vergnügen machte, ihm zugestehen, daß er ein makelloser Abkömmling Teuts, wo nicht gar ein legitimer Enkel Hermanns und Thusneldens sei, wenn nur sein Inneres, sein Charakter, seine Handlungen eine solche Annahme rechtfertigen könnten; aber diese widersprechen seinem Germanentume noch weit bedenklicher als sein Gesicht.
    Die erste Tugend der Germanen ist eine gewisse Treue, eine gewisse schwerfällige, aber rührend großmütige Treue. Der Deutsche schlägt

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