Sämtliche Werke
wollen, mit der Ausrede, daß man sie nicht sehen könne, ohne sich darüber zu entsetzen. Doch wenn dennoch die lüsternen Mägde nicht haben nachlassen können, so sollen die Kobolde jenen einen Ort im Hause benannt haben, wo sie sich leibhaft präsentieren wollen; aber man müsse zugleich einen Eimer kaltes Wasser mitbringen. Da habe es sich denn begeben, daß ein solcher Kobold, etwa auf dem Boden, in einem Kissen, nackt gelegen und ein großes Schlachtmesser im Rücken steckend gehabt habe. Hierüber manche Magd so sehr erschrocken war, daß sie eine Ohnmacht bekommen hat. Darauf das Ding alsbald aufgesprungen ist, das Wasser genommen und das Mensch damit über und über begossen hat, damit sie wieder zu sich selbst kommen könne. Worauf die Mägde hernach ihre Lust verloren und lieb Chimgen niemals weiter zu schauen begehrt haben. Die Kobolde nämlich sollen auch alle besondere Namen führen, insgemein aber Chim heißen. So sollen sie auch für die Knechte und Mägde, welchen sie sich etwa ergeben, alle Hausarbeit tun: die Pferde striegeln, füttern, den Stall ausmisten, alles aufscheuern, die Küche sauber halten und, was sonsten im Hause zu tun ist, sehr wohl in acht nehmen, und das Vieh soll auch von ihnen zunehmen und gedeihen. Dafür müssen die Kobolde auch von dem Gesinde karessiert werden; daß sie ihnen nur im geringsten nichts zuleide tun, weder mit Auslachen oder Versäumung im Speisen. Hat nämlich eine Köchin das Ding zu ihrem heimlichen Gehülfen einmal im Hause angenommen, so muß sie täglich um eine gewisse Zeit und an einem bestimmten Ort im Hause sein bereitetes Schüsselchen voll gutes Essen hinsetzen und ihren Weg wieder gehen; sie kann hernach immer faulenzen, auf den Abend zeitig schlafen gehen, sie wird dennoch frühmorgens ihre Arbeit beschickt finden. Vergißt sie aber ihre Pflicht einmal, etwa die Speise unterlassend, so bleibt ihr wieder ihre Arbeit allein zu verrichten, und sie hat allerhand Mißgeschick: daß sie sich entweder im heißen Wasser verbrennt, die Töpfe und das Geschirr zerbricht, das Essen umgeschüttet oder gefallen ist usw., daß sie also notwendig von der Hausfrau oder dem Herrn zur Strafe ausgescholten werden; worüber man auch zum öftern den Kobold soll kichern oder lachen gehört haben. Und so ein Kobold soll stets in seinem Hause verblieben sein, wenngleich sich das Gesinde verändert hat. Ja, es hat eine abziehende Magd ihrer Nachfolgerin den Kobold rekommandieren und aufs beste anbefehlen müssen, daß jene seiner auch also wartete. Hat diese nun nicht gewollt, so hat es ihr auch an kontinuierlichem Unglück nicht gemangelt, und sie hat zeitig genug das Haus wieder räumen müssen.«
Vielleicht zu den grauenhaftesten Geschichten gehört folgende kleine Erzählung:
Eine Magd hatte jahrelang einen unsichtbaren Hausgeist bei sich am Herde sitzen, wo sie ihm ein eignes Stättchen eingeräumt und wo sie sich die langen Winterabende hindurch mit ihm unterhielt. Nun bat einmal die Magd das Heinzchen, denn also hieß sie den Geist, er solle sich doch einmal sehen lassen, wie er von Natur gestaltet sei. Aber das Heinzlein weigerte sich dessen. Endlich aber willigte es ein und sagte, sie möchte in den Keller hinabgehen, dort solle sie ihn sehen. Da nimmt die Magd ein Licht, steigt hinab in den Keller, und dort, in einem offenen Fasse, sieht sie ein totes Kindlein in seinem Blute schwimmen. Die Magd hatte aber vor vielen Jahren ein uneheliches Kind geboren und es heimlich ermordet und in ein Faß gesteckt.
Indessen, wie die Deutschen nun einmal sind, sie suchen oft im Grauen selbst ihren besten Spaß, und die Volkssagen von den Kobolden sind manchmal voll ergötzlicher Züge. Besonders amüsant sind die Geschichten von Hüdeken, einem Kobold, der, im zwölften Jahrhundert, zu Hildesheim sein Wesen getrieben und von welchem in unseren Spinnstuben und Geisterromanen soviel die Rede ist. Eine schon oft abgedruckte Stelle aus einer alten Chronik gibt von ihm folgende Kunde:
»Um das Jahr 1132 erschien ein böser Geist eine lange Zeit hindurch vielen Menschen im Bistum Hildesheim in der Gestalt eines Bauern mit einem Hut auf dem Kopfe: weshalb die Bauern ihn in sächsischer Sprache Hüdeken nannten. Dieser Geist fand ein Vergnügen daran, mit Menschen umzugehen, sich ihnen bald sichtbar, bald unsichtbar zu offenbaren, ihnen Fragen vorzulegen und zu beantworten. Er beleidigte niemanden ohne Ursache. Wenn man ihn aber auslachte oder sonst beschimpfte, so vergalt er das
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