Sämtliche Werke
sich selbst für die schlechteste Sache, wenn er einmal Handgeld empfangen oder auch nur im Rausche seinen Beistand versprochen; er schlägt sich alsdann mit seufzendem Herzen, aber er schlägt sich; wie auch die bessere Überzeugung in seiner Brust murre, er kann sich doch nicht entschließen, die Fahne zu verlassen, und er verläßt sie am allerwenigsten, wenn seine Partei in Gefahr oder vielleicht gar von feindlicher Übermacht umzingelt ist… Daß er alsdann zu den Gegnern überliefe, ist weder dem deutschen Charakter angemessen noch dem Charakter irgendeines anderen Volkes… Aber in diesem Falle noch gar als Denunziant zu agieren, das kann nur ein Schurke.
Und auch eine gewisse Scham liegt im Wesen der Germanen; gegen den Schwächeren oder Wehrlosen wird er nimmermehr das Schwert ziehen, und den Feind, der gebunden und geknebelt zu Boden liegt, wird er nicht antasten, bis derselbe seiner Bande entledigt und wieder auf freien Füßen steht. Herr Menzel aber schwang seinen Flamberg am liebsten gegen Weiber, er hat sie zu Dutzenden niedergesäbelt, die deutschen Schriftstellerinnen, arme Wesen, die, um Brot für ihre Kinder zu erwerben, zur Feder gegriffen und der rohen öffentlichen Verspottung nichts als heimliche Tränen entgegensetzen konnten! Er hat gewiß uns Männern einen wichtigen Dienst geleistet, indem er uns von der Konkurrenz der weiblichen Schriftsteller befreite, er hat vielleicht auch der Literatur dadurch genützt, aber ich möchte in einem solchen Feldzuge meine Sporen nimmermehr erworben haben. Auch gegen Herrn Gutzkow, und wäre Gutzkow ein Vatermörder gewesen, hätte ich nicht meine Philippika donnern mögen, während er im Kerker lag oder gar vor Gericht stand. Und ich bin weit davon entfernt, auf alle germanischen Tugenden Anspruch zu machen, vielleicht am wenigsten auf eine gewisse Ehrlichkeit, die ebenfalls als ein besonderes Kennzeichen des Germanentums zu betrachten ist. Ich habe manchem Toren ins Gesicht gesagt, er sei ein Weiser, aber ich tat es aus Höflichkeit. Ich habe manchen Verständigen einen Esel gescholten, aber ich tat es aus Haß. Niemals habe ich mich der Zweideutigkeit beflissen, ängstlich die Ereignisse abwartend, in der Politik wie im Privatleben, und gar niemals lag meinen Worten ein erbärmlicher Eigennutz zum Grunde. Von der Menzelschen Politik in der Politik darf ich hier nicht reden, wegen der Politik. Übrigens ist das öffentliche Leben des Herrn Menzel sattsam bekannt, und jeder weiß, daß sein Betragen als württembergischer Deputierter ebenso heuchlerisch wie lächerlich. Über sein Privatschelmenleben kann ich, schon wegen Mangel an Raum, ebenfalls nicht reden. Auch seiner literarischen Gaunerstreiche will ich hier nicht erwähnen; es wäre zu langweilig, wenn ich ausführlich zeigen müßte, wie Herr Menzel, der ehrliche Mann, von den Autoren, die er kritisiert, ganz andere Dinge zitiert, als in ihren Büchern stehn, wie er statt der Originalworte lauter sinnverfälschende Synonyme liefert usw. Nur die kleine humoristische Anekdote, wie nämlich Herr Menzel dem alten Baron Cotta seine »Deutsche Literatur« zum Verlag anbot, kann ich, des Spaßes wegen, nicht unerwähnt lassen. Das Manuskript dieses Buches enthielt am Schlusse die großartigsten Lobsprüche auf Cotta, die jedoch keineswegs denselben verleiteten, das geforderte Honorar dafür zu bewilligen. Es schmeichelte aber immerhin den seligen Baron, sich mal recht tüchtig gelobt zu sehen, und als bald darauf das Buch bei Gebrüder Franckh herauskam, sprach er freudig zu seinem Sohne: »Georg, lies das Buch, darin wird mein Verdienst anerkannt, darin werde ich mal nach Gebühr gelobt!« Georg aber fand, daß in dem Buche alle Lobsprüche ausgestrichen und im Gegenteil die derbsten Seitenhiebe auf seinen Vater eingeschaltet worden. Der Alte war zum Küssen liebenswürdig, wenn er diese Anekdote erzählte.
Und noch eine Tugend gibt es bei den Germanen, die wir bei Herren Menzel vermissen: die Tapferkeit. Herr Menzel ist feige. Ich sage dieses beileibe nicht, um ihn als Mensch herabzuwürdigen: man kann ein guter Bürger sein und doch den Tabaksrauch mehr lieben als den Pulverdampf und gegen bleierne Kugeln eine größere Abneigung empfinden als gegen schwäbische Mehlklöße; denn letztere können zwar schwer im Magen lasten, sind aber lange nicht so unverdaulich. Auch ist Morden eine Sünde, und gar das Duell! wird es nicht aufs bestimmteste verboten durch die Religion, durch die Moral und durch die
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