Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
Vom Netzwerk:
Schritte nicht,
Ein Blitzstrahl zischend vor uns niederkeilte,
Wir würden, wie die Eul am Tage,
Haupt und Gebein uns im Gebüsch zerschellen!
     
    Zweiter Feldherr.
Wir können keinen Schritt fortan,
In diesem feuchten Mordgrund, weiter rücken!
Er ist so zäh, wie Vogelleim geworden.
Das Heer schleppt halb Cheruska an den Beinen,
Und wird noch, wie ein bunter Specht,
Zuletzt, mit Haut und Haar, dran kleben bleiben.
     
    Dritter Feldherr.
Pfiffikon! Iphikon! – Was das, beim Jupiter!
Für eine Sprache ist! Als schlüg ein Stecken
An einen alten, rostzerfreßnen Helm!
Ein Greulsystem von Worten, nicht geschickt,
Zwei solche Ding, wie Tag und Nacht,
Durch einen eignen Laut zu unterscheiden.
Ich glaub, ein Tauber wars, der das Geheul erfunden,
Und an den Mäulern sehen sie sichs ab.
     
    Ein Römer.
Dort kommen die Cherusker!
     
    Varus.    Bringt sie her!
     

Zweiter Auftritt
     
    Der Hauptmann mit den drei cheruskischen Boten. Die Vorigen.
     
    Varus.
Nach welchem Ort, sag an, von mir benannt,
Hast du mich heut von Arkon führen sollen?
     
    Der erste Cherusker.
Nach Pfiffikon, mein hochverehrter Herr.
     
    Varus.
Was, Pfiffikon! hab ich nicht Iphi- dir
Bestimmt, und wieder Iphikon genannt?
     
    Der erste Cherusker.
Vergib, o Herr, du nanntest Pfiffikon.
Zwar sprachst du, nach der Römermundart,
Das leugn’ ich nicht: »führt mich nach Iphikon«;
Doch Hermann hat bestimmt uns gestern,
Als er uns unterrichtete, gesagt:
»Des Varus Wille ist nach Pfiffikon zu kommen;
Drum tut nach mir, wie er auch ausspricht,
Und führt sein Heer auf Pfiffikon hinaus.«
     
    Varus.
Was!
     
    Der erste Cherusker.
    Ja, mein erlauchter Herr, so ists.
     
    Varus.
Woher kennt auch dein Hermann meine Mundart?
Den Namen hatt ich: Iphikon,
Ja schriftlich ihm, mit dieser Hand gegeben?!
     
    Der erste Cherusker.
Darüber wirst du ihn zur Rede stellen;
Doch wir sind schuldlos, mein verehrter Herr.
     
    Varus.
O wart! – – Wo sind wir jetzt?
     
    Der erste Cherusker.       Das weiß ich nicht.
     
    Varus.
Das weißt du nicht, verwünschter Galgenstrick,
Und bist ein Bote?
     
    Der erste Cherusker.   Nein! Wie vermöcht ich das?
Der Weg, den dein Gebot mich zwang,
Südwest quer durch den Wald hin einzuschlagen,
Hat in der Richtung mich verwirrt:
Mir war die große Straße nur,
Von Teutoburg nach Pfiffikon, bekannt.
     
    Varus.
Und du? Du weißt es auch nicht.
     
    Der zweite Cherusker.       Nein, mein Feldherr.
     
    Varus.
Und du?
     
    Der dritte Cherusker.
     Ich auch bin, seit es dunkelt, irre.
Nach allem doch, was ich ringsum erkenne,
Bist du nicht weit von unserm Waldplatz Arkon.
     
    Varus.
Von Arkon? Was! Wo ich heut ausgerückt?
     
    Der dritte Cherusker.
Von eben dort; du bist ganz heimgegangen.
     
    Varus.
Daß euch der Erde finstrer Schoß verschlänge! –
Legt sie in Stricken! – Und wenn sie jedes ihrer Worte
Hermann ins Antlitz nicht beweisen können,
So hängt der Schufte einen auf,
Und gerbt den beiden anderen die Rücken!
     
    (Die Boten werden abgeführt.)
     

Dritter Auftritt
     
    Die Vorigen ohne, die Boten.
     
    Varus.
Was ist zu machen? – – Sieh da! Ein Licht im Walde!
     
    Erster Feldherr.
He, dort! Wer schleicht dort?
     
    Zweiter Feldherr.      Nun, beim Jupiter!
Seit wir den Teutoburger Wald durchziehn,
Der erste Mensch, der unserm Blick begegnet!
     
    Der Hauptmann.
Es ist ein altes Weib, das Kräuter sucht.
     

Vierter Auftritt
     
    Eine Alraune tritt auf, mit Krücke und Laterne. Die Vorigen.
     
    Varus.
Auf diesem Weg, den ich im Irrtum griff,
Stammütterchen Cheruskas, sag mir an,
Wo komm ich her? Wo bin ich? Wohin wandr’ ich?
     
    Die Alraune.
Varus, o Feldherr Roms, das sind drei Fragen!
Auf mehr nicht kann mein Mund dir Rede stehn!
     
    Varus.
Sind deine Worte so geprägt,
Daß du, wie Stücken Goldes, sie berechnest?
Wohlan, es sei, ich bin damit zufrieden?
Wo komm ich her?
     
    Die Alraune.      Aus Nichts, Quintilius Varus!
     
    Varus.
Aus Nichts? – Ich komm aus Arkon heut.
– Die Römische Sybille, seh ich wohl,
Und jene Wunderfrau von Endor bist du nicht.
– Laß sehn, wie du die andern Punkt’ erledigst!
Wenn du nicht weißt, woher des Wegs ich wandre:
Wenn ich südwestwärts, sprich, stets ihn verfolge,
Wo geh ich hin?
     
    Die Alraune.    Ins Nichts, Quintilius Varus!
     
    Varus.
Ins Nichts? – Du singst ja, wie ein Rabe!
Von wannen kommt dir diese Wissenschaft?
Eh ich in Charons düstern Nachen steige,
Denk ich, als Sieger, zweimal noch
Rom, mit der

Weitere Kostenlose Bücher