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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Freunde. Der einzige Vorteil, den wir ihnen verdanken, ist jener Russenhaß, den sie bei uns gesät und der, still fortwuchernd im deutschen Gemüte, uns mächtig vereinigen wird, wenn die große Stunde schlägt, wo wir uns zu verteidigen haben gegen jenen furchtbaren Riesen, der jetzt noch schläft und im Schlafe wächst, die Füße weitausstreckend in die duftigen Blumengärten des Morgenlands, mit dem Haupte anstoßend an den Nordpol, träumend ein neues Weltreich … Deutschland wird einst mit diesem Riesen den Kampf bestehen müssen, und für diesen Fall ist es gut, daß wir die Russen schon früh hassen lernten, daß dieser Haß in uns gesteigert wurde, daß auch alle andren Völker daran teilnehmen… das ist ein Dienst, den uns die Polen leisten, die jetzt als Propaganda des Russenhasses in der ganzen Welt umherwandern. Ach, diese unglücklichen Polen! sie selber werden einst die nächsten Opfer unseres blinden Zornes sein, sie werden einst, wenn der Kampf beginnt, die russische Avantgarde bilden, und sie genießen alsdann die bittern Früchte jenes Hasses, den sie selber gesät. Ist es der Wille des Schicksals oder ist es glorreiche Beschränktheit, was die Polen immer dazu verdammte, sich selber die schlimmste Falle und endlich die Todesgrube zu graben… seit den Tagen Sobieskis, der die Türken schlug, Polens natürliche Alliierte, und die Östreicher rettete… der ritterliche Dummkopf!
    Ich habe oben von der »kleinen polnischen Schlauheit« gesprochen. Ich glaube, dieser Ausdruck wird keiner Mißdeutung anheimfallen; kommt er doch aus dem Munde eines Mannes, dessen Herz am frühesten für Polen schlug und der lange schon vor der polnischen Revolution für dieses heldenmütige Volk sprach und litt. Jedenfalls will ich jenen Ausdruck noch dahin mildern, daß ich nachträglich bemerke, er bezieht sich hier auf die Jahre 1831 und 1832, wo die Polen von der großen Wissenschaft der Freiheit nicht einmal die ersten Elementarkenntnisse besaßen und die Politik ihnen nichts anders dünkte als eben ein Gewebe von Weiberkniffen und Hinterlist, kurz, als eine Manifestation jener »kleinen polnischen Schlauheit«, für welche sie sich ein ganz besonderes Talent zutrauten.
    Diese Polen waren gleichsam ihrem heimatlichen Mittelalter entsprungen, und ganze Urwälder von Unwissenheit im Kopfe tragend, stürmten sie nach Paris, und hier warfen sie sich entweder in die Sektionen der Republikaner oder in die Sakristeien der katholischen Schule: denn um Republikaner zu sein, dazu braucht man wenig zu wissen, und um Katholik zu sein, braucht man gar nichts zu wissen, sondern braucht man nur zu glauben. Die Gescheutesten unter ihnen begriffen die Revolution nur in der Form der Emeute, und sie ahneten nimmermehr, daß namentlich in Deutschland durch Tumult und Straßenauflauf wenig gefördert wird. Ebenso unheilvoll wie spaßhaft war das Manöver, womit einer ihrer größten Staatsmänner gegen die deutschen Regierungen verfuhr. Er hatte nämlich bei dem Durchzug der Polen bemerkt, wie ein einziger Pole hinreichend war, um eine stille deutsche Stadt in Bewegung zu setzen, und da er der gelehrteste Litauer war und aus der Geographie ganz genau wußte, daß Deutschland aus einigen dreißig Staaten besteht, schickte er von Zeit zu Zeit einen Polen nach der Hauptstadt eines dieser Staaten… er setzte gleichsam einen Polen auf irgendeinen jener dreißig deutschen Staaten, wie auf die Nummern eines Rouletts, wahrscheinlich ohne große Hoffnung des Gelingens, aber ruhig berechnend: an einem einzigen Polen ist nicht viel verloren, verursacht er jedoch wirklich eine Emeute, gewinnt meine Nummer, so kommt vielleicht eine ganze Revolution dabei heraus!
    Ich spreche von 1831 und 1832. Seitdem sind acht Jahre verflossen, und ebensogut wie die Helden deutscher Zunge haben auch die Polen manche bittere, aber nützliche Erfahrung gemacht, und viele von ihnen konnten die schreckliche Muße des Exils zum Studium der Zivilisation benutzen. Das Unglück hat sie ernsthaft geschult, und sie haben etwas Tüchtiges lernen können. Wenn sie einst in ihr Vaterland zurückkehren, werden sie dort die heilsamste Saat ausstreuen, und wo nicht ihre Heimat, doch gewiß die Welt wird die Früchte ihrer Aussaat ernten. Das Licht, das sie einst mit nach Hause bringen, wird sich vielleicht weit verbreiten nach dem fernsten Nordosten und die dunkeln Föhrenwälder in Flammen setzen, so daß bei der auflodernden Helle unsere Feinde sich einander beschauen und

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