Sämtliche Werke
als sich;
Das ist es, was sie so gefährlich macht.
Cassius ist Republikaner, und wie wir es oft bei solchen Menschen finden, er hat mehr Sinn für edle Männerfreundschaft als für zarte Frauenliebe. Brutus hingegen opfert sich für die Republik, nicht weil er seiner Natur nach Republikaner, sondern weil er ein Tugendheld ist und in jener Aufopferung eine höchste Aufgabe der Pflicht sieht. Er ist empfänglich für alle sanften Gefühle, und mit weicher Seele hängt er an seiner Gattin Portia.
Portia, eine Tochter des Cato, ganz Römerin, ist dennoch liebenswürdig, und selbst in den höchsten Aufflügen ihres Heroismus offenbart sie den weiblichsten Sinn und die sinnigste Weiblichkeit. Mit ängstlichen Liebesaugen lauert sie auf jeden Schatten, der über die Stirne ihres Gemahls dahinzieht und seine bekümmerten Gedanken verrät. Sie will wissen, was ihn quält, sie will die Last des Geheimnisses, das seine Seele drückt, mit ihm teilen… Und als sie es endlich weiß, ist sie dennoch ein Weib, unterliegt fast den furchtbaren Besorgnissen, kann sie nicht verbergen und gesteht selber:
Ich habe Mannessinn, doch Weiberohnmacht.
Wie fällt doch ein Geheimnis Weibern schwer!
Cleopatra
(Antonius und Cleopatra)
Ja, dieses ist die berühmte Königin von Ägypten, welche den Antonius zugrunde gerichtet hat.
Er wußte es ganz bestimmt, daß er durch dieses Weib seinem Verderben entgegenging, er will sich ihren Zauberfesseln entreißen…
Schnell muß ich fort von hier.
Er flieht… doch nur, um desto eher zurückzukehren zu den Fleischtöpfen Ägyptens, zu seiner alten Nilschlange, wie er sie nennt… bald wühlt er sich wieder mit ihr im prächtigen Schlamme zu Alexandrien, und dort, erzählt Octavius:
Dort auf dem Markt auf silberner Tribüne,
Auf goldnen Stühlen, thront’ er öffentlich
Mit der Cleopatra. Cäsarion saß
Zu ihren Füßen, den man für den Sohn
Von meinem Vater hält; und alle die
Unechten Kinder, die seit jener Zeit
Erzeugte ihre Wollust. Ihr verlieh
Ägypten er zum Eigentum und machte
Von Niedersyrien, Cyprus, Lydien sie
Zur unumschränkten Königin.
…
An dem Ort,
Wo man die öffentlichen Spiele gibt,
Da kündet’ er als Könige der Kön’ge
Die Söhne; gab Großmedien, Parthien,
Armenien dem Alexander, wies
Dem Ptolemäus Syrien, Cilicien
Und auch Phönizien an. Sie selbst erschien
Im Schmuck der Göttin Isis diesen Tag,
Und wie man sagt, erteilte sie vorher
Auf diese Weise oftmals schon Gehör.
Die ägyptische Zauberin hält nicht bloß sein Herz, sondern auch sein Hirn gefangen und verwirrt sogar sein Feldherrntalent. Statt auf dem festen Lande, wo er geübt im Siegen, liefert er die Schlacht auf der unsichern See, wo seine Tapferkeit sich weniger geltend machen kann; – und dort, wohin das launenhafte Weib ihm durchaus folgen wollte, ergreift sie plötzlich die Flucht nebst allen ihren Schiffen, eben im entscheidenden Momente des Kampfes; – und Antonius, »gleich einem brünst’gen Entrich«, mit ausgespannten Segelflügeln, flieht ihr nach und läßt Ehre und Glück im Stich. Aber nicht bloß durch die weiblichen Launen Cleopatras erleidet der unglückselige Held die schmählichste Niederlage; späterhin übt sie gegen ihn sogar den schwärzesten Verrat und läßt, im geheimen Einverständnis mit Octavius, ihre Flotte zum Feinde übergehen… Sie betrügt ihn aufs niederträchtigste, um im Schiffbruche seines Glücks ihre eigenen Güter zu retten oder gar noch einige größere Vorteile zu erfischen… Sie treibt ihn in Verzweiflung und Tod durch Arglist und Lüge… Und dennoch bis zum letzten Augenblicke liebt er sie mit ganzem Herzen; ja, nach jedem Verrat, den sie an ihm übte, entlodert seine Liebe um so flammender. Er flucht freilich über ihre jedesmalige Tücke, er kennt alle ihre Gebrechen, und in den rohesten Schimpfreden entladet sich seine bessere Einsicht, und er sagt ihr die bittersten Wahrheiten:
Eh’ ich dich kannte, warst du halb verwelkt!
Ha! ließ ich deshalb ungedrückt in Rom
Mein Kissen; gab darum die Zeugung auf
Rechtmäß’ger Kinder und von einem Kleinod
Der Frauen, um von der getäuscht zu sein,
Die gern sieht, daß sie andre unterhalten?
…
Du warst von jeher eine Heuchlerin.
Doch werden wir in Missetaten hart,
Dann – o des Unglücks! – schließen weise Götter
Die Augen uns; in unsern eigenen Kot
Versenken sie das klare Urteil; machen,
Daß wir anbeten unsern Wahn, und lachen,
Wenn wir hinstolpern ins
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