Sämtliche Werke
Philosophie? Aber will man beständig mit deutscher Nationalität bramarbasieren, will man für einen Helden des Deutschtums gelten, so muß man tapfer sein, so muß man sich schlagen, sobald ein beleidigter Ehrenmann Genugtuung fordert, so muß man mit dem Leben einstehen für das Wort, das man gesprochen. Das tapferste Volk sind die Deutschen. Auch andere Völker schlagen sich gut, aber ihre Schlachtlust wird immer unterstützt durch allerlei Nebengründe. Der Franzose schlägt sich gut, wenn sehr viele Zuschauer dabei sind oder irgendeine seiner Lieblingsmarotten, z.B. Freiheit und Gleichheit, Ruhm und dgl. m., auf dem Spiele steht. Die Russen haben sich gegen die Franzosen sehr gut geschlagen, weil ihre Generäle ihnen versicherten, daß diejenigen unter ihnen, welche auf deutschem oder französischem Boden fielen, unverzüglich hinten in Rußland wieder auferstünden; und um nur geschwind wieder nach Hause zu kommen, nach Juchtenheim, stürzten sie sich mutig in die französischen Bajonette; es ist nicht wahr, daß damals bloß der Stock und der Branntewein sie begeistert habe. Die Deutschen aber sind tapfer ohne Nebengedanken, sie schlagen sich, um sich zu schlagen, wie sie trinken, um zu trinken. Der deutsche Soldat wird weder durch Eitelkeit noch durch Ruhmsucht, noch durch Unkenntnis der Gefahr in die Schlacht getrieben, er stellt sich ruhig in Reih und Glied und tut seine Pflicht; kalt, unerschrocken, zuverlässig. Ich spreche hier von der rohen Masse, nicht von der Elite der Nation, die auf den Universitäten, jenen hohen Schulen der Ehre, wenn auch selten in der Wissenschaft, doch desto öfter in den Gefühlen der Manneswürde die feinste Ausbildung erlangt hat. Ich habe fast sieben Jahre, studierenshalber, auf deutschen Universitäten zugebracht, und deutsche Schlaglust wurde für mich ein so gewöhnliches Schauspiel, daß ich an Feigheit kaum mehr glaubte. Diese Schlaglust fand ich besonders bei meinen speziellen Landsleuten, den Westfalen, die, von Herzen die gutmütigsten Kinder, aber bei vorfallenden Mißverständnissen den langen Wortwechsel nicht liebend, gewöhnlich geneigt sind, den Streit auf einem natürlichen, sozusagen freundschaftlichen Wege, nämlich durch die Entscheidung des Schwertes, schleunigst zu beendigen. Deshalb haben die Westfalen auf den Universitäten die meisten Duelle. Herr Menzel aber ist kein Westfale, ist kein Deutscher, Herr Menzel ist eine Memme. Als er mit den frechsten Worten die bürgerliche Ehre des Herrn Gutzkow angetastet, die persönlichsten Verleumdungen gegen denselben losgegeifert und der Beleidigte, nach Sitte und Brauch deutscher Jugend, die geziemende Genugtuung forderte, da griff der germanische Held zu der kläglichen Ausflucht, daß dem Herrn Gutzkow ja die Feder zu Gebote stünde, daß er ja ebenfalls gegen ihn drucken lassen könne, was ihm beliebe, daß er ihm nicht im stillen Wald mit materiellen Waffen, sondern öffentlich, auf dem Streitplatze der Journalistik, mit geistigen Waffen, die geforderte Genugtuung geben werde… Und der germanische Held zog es vor, in seinem Klatschblatte wie ein altes Weib zu keifen, statt auf der Walstätte der Ehre wie ein Mann sich zu schlagen.
Es ist betrübsam, es ist jammervoll, aber dennoch wahr, Herr Menzel ist feige. Ich sage es mit Wehmut, aber es ist für höhere Interessen notwendig, daß ich es öffentlich ausspreche: Herr Menzel ist feige. Ich bin davon überzeugt. Will Herr Menzel mich vom Gegenteile überzeugen, so will ich ihm gerne auf halbem Wege entgegenkommen. Oder wird er auch mir anbieten, mittelst der Druckerpresse, durch Journale und Broschüren, mich gegen die Insinuationen zu verteidigen, die er seiner ersten Denunziation zum Grunde gelegt, die er seitdem noch fortgesetzt und die er jetzt gewiß noch verdoppeln wird? Diese Ausflucht konnte damals gegen Herrn Gutzkow angewendet werden; denn damals war das bekannte Dekret des Bundestags noch nicht erschienen, und Herr Gutzkow ward auch seitdem von der Schwere desselben nicht so sehr niedergehalten wie ich. Auch waren in der Polemik desselben, da er Privatverleumdungen, Angriffe auf die Person, abzuwehren hatte, die Persönlichkeiten vorherrschend. Ich aber hätte mehr die Verleumdung meines Geistes, meiner Gefühl- und Denkweise zu besprechen, und ich könnte mich nicht verteidigen, ohne meine Ansichten von Religion und Moral unumwunden darzustellen; nur durch positive Bekenntnisse kann ich mich von den angeschuldigten Negationen, Atheismus und
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