Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
in der Hand:
Er stellt sich dicht mir vor das Antlitz hin,
Und schlägt, mir ganz die Seele zu entzünden,
Den Schmuck darum, der ihm vom Nacken hängt,
Und reicht ihn, auf die Locken mir zu drücken
– O Lieber!
Hohenzollern. Wem?
Der Prinz von Homburg. O Lieber!
Hohenzollern. Nun, so sprich!
Der Prinz von Homburg.
– Es wird die Platen wohl gewesen sein.
Hohenzollern.
Die Platen? Was! – Die jetzt in Preußen ist?
Der Prinz von Homburg.
Die Platen. Wirklich. Oder die Ramin.
Hohenzollern.
Ach, die Ramin! Was! Die, mit roten Haaren! –
Die Platen, mit den schelmschen Veilchenaugen!
Die, weiß man, die gefällt dir.
Der Prinz von Homburg. Die gefällt mir. –
Hohenzollern.
Nun, und die, sagst du, reichte dir den Kranz?
Der Prinz von Homburg.
Hoch auf, gleich einem Genius des Ruhms,
Hebt sie den Kranz, an dem die Kette schwankte,
Als ob sie einen Helden krönen wollte.
Ich streck, in unaussprechlicher Bewegung,
Die Hände streck ich aus, ihn zu ergreifen:
Zu Füßen will ich vor ihr niedersinken.
Doch, wie der Duft, der über Täler schwebt,
Vor eines Windes frischem Hauch zerstiebt,
Weicht mir die Schar, die Ramp’ ersteigend, aus.
Die Rampe dehnt sich, da ich sie betrete,
Endlos, bis an das Tor des Himmels aus,
Ich greife rechts, ich greife links umher,
Der Teuren einen ängstlich zu erhaschen.
Umsonst! Des Schlosses Tor geht plötzlich auf;
Ein Blitz der aus dem Innern zuckt, verschlingt sie,
Das Tor fügt rasselnd wieder sich zusammen:
Nur einen Handschuh, heftig, im Verfolgen,
Streif ich der süßen Traumgestalt vom Arm:
Und einen Handschuh, ihr allmächtgen Götter,
Da ich erwache, halt ich in der Hand!
Hohenzollern.
Bei meinem Eid! – Und nun meinst du, der Handschuh,
Der sei der ihre?
Der Prinz von Homburg.
Wessen?
Hohenzollern. Nun, der Platen!
Der Prinz von Homburg.
Der Platen. Wirklich. Oder der Ramin. –
Hohenzollern (lacht).
Schelm, der du bist, mit deinen Visionen!
Wer weiß von welcher Schäferstunde, traun,
Mit Fleisch und Bein hier wachend zugebracht,
Dir noch der Handschuh in den Händen klebt!
Der Prinz von Homburg.
Was! Mir? Bei meiner Liebe –!
Hohenzollern. Ei so, zum Henker,
Was kümmerts mich? Meinthalben seis die Platen,
Seis die Ramin! Am Sonntag geht die Post nach Preußen,
Da kannst du auf dem kürzsten Weg erfahren,
Ob deiner Schönen dieser Handschuh fehlt. –
Fort! Es ist zwölf. Was stehn wir hier und plaudern?
Der Prinz von Homburg (träumt vor sich nieder).
– Da hast du recht. Laß uns zu Bette gehn.
Doch, was ich sagen wollte, Lieber,
Ist die Kurfürstin noch und ihre Nichte hier,
Die liebliche Prinzessin von Oranien,
Die jüngst in unser Lager eingetroffen?
Hohenzollern.
Warum? – Ich glaube gar, der Tor –?
Der Prinz von Homburg. Warum? –
Ich sollte, weißt du, dreißig Reuter stellen,
Sie wieder von dem Kriegsplatz wegzuschaffen,
Ramin hab ich deshalb beordern müssen.
Hohenzollern.
Ei, was! Die sind längst fort! Fort, oder reisen gleich!
Ramin, zum Aufbruch völlig fertig, stand
Die ganze Nacht durch mindstens am Portal.
Doch fort! Zwölf ists; und eh die Schlacht beginnt,
Wünsch ich mich noch ein wenig auszuruhn.
(Beide ab.)
Szene: Ebendaselbst. Saal im Schloß. Man hört in der Ferne schießen.
Fünfter Auftritt
Die Kurfürstin und die Prinzessin Natalie in Reisekleidern, geführt von einem Hofkavalier, treten auf und lassen sich zur Seite nieder. Hofdamen. Hierauf der Kurfürst, Feldmarschall Dörfling, der Prinz von Homburg, den Handschuh im Kollett, der Graf von Hohenzollern, Graf Truchß, Obrist Hennings, Rittmeister von der Golz und mehrere andere Generale, Obersten und Offiziere .
Der Kurfürst.
Was ist dies für ein Schießen? – Ist das Götz?
Feldmarschall Dörfling.
Das ist der Oberst Götz, mein Fürst und Herr,
Der mit dem Vortrab gestern vorgegangen.
Er hat schon einen Offizier gesandt,
Der im voraus darüber dich beruhge.
Ein schwedscher Posten ist, von tausend Mann,
Bis auf die Hackelberge vorgerückt;
Doch haftet Götz für diese Berge dir,
Und sagt mir an, du möchtest nur verfahren,
Als hätte sie sein Vortrab schon besetzt.
Der Kurfürst (zu den Offizieren).
Ihr Herrn, der Marschall kennt den Schlachtentwurf;
Nehmt euren Stift, bitt ich, und schreibt ihn auf.
(Die Offiziere versammeln sich auf der andern Seite um den Feldmarschall und nehmen ihre Schreibtafeln
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